Georg der Fromme – GEnad mir, HERR, ewiger Gott

GEnad mir, HERR, ewiger Gott,
das mir kein not
geb ursach, das ich von dir fleuch!
Behüt mich, HERR, für falschem rath,
das himelbrod,
der seelen speis, mir nicht entzeuch!
Dein wort gib mir zu aller stund
durch lerers mund,
das ich vernim
meins HERren stim,
mich darein geb,
bis ich dir, HERR, mein geist auffgeb!

ORdnung zu machen gib mir lehr,
das auch dein ehr
dem gmeinen man hie werd bekand.
Mein underthan, HERR, zu dir ker,
damit sich mehr
die Christlich schar in meinem land.
Behüt uns, HERR, für falscher sect,
die sich jetzt regt
an manchem end,
dadurch wird geschend
der Christlich glaub!
Ach, HERR, deins worts uns nicht beraub!

GIb mir auch fried in dieser zeit,
das nicht durch streit
werd brüderliche lieb zertrent.
An dir nu all mein wolfart leit,
für has und neid
behüt mich, HERR, bis an mein end!
Dazu verleyh mir deinen sinn!
du weist, ich bin
noch fleisch und blut,
dasselbig thut
nach seiner weis:
dafür ich bitt mit gantzem vleis.

MARCK, sted und land befehl ich dir
aus trewer gir,
der ich sol pflegen hie auff erd.
Getrewe reth verordne mir,
daran man spürt,
das gericht und recht versehen werd
Nach rechter mas und billigkeit,
mit solchem bescheid,
das recht und gleich
werd arm und reich
geteilet mit:
des ich dich, HERR, von hertzen bitt.

GRAFen und die des Adels sein,
den gib auch ein,
das sie verstehn den rechten grund,
Und allzeit thun den willen dein
in rechtem schein,
das gib in, HErre, zu rechter stund,
Damit dein nam durch alle stend
werd hoch genent
bey jung und alt
in solcher gestalt,
durch all dein ehr
erhalt uns all in deiner lehr!

ZU dir hertzlich ich schrey und bit,
verlas mich nit
und leit mich, HERR, in deinem weg!
Teil mir vernunfft und weisheit mit,
nicht von mir trit,
all meiner hendel selber pfleg,
Das mich der feind nicht uberwind
mit listen geschwind,
der er sich vleist,
sein zorn beweist
und ist ergrimt:
dein zukunfft im sein gewalt benimbt!

BRANd doch für lieb dein Göttlichs hertz,
da du herwertz
gedachst an unser angst und not.
Denn solches war warlich kein schertz,
da du mit schmertz
willig auffnampst den bittern tod,
Damit des Vaters zorn verging,
da dich umbfieng
des todes angst;
bis vorhin lanst
verkündet war:
desselben frucht an mir nicht spar!

Denn ob ich, HERR, dein weg verlür
zur rechten thüg,
so gieng ich irr in meinem trit;
Sey mir dein bitters leiden für,
mein hertz anrür,
den rechten glauben teil mir mit,
Das ich behar bis an mein end:
wenn sich zutrent
mein seel und leib,
als denn vertreib
den feind von mir,
mein letztes end befehl ich dir.

BURCK fried gib uns in deinem thron!
nicht für ein lohn,
allein aus gnad erbarm dich mein.
Noch eins ich bit in diesem thon:
ach HERR! verschon,
las dir trewlich befohlen sein,
Meins brudern seel nim gnedig an:
du weist, ich kan,
im helffen nicht:
allein ich bit
umb gnad und huld:
vergib im, HERR, sein sund und schuld!
Amen.

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer
Weitere Texte des Autoren in der Glaubensstimme

Franck, Salomo – Ach Gott, verlaß mich nicht

1) Ach Gott, verlaß mich nicht,
Gib mir die Gnadenhände!
Auch führe mich, dein Kind,
Daß ich den Lauf vollende
Zu meiner Seligkeit;
Sei du mein Lebenslicht,
Mein Stab, mein Hort, mein Schutz:
Ach Gott, verlaß mich nicht!

2) Ach Gott, verlaß mich nicht,
Regiere du mein Wallen,
Ach laß mich nimmermehr
In Sünd und Schande fallen!
Gib mir den guten Geist,
Gib Glaubenszuversicht,
Sei meine Stärk und Kraft:
Ach Gott, verlaß mich nicht!

