Conrad Huober – Ein Ermanlied zuo bitten

für die Oberkeit, Kirchendiener, Bekümmerten, Irrenden, Auch alles ander anligen der allgemeinen Christlichen Kirchen.

DIe Weil wir seind versamlet
im Namen JESU Christ,
Zu Bitten, was vns manglet
von Gott zu dieser frist,
So lasst vns recht erheben
die Hertzen über sich:
der Vatter will vns geben
die notdurft gnediglich.

So bitten erstlich eben
für alle Oberkeit,
Das wir gottselig leben
in Frid vnd Erbarkeit;
Der lieb Gott ihr verlihe
den recht Fürstlichen geist,
das sie mit rechter trewe
jhr schuldig pflicht jm leist.

Zu dir mit bitt wir fliehen
für alle Hirten gleich:
Di wölstu, HERR anziehen
mit krafft aus deinem Reich,
Das deine Schaaff auff erden
zerstrewet über al
durch sie versamlet werden
als bald in deinen Stal.

Wir bitten auch von hertzen
für all, so kranck vnd arm,
In ellend sind vnd schmertzen:
ihr aller dich erbarm,
Gib jhn die sünd zu rewen
mit ernstem hertzenleid,
so kan dein zucht gedeien
an ihn zur Seligkeit.

Des gleichen wir dich bitten
für die in jrthumb sein:
Dein Geist sie wöl entschütten,
zur Warheit leiten fein,
Das sie dich recht erkennen
mit Christo deinem Son,
vnd hertzlich Vatter nennen,
deim Wort geleben schon.

Auch welchen du hast geben
zu hangen Christo an,
der ja ihn ist das Leben,
die Warheit vnd die Baan:
Die sterck, das sie bezwingen
Sünd, Teuffel, Tod vnd Hell,
zur engen Pfort eindringen,
bewart an Leib vnd Seel.

Quelle

Speratus, Paul – Eyn gesang von Christlichem Fasten und Beten,

ym thon des Hymni: Audi benigne Conditor, der vormals yn der Bepstischen fasten gesungen worden ist.

1. Herr gib das messig fasten wir,
wy uns dan alle tag gebürt,
nit fullen uns durch böß begir,
darauß vil boßheit wirt gespürt.

2. Czu dysem fasten, tranck und speyß
stymbst du keyn underschyedlich tag,
alleyn wy das zu deynem preyß
eynn yden schicklich machen mag.

3. Dy scchrifft all speyß gereynigt setzt,
dy man messig und danckbar nymbt,
was geht yn leyb, dy seel nit letzt,
keyn menschen both dawider czympt.

4. Der phariseer fasten art,
darczu yhr langes leffczen beth,
und was ym gsetz gebotten ward,
straffst herr, wans nit von hertzen get.

5. Der yn seyn werck vertrawen stelt,
ym tempel bettend, ward geschennt;
gepreyset ist und got gefelt,
der ym gebeth seyn sund bekennt.

6. Bitten lerst du on unterlaß
durch dich, herr, den vatter yn styll,
yyn warheyt, geyst und glauben groß,
und das geschee der götlich will.

7. Diß bet und fasten ist uns not,
teuffels art es außtreyben kann,
got gibt, wer bit, nit steyn fur brot,
wer klopffet, dem wirt auffgethan.

8. O herr beweg uns hertz und mundt,
recht czu fasten und warer bith,
und das der geyst bestreyt dy sund,
das wir darynn erlygen nit.

Cosack – Paul Speratus

Arndt, Ernst Moritz – Gebet um das Gebet

Du, der in flammende Gebete
Des Lebens höchste Kraft gelegt
Und aus des Busens tiefster Stätte
Das Herz in süßer Sehnsucht regt,
Du, aller Himmel höchster Meister,
Du, alles Lebens höchster Schein,
Komm, führe in das Land der Geister
Dein sehnend Kind zum Lichte ein!

