Herman, Nikolaus – Ein christliches Lied, zu stärken den Glauben in Anfechtung.

Meim Lieben Gott ergeb ich mich
Gänzlich, weil er so väterlich
Allzeit gegen mir sich erzeigt,
Und zu helfen ist so geneigt.

2. Sein Hilf beut er mir selber an,
Und spricht: Ich will dich nicht verlan;
Ruf in der Noth getrost zu mir,
Mein Sohn Christus soll helfen dir.

3. Ach Gott, wie ist mein Glaub so schwach,
So will das Fleisch auch nicht hernach,
Dem Geist wills nicht sein unterthan,
Es will nur schlechts den Holzweg gahn.

4. Zweifeln betrübt mir oft mein Herz,
Das Gsetz erregt in mir viel Schmerz
Es treibt und mahnt ohn Unterlaß,
Jetzt forderts dies, bald forderts das.

5. Nun sind mein Kräft gar viel zu schwach,
Dem guten Willn zu setzen nach.
Ich bin leider zu sehr verderbt,
Die bösen Lüst hab ich ererbt.

6. Ah, wie ists doch so schwere Pein,
Nichts haben und viel schuldig sein;
Und da auch gar kein Hoffnung ist,
Daß man mög zahlen eine Frist.

7. Herr Gott, mein Schuld bekenn ich dir,
Vater, ins Gricht geh nicht mit mir.
Ich will dir setzen ein Vorstand,
Jesum dein Sohn, meinen Heiland.

8. O Vater, nimm den Bürgen an,
Denn er allein bezahlen kann,
Mit seim Ghorsam und großen Gduld,
Was Adam und wir han verschuldt.

9. Auf ihn setz ich mein Heil und Trost,
Der mich mit seim Blut hat erlost;
Ich weiß kein andre Grechtigkeit,
Vater, denn dein Barmherzigkeit,

10. Die mir dein Sohn Christ hat erworbn,
Da er für mich am Kreuz gestorbn.
Sein Opfer wöllst du sehen an,
Und mich seins Tods genießen lan;

11. Daß ich durch ihn der Sünden frei
In beim Reich sein Miterbe sei,
Und dir mit dem himmlischen Heer
Allzeit finge Lob, Preis und Ehr.

Amen.

Herman, Nikolaus – Ein tröstliches Lied wider die Haus- u. Bauchsorge.

Aus dem Evangelio und Psalmen.
Im Ton: Wo Gott, der Herr, nicht bei uns 26.
Oder: Nun freut euch rc.

Ach Gott, wie gehts doch immer zu,
Daß uns so heftig plaget
Die Bauchsorg und lässt uns kein Ruh,
So uns Gott gleich zusaget,
Daß er woll unser Vater sein,
Und uns wie seine Kindelein
An Leib und Seel versorgen.

2. Wie ist doch unser Glaub so schwach,
Wie daß wir Gott nicht trauen?
Warum denkn wir seim Wort nicht nach,
Und so kränklich drauf bauen?
Weil sichs befindet in der That,
Was er jemals verheißen hat,
Daß er solchs reichlich leiste.

3. Philippi Rechnung immerdar
Im Herzen uns aufsteigen,
Viel und Wenig will sich nicht gar
Mit einander vergleichen.
Wir sehn nur, was im Vorrath ist,
Und gläuben nicht, daß Jesus Christ
Aus wenig viel könn machen.

4. Wenn wir wissen kein Steig noch Steg,
Und kümmern uns nur sehre,
Da weiß Gott hunderttausend Weg,
Wie er uns speis und nähre.
Er kann wohl speisen ohn das Brot,
Allein durchs Wort in Hungersnoth,
Und die Seinen erhalten.

5. Speist er doch vierzig ganze Jahr
Israel in der Wüsten,
Da weder Korn noch Weizen war,
Die Fels sie tränken mußten.
Eliä brachten Fleisch und Brot
Die Raben, daß er litt kein Noth,
Gott lässt die Sein nicht leiden.

6. Ah, Niemands will ihm gnügen lan
An dem, das Gott bescheret.
Der Mammon plaget jedermann,
Und Sorg, wie er sich nähret.
Drum bildt uns für die Vögelein
Der Herr Christ, die ohn Sorge sein,
Und leiden doch kein Mangel.