3) Ach Gott, verlaß mich nicht,
Ich ruf aus Herzensgrunde.
Ach Höchster, stärke mich
In jeder bösen Stunde;
Wenn mich Versuchung plagt
Und meine Seel anficht,
So weiche nicht von mir:
Ach Gott, verlaß mich nicht!

4) Ach Gott, verlaß mich nicht,
Ach, laß dich doch bewegen,
Ach Vater, kröne doch
Mit reichem Himmelssegen
Die Werke meines Amts,
Die Werke meiner Pflicht,
Zu tun, was dir gefällt:
Ach Gott, verlaß mich nicht!

5) Ach Gott, verlaß mich nicht,
Ich bleibe dir ergeben.
Hilf mir, o großer Gott,
Recht glauben, christlich leben
Und selig scheiden ab,
Zu sehn dein Angesicht!
Hilf mir in Not und Tod:
Ach Gott, verlaß mich nicht!

Hymns of the 1912 Lutheran Hymnal for Church, School and Home

Capito, Wolfgang – Das lied, Ich bin ins flaysch zum todt geborn

(„Form und ordnung Gaystlicher Gesang und Psalmen rc. (Augsburg) M.D. XXXIII“)

ICh bin inns flaisch zum todt geborn,
auf mir blib fluch unnd Gottes zorn,
mein will unnd werck warn gar verlorn,
biß mich Jesus ernewet
Und rufft zur buß zur engen port;
der vatter tödt der sünden mord
durch Jesu todt, auß dem mir fort
vor pein der hell nit scheühet.
Sein gwalt, auffart und gaiste reyn
bracht hymlisch gburt, göttlichen schein,
sein selbs ankunft ins hertze mein
frümbkait, frid, frewd und leben.

Darumb, Jesu, schatz unnd berlin gutt,
du süsser ghruch unnd werdes blut,
ich trag dich stäts in meinem mut,
hör, mensch, was zeügt mein glauben;
Wer Jesum auch wil also hon,
der muß seinn aygen willen lon,
nach Jesu will inn wirckung ston,
in übung unnd in schawen.
Welchs hoffnung Jesus worden ist,
der achtet nitt was sunst gebrist,
all zeytlichait ist jm ain mist
auff sand kan er nit bawen.

Wer Creaturen verlassen hatt
unnd jr befleckung ledig stat,
sein hertz unnd mutt an Jesu lat,
der darff nitt weytter sorgen,
Dann Jesu gayst ain tröster ist,
aber nur deß, dem trost geprist,
dem sein Creütz bleibt mitt dult vermischt
und freüd in Gott verborgen.
On JEsum ist es alles nicht,
wer seinem wortt nitt widerspricht
und jn inn lieb und laid vergicht,
der hats vom vatter glernet.

Halt innig synn und ainigkait
außschwayffig menge sey dir layd,
schaw auff Jesum, dein zyl berayt,
deß krafft inns hertz bringt leben;
Glaub, lieb, vor Gott gerechtigkait
nymm ann, halt gaystlich underschayd,
wandle, wie dich der Sun Gotts layt,
der sich für dich hat geben,
Der dich durch sich erle+üchtet klar
unnd setzet in des himels schar:
ach, laß nit nemmen solche war
den Teüfel mit sein listen.

Ach Jesu Christ, verleych unns gnad,
das uns der feynd nitt bring zu schad,
das wir vor Gott durch dich im pfad
beharren biß ans ende!
Was krafft möcht sunst in diser not
beston? eyl, Herr, kumm nit zu spat,
auff das uns nit deß feyndes rat
hie und dort ewig schende.
Dir wöllen wir zur ghrechten hand
Gottes, der du uns hast für schand
erlöset, singen inn dem land
eer, preyß und alle glori.

Brockhaus, Carl – Du, Herr, verläßt mich nicht

Du, Herr, verläßt mich nicht.
Auf Dich mein Herz allein vertraut,
mein Auge glaubend auf Dich schaut.
Du bist mein Heil, mein Licht,
mein Fels mein sichrer Hort.
Bin ich versucht, gibt’s Not und Leid,
Du bleibst mein Trost, mein Arm im Streit,
mein Licht am dunklen Ort.

Ich weiß, daß Du mich liebst.
Bist mir in jeder Lage nah‘,
wohin ich gehe – Du bist da,
ja, Du mir alles gibst.
Ich überlaß mich Dir;
denn Du, Herr, kennst mich ganz und gar
und führst mich sicher, wunderbar,
und bist selbst alles mir.