Wo Myriaden Sonnen kreisen,
Der Morgenröthen Jubelklang
In tausendfach verschiednen Weisen
Ertönt, Ein seliger Gesang,
Wo Millionen Heil’ge knieen
Und schauen dir ins Angesicht,
O Vater! Gott! laß dort mich blühen
Am kleinsten Strahl von deinem Licht.

Denn ach! zur kalten Erde wollen
Die Himmelslichter nicht herab,
Und ihre goldnen Lampen rollen
gefühllos über Sarg und Grab;
Der Wechsel hier vom Leid zum Glücke,
Vom Glück zum Leide ist zu schwer:
Es bricht die zarte Geisterbrücke,
Und Paradiese blühn nicht mehr.

Drum Himmel steige! sinke Erde!
Und irdisch Leben unter mir!
Daß ich ein weißer Engel werde,
Steht, weiße Engel, neben mir,
Und helft im Glauben mir vollenden
Der Erde mühevollen Streit,
Und traget mich auf reinen Händen
Empor ins Land der Seligkeit

Tersteegen, Gerhard – Jesu, mein Erbarmer höre

1.) Jesu, mein Erbarmer höre.
Und dich kehre
Doch in Gnaden her zu mir!
Du erkennest mein Plage,
Meine Klage
Ist ja Nacht und Tag vor dir.

2.) Sieh, wie ich im Finstern schwebe!
Ach, ich lebe
Wie verirrt im fremden Land.
Äußerlich in Kreuz und Schmerzen,
Und im Herzen
sind die Leiden dir bekannt.

3.) Schau die Bande, die mich drücken
Und verstricken,
Mache mich Gefangnen los!
Denn ich kann mich selbst vom Bösen
Nicht erlösen.
Ach, ich bin so schwach und bloß.

4.) Des Versuchers lose Stricke,
Sein Tücke
Auf mich Armen dringen zu,
Dass mein Herz oft gar will wanken.
In Gedanken
Lässt er mir auch keine Ruh.

5.) Keine Ruhe kann ich finden,
Meine Sünden,
Die mich drücken, schenke mir.
Stille mein betrübtes Sehnen
Und die Tränen,
Mache mich getrost in dir!

6.) Ach, mein Mut ist gar gesunken,
Keinen Funken
Find ich oft vom Glauben mehr.
Oft mein Herze wahrlich meinet,
Und es scheinet,
Dass ich ganz verstoßen wär.

7.) Herr, wann willst du dich erbarmen?
Lass mich Armen
Doch nicht liegen, wie ich’s wert!
Du hast mich ja selbst gezogen
Und bewogen,
Dass ich mich zu dir gekehrt.

8.) Du hast auch, mein Gott und König,
Mich nicht wenig
Deine Treue lassen sehn.
Bin ich gleich nicht treu geblieben,
Dich zu lieben,
Doch bleibt deine Treue stehn.

9.) Komm und stärke meinen Glauben,
Den zu rauben
Satan immer ist bedacht.
Hilf mir, dass ich im Vertrauen
Möge schauen
Auf dich auch in finstrer Nacht!

10.) Segne kräftig meine Leiden,
Mich zu scheiden
Mehr von Sünd und Eigenheit,
Mehr und inniger ergeben
Dir zu leben
Stets in wahrer Heiligkeit!

11.) Gib Geduld, dass ich gelassen
Mög umfassen
Meine Leiden sanft und still.
Lass sich beugen alles Harte,
Dass ich warte,
Wie und wann der Herr es will!

12.) Da, mein Heiland ist mein Wille,
Komm und stille
Mein gestörtes Herze dann.
Steh mir bei, so kann ich stehen,
Lass mich sehen,
Was in mir die Gnade kann!

Knaust, Henrich – Ein weiblein sagt mir freundtlich zu

Christlich und moraliter geendert.

Ich sprach meim Herrn Gott kindlich zu,
wie ich jn liebt im hertzen
Und er mir nit deßgleichen thu,
leget mir an viel schmertzen.
„Solchs ich mit fug thu, mennlin klug!
also ist mein sitt!
ju, ju, ju, ju, ju, ju!
liebs Mennlin murr nur nit!

