Gerhardt, Paul – Johannes sahe durch Gesicht

  1. Johannes sahe durch Gesicht
    Ein edles Licht
    Und liebliches Gemälde:
    Er sah ein Haufen Völker stehen,
    Sehr hell und schön,
    Im güldnen Himmelsfelde.
    Ihr Herz und Mut
    Schwebt in dem Gut,
    Das hier kein Mann
    Bezahlen kann
    Mit allem Gut und Gelde.
  2. Sie trugen Palmen in der Hand;
    Ihr Ort und Stand
    War vor des Lammes Throne,
    Ihr Mund war voller Lob und Preis,
    Sie Kleider weiß,
    Ihr Leid, im höhren Tone,
    Klang süß und sang
    Des Höchsten Dank,
    Und dieser Stimm
    Half üm und üm
    Der Engel heilge Krone.
  3. Wer, sprach Johannes, sind doch die,
    Die ich allhier
    In weißem Schmuck seh halten?
    Es sind, antwortet aus der Schar,
    Die um ihn war,
    Der eine von den Alten:
    Es sind, mein Sohn,
    Dich sich den Hohn
    Und Spott der Welt
    Von Gottes Zelt
    Nicht lassen abehalten.
  4. Es sind die, so vor dieser Zeit
    In großem Leid
    Auf Erden sich befunden,
    Die bei des Herren Jesu Ehr
    Und seiner Lehr
    All Angst und Trübsalswunden,
    Zwar ohne Schuld,
    Doch mit Geduld,
    Durch Gott gekühlt,
    Recht wohl gefühlt
    Und fröhlich überwunden.
  5. Dieselben haben all ihr Kleid,
    Als treue Leute,
    Im Glaubensbad erkläret,
    Sie haben sich der Höllen List,
    So viel der ist,
    Mit starkem Mut erwehret
    Und nicht geacht
    Der Erden Pracht,
    Des Lammes Blut
    Zu ihrem Gut
    Erwählet und begehret.
  6. Darum so stehen sie auch nun
    Und all ihr Tun
    Wo Gottes Tempel stehet;
    Der Tempel, da man Tag und Nacht
    Dem Höchsten wacht
    Und seinen Ruhm erhöhet;
    Da leben sie
    Ohn alle Müh,
    Ohn alle Qual
    Im Freudensaal,
    Der nimmermehr vergehet.
  7. Daselbst sitzt Gott in seinem Haus
    Und breit aus
    Die Hütte seiner Güte
    Und deckt mit sanfter Wollust zu
    In stiller Ruh
    Manch trauriges Gemüte.
    Was Freude gibt,
    Dem Herzen liebt,
    Die Augen füllt,
    Das Sehnen stillt,
    Steht da in voller Blüte.
  8. Da ist kein Durst, kein Hungersnot,
    Das Himmelsbrot
    Läßt keinen Mangel leiden,
    Zu heiß und sehr,
    Ihr Glanz bringt lauter Freuden.
    Die Himmelssonn
    Und Herzenswonn
    Ist unser Hirt,
    Der große Wirt
    Und Herr der ewgen Weiden.
  9. Das Lamm wird weiden seine Herd,
    Als sies begehrt,
    Auf Auen, die schön prangen;
    Es wird sie leiten zu dem Quell,
    Der frisch und hell,
    Das Heil draus zu erlangen;
    Und wird gewiß
    Nicht ruhen, bis
    Er uns erfrischt
    Und abgewischt
    Die Tränen unsrer Wangen.

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