In dieser Wüste hier
find’t nirgend meine Seele Ruh‘,
Denn meine Ruh‘ bist, Jesu, Du.
Wohl mir, ich geh‘ zu Dir!
Bald wird ich bei Dir sein
bald mit den Deinen ewiglich
anbeten, loben, preisen Dich,
mich Deiner stets erfreuen.

Weitere Texte des Autors in der „Glaubensstimme“

Blaurer, Ambrosius – Wach auf, wach auf, ’s hohe Zeit

1. Wach auf, wach auf, ’s hohe Zeit,
Christ, sei mit deiner Hilf nicht weit!
Das wütend ungestüme Meer
läuft an mit Macht und drängt uns sehr.

2. Hilfst du nicht bald, so ist’s gescheh‘n,
zugrund wir müssen eilends geh‘n.
Bedroh‘ der Wellen wild Gebrüll,
so legt es sich und wird ganz still.

3. Ach Herr, um deines Namens Ehr
halt uns im Fried‘ bei deiner Lehr;
gib deiner Kirche gute Ruh,
Gesundheit und Gedeih‘n dazu.

4. Darüber auch das Allerbest:
daß wir im Glauben stark und fest
dich preisen und den Namen dein,
dir leben, dein lieb Völklein sein,

5. aus deinem Geist ganz neu geborn;
den gib uns, Herr, sonst ist’s verlorn.
Dies alles unser Herz begehrt,
wiewohl wir deren keins sind wert.

6. Haben das Widerspiel verschuld’t,
zum Zorn gereizt oft dein Geduld,
dein treue Warnung auch veracht‘,
all Zucht und Ehrbarkeit verlacht.

7. Und ist vielleicht das Maß jetzt voll,
daß unsre Sünde haben soll
verdiente Straf, so g’schieht uns recht
als einem ungetreuen Knecht.

8. Jedoch, dieweil dein Wort ist gut,
so wehr all derer Übermut,
die uns dabei nicht lassen stehn
und es vertrieben möchten sehn.

9. Mach uns vor ihnen nicht zum Spott;
die Sach ist dein, o starker Gott.
Gib uns den Feinden nicht zur Schand;
wir fallen gern in deine Hand.

10. Bekehr den Feind zu Christi Lehr,
daß er mit uns dich lob und ehr
und alle Welt des innewerd,
daß du groß Wunder tust auf Erd.

Weitere Texte des Autors in der „Glaubensstimme“

Behm, Martin – 14. Oktober.

Im Ton: Von Gott will ich nicht lassen.

Gott, reich über alle,
Dein Macht unendlich ist:
Wir preisen dich mit Schalle,
Weil du so gütig bist.
Bescherst uns Speis und Trank,
Daß voll sind Scheun und Söller,
Mit Most und Wein die Keller,
Zu zehrn den Winter lang.

Gieb uns dein Geist und Gnade,
Daß wirs mißbrauchen nicht,
Daß uns nicht Schand und Schade
Dadurch werd zugericht.
Hilf, daß wir mäßig sein
Und mit reinem Gewissen
Dein Gaben all genießen,
Daß wir nicht haben Pein.

Ein Weinberg gepflanzet,
Der ist dein Kirch auf Erd,
Mit guter Hütt verschanzet,
Daß er nicht werd zerstört.
Der bringt recht Traubenblut; –
Dein Gnad, o Herr, ich meine,
Die uns erquickt alleine
Und uns erfreuen thut.

Den wollst du selbst verwalten,
Daß ihn kein Wild zerreiß,
Und ihn im Bau erhalten
Zu deinem Lob und Preis.
Der Weinstock Jesus heißt,
An dem wir sind als Reben,
Von dem wir haben das Leben
Und tragen Frucht im Geist.

Füll unser Herz mit Freuden
Von dies Weins Süßigkeit,
Daß uns nichts möge scheiden
Von deiner Gütigkeit,
So lang wir sind auf Erd,
Bis wir vor deinem Throne
Empfangen die Ehrenkrone,
Da uns Freud ist beschert.

Amen.

Nöldeke – Martin Behemb’s geistliche Lieder

Behm, Martin – Ein täglich Gebet wider die drei Plagen, Krieg, Theurung und Pestilenz und andern Jammer

Herr Jesu Christ, wie manches Jahr
Sind wir gewest in Noth und Fahr:
Sehr heftig hat getobt der Feind,
Das hat manchs Christen Herz beweint.