Nimb auff zu gut mein gnad und wort,
thu dich dran fleissig keren.
Ich bin getrew wol hie und dort,
ich wil dich wol erneren.
Auff mich fest baw, ob ich gleich haw:
also ist mein sitt!
ju, ju, ju, ju, ju, ju!
liebs Mennlin murr nur nit!

Ir seit im glauben träg und faul,
bettet von Hertzen selten;
Offt bettet nur allein das maul,
bei mir müst jhrs entgelten.
Für ewer schuld geb ich mein huld,
also ist mein sitt!
ju, ju, ju, ju, ju, ju!
liebs Mennlin murr nur nit!

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer

Hermann, Nikolaus – Bescher uns, Herr, das täglich Brot

1. Bescher uns, Herr, das täglich Brot;
vor Teurung und vor Hungersnot
behüt uns durch dein´ lieben Sohn,
Gott Vater in dem höchsten Thron.

2. O Herr, tu auf dein milde Hand,
mach uns dein Gnad und Güt bekannt,
ernähre uns, die Kinder dein,
der du speist alle Vögelein.

3. Erhörst du doch der Raben Stimm,
drum unsre Bitt, Herr, auch vernimm;
denn aller Ding du Schöpfer bist
und allem Vieh sein Futter gibst.

(spätere Einfügung:)
4. Doch dies zeitliche Brot allein
kann uns nicht gnug zum Leben sein;
dein göttlich Wort die Seele speist,
hilft uns zum Leben allermeist.

5. Drum gib uns beides, Herre Gott;
hilf endlich auch aus aller Not.
So preisen wir dein´ Gütigkeit
hier und auch dort in Ewigkeit.

Tersteegen, Gerhard – Die geistliche Schmiedekunst.

Mein Herz, ein Eisen grob und alt,
So hart, so kalt, so ungestalt;
Der Hausherr kann es so nicht brauchen,
Die Liebe soll mein Feuer sein,
Durchs Beten komm‘ ich da hinein;;
Ich halte still, und laß es rauchen.

Bläs’t dann der sanfte Liebeswind,
So wird das Herz im Leib‘ entzünd’t;
Ich halte still, und laß es glühen.
Des Eisens Schwärze muß vergehen,
Es wird allmälig weich und schön,
So glühend man’s heraus mag ziehen.

Der Sterbens- und Verleugnungs weg
Der Ambos ist, drauf ich mich leg‘,
Da fängt der Meister an zu schlagen,
Des Meisters Arm giebt Schlag um Schlag,
Das weiche Eisen giebet nach,
Es läßt sich wenden, krümmen, plagen.

Es will sich noch nicht geben recht,
Drum ruft der Meister einen Knecht,
Der vorschlägt mit dem groben Hammer.
Der gute Freund und Helfersmann
Giebt tapfer Schläg‘, so gut er kann;
Schlag‘ zu, so komm‘ ich aus dem Jammer!

Des Meisters Hand lenkt Alles wohl,
Daß jener schlägt da, wo er soll,
Und wie es zur Gestaltung nütze.
Bald legt er’s wieder in die Gluth,
Bald geht das Schmieden wieder gut,
Die Schläge folgen auf die Hitze.

Im Feuer schien das Eisen schön;
Da dacht‘ ich, nun ist’s bald geschehn.
Indem war Feuer und Glanz entzogen,
Da ward mein Eisen schwarz und kalt,
Noch gar zu roh in der Gestalt,
Da sah mein Hoffen sich betrogen.

Am Feilbrett immer Noth und Pein,
Man schraubte mich so kalt hinein,
Man klemmte mich, um nicht zu weichen;
Man strich mit scharfen Feilen kühn,
Da flogen tausend Spähne hin,
Drauf mußte man’s ins Feine streichen.

Mein Meister, der versteht die Kunst,
Regier‘ mich, so polier‘ mich sonst,
Werd‘ ich nun endlich Dir anständig;
Doch hilft kein fein polirter Glanz,
Nicht über-, nein durchgüldet ganz
Sei Herz und All’s und feu’rbeständig.