7. Desgleich die Blümlein auf dem Feld
Arbeiten nicht, noch spinnen,
Und haben weder Gut noch Geld,
Und können keins gewinnen;
Noch sein sie also hübsch gekleidt,
Daß mit aller seinr Herrlichkeit
Salomon ihn nicht gleichet.

8. So wir erstlich mit ganzem Fleiß
Nach Gottes Reich nur trachten,
Wahrlich, er würd uns gleicherweis
Des Leibs Nothdurft verschaffen,
Auf daß wir hätten Hüll und Füll,
Denn er allzeit versorgen will,
Die auf sein Güt vertrauen.

9. David, der König und Prophet
In seinen Psalmen saget,
Am siebenunddreißigsten es steht:
Ich bin alt und betaget,
Noch hab ich das erfahren nie,
Daß der Gerechten Kinder je
An Bettelstab sind kommen.

Psalm 33 und 34.

10. Des Herren Aug siehet auf die,
So auf sein Güt vertrauen,
Und in der Theurung nährt er sie,
Wenn sie steif auf ihn bauen;
Denn hie sollen kein Mängel han,
Die ihn fürchten und rufen an,
Er will stets für sie sorgen.

11. Drum wolln wir dir, o Herre Sott,
Alle die Sorg heimstellen,
In aller Leibs und Seelennoth
Rufen zu dir wir wollen.
Wenn uns die Bauchsorg ja anficht,
Herr Christ, laß sie uns kümmern nicht,
Daß wir kleinmüthig werden.

12. Der Glaub stimmt gar nicht überein
Mit der schnöden Bauchsorge.
Auf Gottes Hand hofft er allein,
Spricht nicht: Was essn wir morgen?
Er thut, was ihm befohlen ist,
Und lässt die Sorg dem Herrn Christ,
Der halts Alls in sein Händen.

13. Stärk unsern Glauben, o Herr Christ,
Laß uns die Sorg nicht plagen.
Hilf uns, daß wir zu aller Frist
Deim Reich erstlich nachjagen;
Daß wir nicht, wie ein Heide thut,
Stets trachten nach dem zeitlich Gut
Und das ewige verscherzen.

Amen.

Herman, Nikolaus – Von angefangenem Gehorsam und neuem Leben.

Aus dem 15. Psalm.

Wer durch den Glauben ist gerecht,
Der muß nicht sein der Sünden Knecht.
Wer wohnen will in Gottes Haus,
Muß die alte Haut ziehen aus.

2. Dem Fleisch muß er sein Willn nicht lan,
Ein neues Leben fangen an.
Den alten Adam muß er tödten,
Und zum Ghorsam zwingen und nöthen.

3. Sein böse Lust die soll er dämpfen,
Und mit dem Geist darwider kämpfen,
Damit er sterb der Sünden ab,
Und sich zu bessern Willens hab.

4. Denn wer will sein ein rechter Christ,
Der mach seinen Beruf gewiß
Laß die Sünd in ihm herrschen nicht,
Wie er sich in der Tauf verpflicht.

5. Ein Christ geht ohn Wandel her,
Recht zu thun ist ad sein Begehr,
Und ob man ihm was Args zumißt,
Tausend Zeugen sein Gwissen ist.

6. Er tröstet sich seiner Unschuld,
Bös überwindt er mit Geduld,
Von Herzen er die Wahrheit liebt,
Mit Lügen er Niemand betrübt.

7. Sein Zung den nächsten nicht verletzt,
Die Leute nicht zusammen hetzt,
Kein Schmähwort geht aus seinem Mund,
Was er redt, geht von Herzensgrund.

8. Der Gottlosen er gar nichts acht,
Kein Bund, noch Freundschaft mit ihn macht,
Sondern ehrt und liebt allezeit
Die frommen, gottfürchtigen Leut.

9. Was er zusagt mit seinem Mund,
Hält er stets fest zu aller Stund;
Ja, ja und Nein ist sein Bescheid,
Als ob er schwür ein theuren Eid.

10. Sein Geld er nicht auf Wucher giebt,
Schnöder Gewinn ihm nicht geliebt.
Schlimme Vortheil und schwinde List
Fleucht er, dieweil er ist ein Christ.

11. Auch braucht er gar kein böse Ränk,
Läßt sich nicht stechen mit Geschenk,
Daß er dem Unschuldign sein Sach
Jemands zu Gfalln zu Wasser mach.