Er hat gebrannt an manchem Ort,
Viel Leut entführt und viel ermordt;
Das liebe Brod gar theuer ist,
Darüber seufzt manch armer Christ.

Die Pestilenz hat nicht gesäumt,
Viel tausend Menschen aufgeräumt,
Ohn was für Kreuz, Pein, Angst und Schmerz
Gefühlet hat manch frommes Herz.

Herr, unser große Missethat
Dies und ein mehrs verdienet hat;
Der Sünden waren wir gewohnt,
Drum hast du billig nicht geschont.

O Gott, trag mit deim Volk Geduld,
Vergieb uns unser Sünd und Schuld,
Laß nun dein Zorn verlöschen gar,
Und gieb uns forthin gute Jahr.

Mit deinem Geist steh uns ja bei,
An Leib und Seel uns benedei,
Erhalt uns unser Leben rein,
Daß wir thun nach dem Willen dein.

Dem Türken und den Tattern wehr,
Und wer sonst anficht deine Lehr,
Behüt für Aufruhr, Krieg und Streit,
Gieb fruchtbar und wohlfeile Zeit.

Nimm weg die giftig Seuch der Pest,
Die bisher hat gehalten fest,
Im Kreuz verleih Trost und Geduld,
Laß uns behalten deine Huld:

Damit wir deines Namens Ehr
Hoch preisen und erheben sehr
Hier und dort mit den engelein;
Wer das begehrt, sprech Amen drein.

Nöldeke – Martin Behemb’s geistliche Lieder

Behm, Martin – Am dritten Sonntage nach Ostern, Jubilate.

Aus dem Evangel. Joh. 16.

Um Trost und Rettung im Kreuz.

O Herre Gott, groß ist die Noth,
Wir stecken voller Sorgen;
Groß Ungefehl erhebt sich schnell,
Das ist dir unverborgen.

Dein Kirch hat Pein, so muß es sein,
So lang wir sind auf Erden.
Ein jeder Christ mühselig ist
Und träget sein Beschwerden.

All, die da sind dein liebe Kind,
Das Kreuz sie müssen erben.
Das Kreuz ist nutz, bringt uns viel guts
Und läßt uns nicht verderben.

Mir ist oft weh, wenn ich nicht seh
Dein Angesicht mit Gnaden;
Mein Herz erschrickt, wenns nicht erblickt,
Wie du bald hilfst vom Schaden.

Doch in der Noth, bei Schmach und Spott,
Wenn ich muß kläglich weinen,
Wir mir recht wohl, bin Freuden voll,
Wenn du dein Hülf läßt scheinen.

Ich bin im Streit ein kleine Zeit,
Nach dir steht mein Begehren,
Ich freu mich dein im Herzen mein,
Wollst mir dein Hülf gewähren.

Drum, lieber Herr, sei ja nicht fern,
Wenn ich in Nöthen stecke;
Durch deine Huld gieb mir Geduld,
Daß ich ja nicht erschrecke.

Wenn ich mein Plag dir herzlich klag,
So wollst dus Kreuze lindern.
Durchs Geistes Werk mich Schwachen stärk,
Tröst mich sammt deinen Kindern.

Rett mich vom Spott, verkürz die Noth,
Dieweil ich auf dich traue;
Das Unglück wend, mach sein ein End,
Daß ich dein Hülfe schaue.

Gleichwie ein Weib mit schwangerm Leib
Entbunden wird mit Freuden,
So steh mir bei, und mach mich frei
Vom schweren Kreuz und Leiden.

Dein Angesicht zu mir auch richt,
Aus lauter Güt und Gnaden,
Auf daß ich frei dir dankbar sei
Für deine großen Gaben.

Mach mich bereit zur Himmelsfreud;
Dahin wollst du mich führen,
Da ich ohn End, zu dir gewendt,
Mög ewig jubilieren.

Nöldeke – Martin Behemb’s geistliche Lieder

Bogatzky, Carl Heinrich von – Du führst mich, Herr, ich kann nicht gleiten

1. Du führst mich, Herr, ich kann nicht gleiten,
dein Wort muss ewig feste stehn.
Du sprichst: „Mein Auge soll dich leiten,
Mein Angesicht soll vor dir gehn.“
Ja, deine Güt und dein Erbarmen
soll mich umfangen und umarmen,
so spür ich täglich deine Treu.

