Zinzendorff, Nikolaus von – Bei dem ersten Abendmahle.

Ist’s? ja, es ist geschehen:
Ich habe Gott gesehen;
Er hat sich eingefunden,
Und sich mit mir verbunden.

Er hat mich armen Kranken
(O sel’ge Friedsgedanken!)
Zu Seinem Tisch geleitet,
Und Abendmahl bereitet.

Wie dank‘ ich’s Seiner Liebe,
Die, aus dem treusten Triebe,
Sich, um mich zu erheben,
In’s Niedrige gegeben!

Wie dank ich’s Seinem Herzen,
Das so viel herbe Schmerzen
Für mich, der sie verschuldet,
Aus lauter Lieb‘ erduldet!

Wie dank‘ ich’s Seinem Leiden,
Dem Ursprung meiner Freuden!!
Wie dank‘ ich’s Seinem Stöhnen
Und heißvergossnen Tränen!

Wie dank‘ ich’s Seinem Dürsten,
Da Ihm, dem Lebensfürsten,
Die Zung‘ am Gaumen klebte,
Auf dass mich Kraft belebte!

Wie dank‘ ich’s Seinem Sterben!
Es hilft mir vom Verderben;
Sein letztes Angstgetöne
Klingt meinen Ohren schöne.

Die Fahrt zur Grabesschwelle
Und zu der Tür der Hölle
Bewahrt mich vor den Schlünden,
Die nimmer zu ergründen.

Du herzvertraute Liebe,
Entzünde meine Triebe,
Damit sie ohne Schweigen
Von Deiner Tugend zeugen!

Lass Deinen Tod und Sterben
Dein ritterlich Erwerben
Den hartgebund’nen Seelen
Mich öffentlich erzählen!

Und nach dem teuren Mahle
Gib, dass ich Dir bezahle
Die seligen Gelübde,
Darin sich Jesus übte! (Joh. 4, 34.)

Es werd‘ an mir gesehen
Dein Tod und Auferstehen,
Dein Kampf und Überwinden,
Dein Suchen und Dein Finden!

(1714.)

Johann Rist – Abendgebet.

Lass mich diese Nacht empfinden
Eine sanft und süße Ruh;
Alles Übel lass verschwinden,
Decke mich mit Segen zu;
Leib und Seele, Mut und Blut,
Weib und Kinder, Hab und Gut,
Freunde, Feind und Hausgenossen
Sein in deinen Schutz beschlossen!

Ach bewahre mich vor Schrecken,
Schütze mich vor Überfall!
Lass mich Krankheit nicht aufwecken;
Treibe weg des Krieges Schall!
Wende Feur- und Wassersnot,
Pestilenz und schnellen Tod;
Lass mich nicht in Sünden sterben,
Noch an Leib und Seel verderben.

O du großer Gott, erhöre,
Was dein Kind gebeten hat!
Jesu, den ich stets verehre,
Bleibe ja mein Schutz und Rat;
Und mein Hort, du werter Geist,
Der du Freund und Tröster heißt,
Höre doch mein sehnlich Flehen!
Amen, ja es soll geschehen!

Martin Behm – Wenn man Feierabend macht.

1. Gott Lob und Dank, der Tag ist hin,
Dran ich mühsam gewesen bin;
Mein Arbeit hab ich heut verbracht,
Der Feierabend ist gemacht.

2. Mein Leib ist matt, mein Arm und Bein
Gar müd von großer Arbeit sein,
Der Ruh von Herzen ich begehr,
Dass sich die Mattigkeit nicht mehr.

3. O Herr, sieh an mein Schweiß und Fleiß,
Mein Tun gereich zu deinem Preis,
Den Menschen auch ersprießlich sei,
Und dass ich hab mein Nutz dabei.

4. Nun weil ich Feierabend hab,
Dass ich mit Speis und Trank mich lab,
Der sanften Ruh ich auch begehr,
So bitt ich, mir dieselb gewähr.