12. Wer also lebt, handelt und thut,
Und traut allein auf Christus Blut,
Der wird wohl bleiben ohne Leid,
Hier zeitlich, und in Ewigkeit.

Herman, Nikolaus – Von ungefärbter christlicher Liebe des Nächsten.

Ein wahrer Glaub Gotts Zoren stillt,
Daraus ein schönes Brünnlein quillt:
Die brüderliche Lieb genannt,
Dabei ein Christ recht wird erkannt.

2. Christus sie selbst das Zeichen nennt,
Dabei man sein Jünger erkennt.
In Niemands Herz man sehen kann,
An Werken wird erkannt ein Mann.

3. Ja, bei der Lieb man spüret frei,
Wer ein rechtschaffner Bruder sei.
Mit dem Herzen gläubt man an Gott,
Die Lieb fleißt sich seiner Gebot.

4. Die Lieb nimmt sich des Nächsten an,
Sie hilft und dienet Jedermann.
Gutwillig ist sie allezeit,
Sie lehrt, sie straft, sie gibt und leiht.

5. Die Lieb verhebt keim ihr Wohlthat,
Wem sie dient und geholfen hat;
Denn was sie thut, thut sie aus Pflicht,
Und thut sie viel, halb thut sies nicht.

6. Sie weiß, daß sie mehr schuldig ist,
Zu thun, und ihr noch viel gebrist(gebricht).
Drum rühmt sie nicht ihr Gütigkeit,
Sie hindert kein Undankbarkeit.

7. Obgleich ihr Viel erkennen nicht,
Was ihn oftmal zu gut geschicht,
Daran eim Christen wenig leit;
Die Lieb ist sein Schnur und Richtscheid.

8. Ein Christ seim nächsten hilft aus Noth,
Thut solchs zu Ehren seinem Gott,
Welcher von ihm solchs fordern thut,
Dank man ihm drum, so ists wohl gut.

9. Wo nicht, so kümmerts ihn nicht sehr,
Denn er sucht nicht sein Ruhm und Ehr.
Was sein rechte Hand reichet dar,
Deß wird die linke nicht gewahr.

10. Wer seim Nächsten dient auf Gewinn,
Der hat sein Lohn und Ruhm schon hin;
Denn solche auch Jüdn und Heiden thun,
Die nicht wissen von Gottes Sohn.

11. Den Lohn solln wir im Himmelreich
Warten, da wills Gott machen gleich,
Und Alls zahlen bei Carols Gwicht,
Was in seim Namen hie geschicht.

12. Wie Gott lässt scheinen seine Sonn,
Und regnen über Bös und Fromm,
So solln wir nicht allein dem Freund
Dienen, sondern auch unserm Feind.

13. Die Lieb ist langmüthig, freundlich,
Sie eifert nicht, noch blähet sich.
Gläubt, hofft, verträgt Alls mit Geduld,
Verzeiht gutwillig alle Schuld.

14. Sie wird nicht müd, fährt immerfort,
Kein sauern Blick, kein bitter Wort
Sie schießen lässt, nichts Args sie denkt,
Lügen und Unrecht sehr sie kränkt.

15. Dem Nächsten hält sie viel zu gut,
Ihrs Rechts sich oft verzeihen thut.
Sie bleibt standhaft in Ernst und Schimpf.
In böser Sach braucht sie ein Glimpf.

16. Sie kann verschweigen und verhörn,
Beschönt, was sie nicht kann erwehrn,
Gott geb, was man sag oder singt,
Zum Besten deut‘ sie alle Ding.

17. Darum die Lieb das Fürnehmst ist
Darauf sich fleißen soll ein Christ,
Dem Gsetz allein die Lieb gnug thut,
Dem Nächsten thut sie alles Guts.

18. O Herr Christ, deck zu unser Sünd,
Und solche Lieb in uns anzünd,
Daß wir mit Lust dem Nächsten thun,
Wie du uns thust, o Gottes Sohn.

Amen.

Herman, Nikolaus – Der Spruch: Abraham glaubet, das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet worden.

In einen Gesang gefasset. Genes. 15.

Von Abraham geschrieben ist,
Daß er hab gläubt an Jesum Christ.
Darum die Schrift ihm giebt den Ruhm,
Daß er für Gott sei grecht und fromm.

2. In Isaak, seim Söhnelein
Sahe er Christum, Gotts Lämmelein,
Der für die Sünd der ganzen Welt
Sich geben würd zum Lösegeld.