2. Gib Kraft, dass gläubig, treu und stille
ich immer dir, Herr, folgen kann,
Nur dein, nur dein vollkommner Wille
sei für mich Schranke, Ziel und Bahn!
Nichts soll mich ohne dich vergnügen;
lass mir nichts mehr am Herzen liegen,
als deinen Willen gern zu tun!

3. So lieb und lob ich in der Stille
und ruh als Kind in deinem Schoß!
Ich schöpf aus deiner Gnaden Fülle,
die Seele wird von Sünden los,
sie sorget nun vor allen Dingen,
wie sie zur Herrlichkeit mög dringen,
sie schmückt und hält sich dir bereit!

Weitere Texte des Autors in der „Glaubensstimme“

Bogatzky, Carl Heinrich von – Dein Wort befiehlt, o Herr

Mel. O Gott du frommer Gott

Dein Wort befiehlt, o Herr
Daß wir uns prüfen sollen,
Wenn wir zu deinem Mahl
uns würdig nahen wollen.
Nun, Herr, du weißt es wohl,
Ich will gehorsam seyn;
Ach! dring‘, o helles Licht
Nur selber in mich ein.

2. Ach! gib, o Herr nur Ernst;
Komm, deinen Geist zu senden,
Und steure Satans List,
Der mich nur will verblenden,
Es werde mir durchs Wort
mein innrer Grund entdeckt,
Und wo ich da und dort
Vor dir noch bin befleckt.

3. Denn ich bin viel zu blind,
Mich selber zu ergründen.
Drum zeige du mir an
Die unerkannten Sünden.
Ach! prüfe du mich selbst,
Und siehe wie ich steh,
Und ob ich hier und da
Auf rechtem Wege geh?

4. Wie lange kann uns hier
So viel verborgen bleiben?
Wie? kann der eigne geist
Uns hinters Licht hier treiben?
Will selber David nicht
Dem eignen Herzen trau’n;
Wie? sollt ich Blinder denn
Auf mein Erkenntniß bau’n?

5. Nimm mich in scharfe Zucht,
Um mir nichts zu verhölen!
Such‘ alle Winkel aus,
Den tiefsten Grund der Seelen.
Ach! deck‘, o Herr, mir auf,
Auch den verborgnen Bann,
Wo etwas noch versteckt,
Das endlich quälen kann.

6. Als ich das letzte mal
Bey deinem mahl gewesen,
So gabst du Gnad und Kraft.
Wie? bin ich treu gewesen?
Wo ist die Frucht davon?
Ach! zeige mir es an,
Du bist es auch allein,
Der alles bessern kann.

7. Ich weiß ja nicht, wie oft
Dies Mahl mich noch wird laben;
Drum gieb mir großen Durst,
Und alle Schätz und Gaben,
Die mir zu meinem Heil
Nur immer nöthig seyn,
Und mache nur mein Herz
In dir gewiß und rein.

8. O Zeige, was nachdem
Schon wieder eingeschlichen;
Thu ferner ab in mir,
Was einmal abgewichen;
Und was noch in mir steckt,
Das räum‘ auch jetzo aus,
Und fege dir nur selbst
Des Herzens Tempelhaus.

9. Was mir dein Licht entdeckt,
Hilf auch bereun und hassen,
Und gieb mir neue Kraft,
Forthin es auch zu lassen.
O! gieb mir Glaubenskraft,
Recht würdig hinzugehn;
Denn meine Würde soll
In deinem Blut bestehn.

10. O! prüfe selbst mich erst,
Ob ich im Glauben stehe:
Damit ich ja nur nicht
Unwürdig hinzugehe.
O Herr! es sey mein Geist
Mit deinem Blut geschmückt;
So mache du mich selbst
Recht würdig und geschickt.

11. Ich bin es wol nicht werth,
Daß ich dich hier genieße;
Doch hilf nur, daß ich mich
Stets selber richten müsse:
So richtest du mich nicht;
Du nimmst den Sünder an,
Den Sünder, der sich nur
Selbst vor dir richten kann.

12. So prüf‘, o Herr! uns doch
Auch bey den besten Dingen,
Daß wir sie mehr und mehr
Ins rein‘ und lautre bringen.
Schneid‘, was nicht lauter, ab,
Hat’s noch so guten Schein,
Und laß dein Wort allein
Des Wandels Richtschnur seyn.

Bernheim – Das Abendmahl des Herrn
Weitere Texte des Autors in der „Glaubensstimme“