Weisse, Michael – O Vater der barmhertzigkeyt,

O Vater der barmhertzigkeyt,
wir bitten dich mit innigkeit,
Du wollest dich erbarmen
der schwachen und armen.

Die sich hertzlich zu dir keren,
gnad und hülff von dir begeren,
Auff das sie deinen willen
stets möchten erfüllen.

Hilff, das sie dir warheyt finden
zur vergebung aller sünden,
Innheyliger gemeynschafft
enden jr Bilgerschafft.

Christe, aller welt Heylandt,
hilff allen, die dich han erkannt,
Das sie in dir
zu nemen für und für.

Laß sie nicht krafftlos werden
unter deinem joch auff erden,
Auß deim Gesetz
fallen ins Teuffels netz.

Hilff durch dein Blutvergiessen,
das sie dein hie wol geniessen
Und benedeyt
dich loben alle zeyt.

O Heyliger Geyst, warer Gott,
sih heut an der glaubigen not
Und erleucht durch dein güt
der irrenden gemüt.

O komm, du verheyßner tröster,
und mach und geystliche Priester,
Das wir Gott unsern schöpffer
preysen mit danckopffer.

O hilff, das wir die Priesterschafft
inn recht heiliger gemeynschafft
Alles in Christi namen
wol volenden, Amen.

Selneccer, Nicolaus – In Christi Namen komm zu Gott

1564

In Christi Namen komm zu Gott,
Durch ihn klag ihm all deine Noth,
Aus seinem Geist sprich: Vater mein,
Laß mich dein Kind und Erbe sein.

Von wegen sein wirst du erhört
Und allzeit aller Bitt gewährt.
Wenn dein Herz seufzet: Jesu Christ,
So bald du ganz in Gnaden bist.

Wer JEsum nicht mit sich zu Gott
Thut bringen stets in aller Noth,
Der schreit vergebens, und verzagt
Und wird an Seel und Leib geplagt.

Hilf Jesu, lieber Herre mein,
Daß wir ehren den Namen dein,
Durch dich zum Vater kommen fort
Und selig werden hie und dort.

Mützell – Geistliche Lieder der evangelischen Kirche aus dem sechszehnten Jahrhundert

Starck, Johann Friedrich – Mein Vater, denk an mich

Mein Vater, denk an mich,
Ach gib mir deinen Segen,
Und tu jetzt auch an mir,
Wie treue Väter pflegen;
Gib, was ich nötig hab,
Und was mir nützlich ist;
Ich schau allein auf dich,
Weil du mein Vater bist.

Ach gib mir deinen Geist,
Das wahre Seelenleben,
Und wirst du mir durch ihn
Ein frommes Herz auch geben,
So bin ich reich genug,
So bin ich recht beglückt,
Weil mich dein guter Geist
Mit seinen Gaben schmückt.

Gib mir mein täglich Brot,
Gesundheit auch desgleichen,
Laß deinen Segen nicht
Von meiner Arbeit weichen;
Wend alles Unglück ab,
Begleit mich aus und ein,
Und laß bei Tag und Nacht
Mich dir befohlen sein.

Laß mich in Jesu Christ
Hier leben und auch sterben,
Und laß mich durch sein Blut
Die Seligkeit ererben;
Laß mich vor deinem Thron
In weißen Kleidern stehn
Und, Herr, dein Angesicht
Mit allen Frommen sehn.

Mein Gott, erhöre mich,
Auf dich steht mein Vertrauen,
Ich werd noch meine Lust
An deiner Gnade schauen;
Mein Herze, Geist und Sinn
Sei dir allein geweiht,
Mein Segen, Freund und Schatz
Bleibst du in Ewigkeit.

Wohlan ich bin erhört,
Gott wirds aus Gnaden geben,
Drum will ich Mund und Herz
Mit Dank zu ihm erheben;
Mein Vater, schenke mir,
Dieweil ich leb auf Erd,
Was du mir zugedacht,
Nur daß ich selig werd.

Hymns of the 1912 Lutheran Hymnal for Church, School and Home