3. Drauf faßt er all sein Zuversicht,
Vertraut auf die Beschneidung nicht.
Solche wurd ihm zur Gerechtigkeit
Gerechnet und zur Seligkeit.

4. Der Glaub an Christum hat die Kraft,
Daß er zu Kindern Gottes macht
Alle, die ergreifen das Wort,
Das sie von Jesu han gehört.

5. Drin er uns armen Sündern zeigt,
Wie uns Gott Vater sei geneigt,
Daß er uns durch sein theures Blut
Woll retten von Sünd, Höll und Tod,

6. Und beweisen Barmherzigkeit
Allen den, so ihr Sünd sind leid,
Und traun auf dich, o Herre Christ,
Gläuben, daß du ihr Heiland bist;

7. Und habst versöhnt des Vaters Zorn,
Darin wir Alle sind geborn;
Und habst bezahlt mit großer Gduld,
Was Adam und wir han verschuldt.

8. Solcher Glaub macht allein gerecht,
Kinder Gottes und liebe Knecht,
Die erben solln mit seinem Sohn,
Sofern sie auch sein Willen thun.

9. Dazu hilf uns, Herr Jesu Christ,
Mit uns es sonst verloren ist.
Verderbt ist unser Fleisch und Blut,
Ohn dein Hilf es nur Arges thut.

Herman, Nikolaus – Ein Lied vom wahren Glauben, der allein selig macht und thätig ist durch die Liebe.

Wider die Heuchler und Maulchristen rc. Gemacht im Joachimsthal.

Man mags auch auf die Weise singen:
Wo Gott zum Haus nicht gibt rc.
Oder: Erhalt uns Herr rc.

Wer hie für Gott will sein gerecht,
Sein Kind und angenehmer Knecht,
Der trotzt nicht auf sein Frömmigkeit,
Noch aufs Gebet Gerechtigkeit.

2. Das Gsetz fordert von uns zu viel,
Herz, Seel, all Kräft es haben will.
Wer nun lebt unter seinem Joch,
Der bleibt ein Heuchler vor und noch.

3. Niemand dem Gsetz genug kann thun,
Denn Christ allein, wahr Gottes Sohn.
Mit seim Gehorsam und bittern Tod
Erfüllt ers Gsetz, versühnet Gott;

4. Und erwirbt uns ein Grechtigkeit,
Die steht in Gotts Barmherzigkeit.
Dieselb er uns im Wort verkündt,
Die ist Vergebung aller Sünd.

5. Den Schatz ergreift der Glaub allein,
Und macht das Herz von Sünden rein,
Traut nur auf Gotts Barmherzigkeit,
In Christo aller Welt erzeigt.

6. Das ist zum Heil der recht Anfang,
Wenn eim sein Sünd macht weh und bang,
Und ergreift im Wort Christi Blut,
Den theuern Schatz und höchste Gut.

7. Dann macht das Herz der Glaub gewiß,
Daß Gott mit ihm versühnet ist,
Und all sein Sünd vergeben sind,
Und Gott ihn aufnehm zu eim Kind.

8. Also wurd David nach seim Fall,
Gleichwie die Sünder allzumal,
Selig und ledig aller Schuld
Und erlangt Gottes Gnad und Huld.

9. Wer nun recht glaubt, daß Christus Blut
Ihm hab erworben solches Gut,
Und woll ihm auch das ewige Leben
Aus lauter Gnad und Güte geben;

10. Sollt der sich nit Christo zu Ehrn,
Für Sünd und Schand sträuben und wehen,
Und anfangen ein neues Leben,
Sein bösen Lüsten widerstreben?

11. Wo sich nicht ändert Herz und Muth,
Und wer jetuzt wie vor lebt und thut,
Wahrlich, deß Glaub ist noch nicht recht,
Beßre Frücht er sonst mit sich brächt.

12. Ein rechter Christ sich fleißt all Stund,
Daß nicht sein Gwissen werd verwundt;
Sein Fürsatz ist dahin gericht,
Daß die Sünd in ihm herrsche nicht.

13. Auf Christum werdn wir drum getäuft,
Daß in uns werd die Sünd ersäuft,
Und alle böse Lust gedämpft.
Die widern Geist stets ficht und kämpft.