5. Wenn ich werd ausgeruhet han,
So geht mein Arbeit wieder an;
Das treib ich, weil dirs so gefällt,
So lang ich leb auf dieser Welt.

6. Wenn du mir wirst nach diesem Lebn
Den letzten Feierabend gebn,
Die Ruh im Himmel mir bereit
In alle ewig Ewigkeit.

Amen.

Recke, Elisabeth von der – Abendlied

Erloschen ist der Sonne Pracht!
Geschmückt durch Sternenheere
Erscheint in ihrem Glanz die Nacht,
Und predigt Gottes Ehre.
Sie predigt seine Herrlichkeit,
Des Herrschers über Welt und Zeit,
Durch den wir sind und leben.

So groß er ist, so klein ich bin!
Schon sinken meine Glieder:
Mein Auge sinkt in Schlummer hin,
und sie aufs Lager nieder.
Da lieg ich fühllos: Aber du
Wachst, Vater, über meine Ruh,
Dass mich kein Unfall treffe!

Indes lass meinen Geist zu dir
Auch noch im Schlafe wachen,
Mich von dir träumen, und so mir
Durch dich ihn heilig machen.
Entschlummre ich in die Todesnacht,
So führe mich durch deine Macht,
Zur Schar der selgen Geister!

Herman, Nikolaus – Ein Abendreihen vom Herrn Christo, für christliche Jungfräulein, vorzusingen.

1. Ihr Schwesterlein, ihr Schwesterlein,
Ihr allerliebsten Gespielen mein,
Wir wolln singen ein Abendreihn
Von unserm Herren Jesulein.

2. Ein wahrer Gott, ein wahrer Gott
Ist er, und hilft aus aller Not.
Er ist Gotts eigen Söhnelein
Und Marien der Jungfrau rein.

3. Von Ewigkeit, von Ewigkeit
Wahrhaftig ist seine Gottheit.
Er ist der gbenedeite Sam,
Adam verheißn und Abraham.

4. Ein Kindlein klein, ein Kindlein klein,
Von seiner werten Mutter rein
Ist er geborn ohn alles Leid,
Heilig, ohn Sünd ist sein Menschheit.

5. Der Schlangen Gift, der Schlangen Gift
Tät ihm kein Schadn, verletzt ihn nicht,
Der heilge Geist wirkt solches gut
Mit dem keuschen Mariä Blut.

6. Des wundert sich, des wundert sich
Die Natur und verstund es nicht.
All Engel sahen dran ihr Lust,
Dass ein Kind säugt der Jungfraun Brust.

7. Maria zart, Maria zart,
Kein seligers Weib geboren ward.
Sie hat geborn ein Söhnelein
Den Herrn aller Engelein.

8. Des Teufels List, des Teufels List
Durch ihren Sohn zerstöret ist.
Sein Tyrannei, Lügen und Mord
Hat überwunden Gottes Wort.

9. O Gottes Lamm, o Gottes Lamm,
Wir müssten doch all sein verdammt,
Wenns ohn dein Tod und Opfer wär,
Drum singn wir dir Lob, Preis und Ehr.

10. Behüt uns Herr, behüt uns Herr,
Für Irrthum und für falscher Lehr,
Wehr und steur aller Gleißnerei,
Betrügerei und Tyrannei.

11. Dein heilger Geist, dein heilger Geist
Allzeit uns helf und Beistand leist,
Auf dass wir nach dem Willen dein
Leben und fromme Christen sein.

12. Für Krieg und Blut, für Krieg und Blut
Behüt uns, o du höchstes Gut.
Den lieben Kornbau uns bewahr,
Dass kein Teurung werd dieses Jahr.

13. Für Feuersnot, für Feuersnot
Schütz unser Stadt, o lieber Gott.
Auch pflanz in uns christliche Lieb,
All unsre Schuld und Sünd vergib.

14. Auch unser Stadt, auch unser Stadt,
Die ganze Gmein, ein ehrbarn Rat,
Die Kirch und Schul, das Bergwerk fein,
Lass dir, o Herr, befohlen sein.