14. Christus gibt uns sein heilgen Geist,
Der wirkt in uns, vermahnt und heißt,
Treibt uns zum Besten allezeit,
Daß wir absterben der Bosheit.

15. Mit Fleiß raunt er in unser Ohr:
Du bist ein Christ, leb nit wie vor,
Deim Fleisch und Lüsten widerstreb,
Christo, beim Herrn, gleichförmig leb.

16. Sonst schwebt dein Glaub nur bloß im Maul,
Wo du zur Lieb bist träg und faul,
Und wird bei Gott nicht gelten viel,
Herz, Mund und Händ er haben will.

17. Christus zu den Maulchristen spricht:
Hebt euch von mir, ich kenn euch nicht,
Denn Gleißnersart bin ich sehr feind,
Mir lieben, die recht Christen seind.

18. Das ist das rechte Hochzeitkleid,
Wer Christo gläubt mit dem Bescheid,
Daß er auf ihn all Zuversicht
Setzt, und sein Leben nach ihm richt.

19. Drum sich betrüg selbst Keiner nicht,
Wenn Christ wird kommen zu Gericht,
Wird er vergelten Jedermann,
Was er Guts oder Bös gethan.

Amen.

Herman, Nikolaus – Ein Lied vom Amt der Schlüssel und Kraft der heiligen Absolution.

Für die Kinder im Jochimsthal.

1. So wahr ich leb, spricht Gott der Herr,
Des Sünders Tod ich nicht begehr,
Sondern daß er bekehre sich,
Thu Buß und leb auch ewiglich.

2. Drum Christ, der Berr, sein Jüngr aussandt,
Geht hin, predigt in alle Land,
Vergebung der Sünd Jedermann,
Dems leid ist, glaubt und will ablan.

3. Wem ihr die Sünd vergeben werd,
Soll ihr los fein auf dieser Erd,
Wem ihr sie bhalt im Namen mein.
Dem sollen sie behalten sein.

4. was ihr bindt, soll gebunden sein,
Was ihr auflöst, das soll los sein.
Die Schlüssel zu dem Himmelreich
Hiemit ich euch geb allen gleich.

5. Wenn ihr verkündigt diesen Trost,
Daß er durch mein Blut sei erlöst;
Bhält dieß Zeugniß im Herzen sein,
Derselb ist los von Schuld und Pein.

6. Wenn uns der Priester absolvirt,
Sein Amt der Herr Christ durch ihn führt,
Und spricht uns selbst von Sünden rein,
Sein Werkzeug ist der Diener allein.

7. Und wenn die Sünd wär noch so groß,
So werden wir derselben los
Durch Kraft der Absolution,
Die verordnet hat Gottes Sohn.

8. Wem der Priester auflegt sein Hand,
Dem löst Christ auf der Sünden Band,
Und absolvirt ihn durch sein Blut,
Wers gläubt, aus Gnad hat solches Gut.

9. Das ist der heilgen Schlüssel Kraft,
Sie bindt und wieder ledig macht,
Die Kirch trägt sie an ihrer Seit,
Die Hausmutter der Christenheit.

10. Wen nun sein Gwissen beißt und nagt,
Die Sünd quält, daß er schier verzagt,
Der halt sich zu dem Gnadenthron,
Zum Wort der Absolution.

11. Lob sei dir, wahrer Gottessohn,
Für die heilig Absolution,
Drin du uns zeigst dein Gnad und Güt;
Für Ablaßbrief, Herr, uns behüt.

Hermann, Nikolaus – Am Tage Michaelis, von den lieben Engeln.

1. Heut singt die liebe Christenheit,
Gott Lob und Preis in Ewigkeit,
Und dankt ihm für sein Güte,
Daß er der lieben Engel Schaar
Erschaffen hat, die immerdar
Unser pflegen und hüten.

2. Sie glänzen wie der Sonnenschein,
Hell wie ein Feuerflamm sie sein,
Und ganz himmlische Geister,
Und sein die schönste Creatur,
Heilig von Art und ihr Natur,
Christ ist ihr Schöpfr und Meister.

3. Sie sehen stets Gotts Angesicht,
Spiegeln sich in dem klaren Licht
Göttlicher Majestäte.
Dem singen sie Lob, Preis und Ehr,
Heilig, heilig ist Gott der Herr;
Wie anzeigt der Prophete.

4. Ihr Namen uud Ämter sie han,
Von denen, so sie zugethan
Sind hie in diesem Leben.
Denn wie hie unterschieden sein
Die Ständ, also hat ihn Gott fein
Ihr Ordnung auch gegeben.

5. Michael, unser Herre Christ,
Der oberst Engel, Gott gleich ist,
Unter seim Fähnlein schweben
All Engl, und streiten Tag und Nacht
Wider des Teufels List und Macht,
Und seim Mord widerstreben.

6. Der alte Drach, der feiret nicht,
An Augenblick tracht er und ticht,
Wie er uns mög obsiegen;
An Leib und Seel, Ehr, Gut und Hab
Beschädigen und brechen ab,
Mit seinem Mord und Lügen.

7. Erstlich erregt er Ketzerei,
Aufruhr, Mord, Krieg und Tyrannei,
Gotts Ordnung er zerrüttet.
Köng und Fürsten zusamm er hebt,
All Bündniß trennt er und verletzt,
Sein Zorn er gar ausschüttet.

8. Groß Ungewitter er erregt,
Daß oft der Hagel Alls erschlägt,
Die Luft er auch vergiftet.
Die Frücht der Erd gönnt er uns nicht,
Beschmeißt, verderbt Alls der Böswicht,
Und allen Jammer stiftet.

9. Wo ihm nit wehrt der Engel Schaar,
Unser Leib, Seel, Blut, Haut und Haar
Kein Stund blieb unverletzet.
Mit Feur und Wasser, Wind und Schnee
Uns Allen er verderbete,
So hart er uns zusetzet.

10. Wenn wir stehn in der größten Gfahr,
Nehmen die Engel unser wahr,
Und aus der Noth erretten.
Dem Daniel kein Leu was that,
Weil der Engel Gotts bei ihm steht,
Die ihn sonst gfressen hätten.

11. Da Schwefl und Feur vom Himmel kam
Verderbt Sodom und Gomorrham,
Wurd Lot dennoch, der alte,
Mit seim Weib und zwei Töchterlein
Errettet durch die Engelein,
Und beim Leben erhalten.

12. Da Petrus in dem Kerker saß
Und allbereit verurtheilt was,
Herodes wollt ihn tödten,
Da kam sein Engel in der Nacht,
Und ihn von Ketten ledig macht,
Und hulf ihn aus sein Nöthen.

13. Im feuring Ofen hat dergleich
Der Engel behüt wunderleich
Drei gottselige Knaben,
Gleichwie in einer grünen Au,
Das Feuer wurd ein kühler Thau,
Kein Hitz gefühlt sie haben.

14. Also werd wir noch heut bei Tag
Durch sie behüt für mancher Plag,
Treulich für uns sie wachen,
Streiten und kämpfen Tag und Nacht,
Han uns in guter Hut und Acht
Und wehen dem alten Drachen.

15. Deß dank wir dir, Herr Jesu Christ,
Daß du uns solche Wächter gibst,
Die uns halten in Hute,
Daß uns der Feind nicht übereil,
Und in uns schieß sein giftig Pfeil,
Bewahr uns durch dein Blute

Amen.

Hermann, Nikolaus – Am ersten Sonntag nach Trinitatis. Evangelium vom reichen Mann.

(Luc. 16.)

Es war einmal ein reicher Mann,
Der trug stets Sammet und Seiden an,
Er hätt alls gnug in seinem Haus,
Er banketirt und lebt im Saus.

2. Dagegen war ein armer Mann,
Derselb hat weder um noch an,
Sein ganzer Leib war woller Gschwür,
Er lag fürs reichen Mannes Thür.

3. Er bat nur um die Bißlein Brot,
Daß er nicht stürb für Hungersnoth,
Die sonst fallen vom Tisch herab,
Aber Niemand ihm etwas gab.

4. Sein Schwären ihm die Hündelein
Leckten mit ihren Zungen rein,
Viel größer war ihr Gütigkeit,
Denns reichen Manns Barmherzigkeit.

5. Sein Armuth leidt er mit Geduld,
Gott hat ihn lieb und war ihm hold,
Drum half er ihm von seim Elend,
Und bescheert ihm ein seligs End.

6. Sein Seel die lieben Engelein,
Da er verschied, beleiten (begleiten) sein,
Und brachten sie mit Freuden groß
Dem Abraham in seinen Schoß.

7. Darnach starb auch der reiche Mann,
Sein Gut und Pracht mußt er verlan,
Herrlich war das Begräbniß sein,
Die Seel fuhr in der Höllen Pein.