15. Ein seligs End, ein seligs End,
Gib uns, mit Gnad dich zu uns wend,
Und hilf uns in der letzten Not
Durch dein Wunden und bittern Tod.

16. Bewahr auch, Herr, bewahr auch Herr,
Aller Jungfrauen Zucht und Ehr.
Behüt ihr Kränzlein für Unfall,
Wünscht euch der Herman allzumal.

Amen.

Herman, Nikolaus – Der Abendsegen.

In demselben Ton (Im Ton: Wo Gott nicht gibt zum Haus rc. ).

Hinunter ist der Sonnen Schein,
Die finstre Nacht bricht stark herein.
Leucht uns, Herr Christ, du wahres Licht,
Lass uns im Finstern tappen nicht.

2. Dir sei Dank, dass du uns den Tag
Für Schaden, Fahr und mancher Plag
Durch deine Engel hast behüt
Aus Gnad und väterlicher Güt.

3. Womit wir han erzürnet dich,
Dasselb verzeih uns gnädiglich,
Und rechn es unser Seel nicht zu,
Lass uns schlafen mit Fried und Ruh.

4. Durch dein Engel die Wach bestell,
Dass uns der böse Feind nicht fäll.
Für Schrecken, Gspenst und Feuersnot,
Behüt uns heut, o lieber Sott.

Amen.

Selneccer, Nikolaus – Wenn ich mich zu Bette lege, so denke ich an dich.

Abendsegen aus dem 63. Psalm.
Nach eigener Melodie.

Wir danken dir, Herr Jesu Christ,
Daß du unser Erlöser bist,
Und bhütest uns vor aller Gfahr
Durch deiner lieben Engel Schaar.
Halleluja.

2. Wir gehn nun hin zu unsrer Ruh,
Ach, rechn es unsrer Seel nicht zu,
Was wir leider gesündigt han,
Vergiebs uns all’s, o Gottes Sohn.
Halleluja.

3. Laß dein Engel stets um uns sein,
Die allzeit uns bewachen fein,
Daß der Teufel hab keine Macht
An uns, weder zu Tag noch Nacht.
Halleluja.

4. Für Feur, für Seel- und Leibesnoth,
Behüt uns lieber Herre Gott,
In beim Namen laß schlafen ein
Uns, deine lieben Kinderlein.
Halleluja.

5. Es gscheh, was mag, wir sind ja dein,
Erlöst durch dein fünf Wunden rein.
Dir leben wir, dir sterben wir,
Dein Kinder sind wir für und für.
Halleluja.

6. Amen, Amen zu guter Nacht,
Der Engel Gottes uns bewacht.
Gott Lob und Dank in Ewigkeit,
Wir gehn zur Ruh ohn alles Leid.
Halleluja.

Arndt, Ernst Moritz – Des Reisenden Abendlied

Gegangen ist das Sonnenlicht,
Still schweiget Feld und Hain,
Und hell am Firmamente bricht
Hervor der Sterne Schein,
Und hell aus stiller Seele blitzt
Ein wundersamer Strahl
Von dem, der ewig waltend sitzt
Im hohen Himmelssaal.

Wie wäre doch das Menschenkind
So elend, so allein,
Wenn nicht von oben zart und lind
Ihm käme dieser Schein!
Es wäre nichts als Trug und Wahn,
Ein zitternd Blatt am Baum,
Ein Körnlein Sand im Ocean,
Ein Traumbild fast vom Traum.

Das Leben wallt von Ort zu Ort,
Hat nimmer Ruh noch Rast,
Und treibt im wilden Fluge fort,
Geschnellt durch eigne Hast;
Es brauset wie ein schäumend Meer,
Das keine Ufer kennt,
Und wirft uns Tropfen hin und her
Im wilden Element.

Drum komm, o du, der Frieden bringt,
Du Gott, in stiller Nacht,
Wo hell die Engelglocke klingt
Bei goldner Sterne Pracht –
Komm, wirf den frommen Liebesstrahl
Mir warm ins arm Herz,
Und die Gedanken allzumal
O zieh sie himmelwärts!

Drum komm mit deinem Engelheer,
Du lieber Vater gut!
Du bist die einzig feste Wehr,
Die einzig sichre Hut;
Gar nichtig ist der Menschen Macht,
Die eitle Eitelkeit,
Was Gott bewacht, ist wohl bewacht
Hier und in Ewigkeit.

 

Arndt, Ernst Moritz – Des Knaben Abendlied

Die Welt thut ihre Augen zu
Und alles wird so still,
Auch ich bin müde und zur Ruh
Ich auch mich legen will:
Ich leg‘ im stillen Kämmerlein
Mich in mein Bettchen warm,
Und Engel sollen Wächter seyn
Vor jedem Trug und Harm.

Du lieber Gott, der uns die Nacht
Mit Mond und Sternen schuf,
Der himmlisch uns das Herz gemacht
Für himmlischen Beruf,
Der uns den lichten Himmelschein
Gesenkt in tiefe Brust,
Damit wir sollen selig seyn
Durch deiner Liebe Lust;

Du lieber Gott, du gehst mit mir
Ins stille Kämmerlein,
Und stellst die Wächter an die Thür,
Die Engel fromm und fein;
Sie treten leis‘ und sanft daher
Und halten treue Hut,
Daß diese Nacht und nimmermehr
Mir nichts was Leides thut.

Nun habe Dank für diesen Tag
Und Dank für jede Freud‘!
Ich weiß nicht, was ich beten mag
Mit rechter Herzlichkeit;
Du weißt am besten, was ich will,
Du liebster, treuster Hort,
Drum bin ich mit den Lippen still,
Gott ist mein einzig Wort.

 

Behm, Martin – Ein Abendgebetlein.

1. Herr Gott, du hast das Tagelicht
Zu unsrer Arbeit zugericht,
Hast auch nach deiner Gütigkeit
Die Nacht zu unsrer Ruh bereit.

2. Der heutig Tag ist nun dahin!
Drum ich dir billig dankbar bin,
Daß ich den Tag hab überlebt,
Und meine Seel in mir noch webt.

3. Du hast den Tag von mir gewandt
Viel Unglück, Uebel, Schad und Schand,
An Leib und Seel mir Guts beweist,
Dafür mein Herz dich lobt und preist.

4. Was ich den Tag hab Guts geschafft,
Das hat in mir gewirkt dein Kraft;
Daß Sünd von mir geschehen sein,
Kommt nicht von dir, die Schuld ist mein.

5. Ich bitt, weil ich hab Sünd gethan,
Du wollst mir nicht entgelten lan;
Mein Schuld aus Gnaden mir verzeih,
Laß nach die Straf, mir Ruh verleih.

6. Der du Israels Hüter bist,
Hör ferner, was mein Seufzen ist:
Du schläfst und schlummerst nicht bei Nacht,
Drum wollst du halten bei mir Wacht.

7. Mein müder Leib begehrt die Ruh,
Drum, wann ich thu mein Augen zu,
So laß mich thun ein sanften Schlaf,
All Hinderniß bei Seiten schaff.

8. Der Teufel könnt mir schaden leicht,
Weil er im Finstern umher schleicht;
Drum treib von mir all bös Gespenst,
Der du des Satans Macht zertrennst.

9. Dein rechte Hand mich schütz und deck,
Daß mich kein plötzlich Fall erschreck;
Laß mich nicht böse Träume han,
Und sonst kein Grauen stoßen an.

10. Mein Seel von Sündenschlaf befrei,
Daß mein Herz zu dir wacker sei,
Damit ich nicht entschlaf im Tod,
Dadurch ich ewig käm in Noth.

11. Und wenn ich hab mein Schlaf vollendt,
So hilf daß ich erwach behend,
Vom Bett gesund und frisch aufsteh
Und an mein Werk mit Freuden geh.

12. Nach diesen Nächten uns erschein,
Brich mit dem letzten Tag herein,
Erlös uns, weil so finster ist,
Durch unsern Herren, Jesum Christ!

Amen.