8. Da er saß in der Höllen Flamm,
Sahe er von ferne Abraham,
Und Lazarum in seinem Schoß
Sitzen, in Wonn und Freuden groß.

9. Da hub er auf die Stimme sein,
Schrie: Abraham, o Vater mein,
Erbarm dich mein, send Lazarum,
Auf daß er mir zu Hülfe komm.

10. Denn ich leid große Qual und Pein,
Laß ihn tunken sein Finger ein,
Daß er erfrisch die Zunge mein,
Mit einem Wassertröpfelein.

11. Darauf Abraham zu ihm sprach:
Gedenk, mein Sohn, der guten Tag,
Die du bei deinem Leben hast,
Da du allzeit nur schlemmst und praßst.

12. Dargegen Lazarus litt Noth,
Du versagst ihm ein Bißlein Brot,
Jetzt hat sichs Blättlein umgekehrt,
Du wirst geplagt, er wird geehrt.

13. Und ob ich ihn gleich senden wollt
Herab, daß er dich trösten sollt,
Ein große Kluft uns hindert dran,
Keiner zum Andern kommen kann.

14. Ach, so nichts werden mag daraus,
So send doch in mein Vaters Haus
Den Lazarum zun Brüdern mein,
Daß er ihn sag mein Noth und Pein.

15. Abraham sprach: Sie han Gotts Wort,
Mosen und die Propheten dort,
Laß sie die hörn mit allem Fleiß,
Das ist die allerbeste Weis.

16. Ah nein, sprach der elende Mann,
So Jemand würd vom Tod aufstahn,
Und ihn solchs alles zeigen an,
So würden sie sich kehren dran.

17. Nein, sprach Abraham, wer veracht
Gotts Wort, und der Propheten lacht,
Der glaubt auch keinen Todten nicht,
So er aufstünd und ihn bericht.

18. Das Exempel hat fürgestellt
Uns Christ, der Herr, dem sehr mißfällt,
Wenn man zuschleußt die milde Hand
Dem Dürftigen in unserm land.

19. Ah, was hilft nun dem reichen Mann
Sein Gut und Geld, drum kehrt euch dran,
Die ihr so geitzt, wuchert und scharrt,
Thut Buß, und nicht darin verharrt.

20. Ihr Reichen, nehmt euch an der Noth
Der Armen, denn drum giebts euch Gott;
Was ihr den Armen Guts werdt thun,
Das will euch zahlen Gottes Sohn.

Gebet.

Herr Christ, verleih uns in Armuth
Und Kreuz, Geduld und sanften Muth,
Und tröst all arme Lazaros,
Und hilf ihn bald in Abrahams Schoos.

Amen.

Hermann, Nikolaus – Am Sonntag der heiligen Dreifaltigkeit.

Joh. 3.

Ein fürnehmster Pharisäer,
Unter dem Volk ein Oberster,
Nikodemus mit seinem Nam,
Bei der Nacht zu dem Herren kam.

2. Meister, wir wissen, daß du bist
Von Gott kommen, dein Lehr recht ist,
Dein Wunderthaten zeigens an,
Die kein schlechter Mensch wirken kann.

3. Von dir ich gerne lernen wollt,
Wie ich doch selig werden sollt.
Christ, der Herr, freundlich zu ihm sprach:
Hör, Nikodeme, was ich sag:

4. Du mußt werden aufs nen geborn,
Mit der alten Haut ists verlorn,
Willt du gehn in den Himmel hinein,
Ein spanneuer (ganz neu, wie ein von einem Holz eben abgehauener Span) Mensch mußt du sein.

5. Ach Herr, wie kann ein alter Mann
Wieder in Leib der Mutter gahn,
Daß er aufs Neu geboren werd
Zum andern Mal auf dieser Erd.

6. Nikodeme, vernimm mein Wort,
Ich red von keiner leiblich Geburt,
Geist und Wasser die Eltern sind,
Die gebären ein solches Kind.

7. Denn was vom Fleisch geboren ist,
Ist Fleisch und bleibt zu aller Frist,
Wer aber wird geborn vom Geist,
Ein Geistlicher der ist und heißt.

8. Laß dir das nicht sein wunderlich
Obs dein Vernunft kann fassen nicht,
Hörst du doch den Wind brausen sehr,
Und weißt nicht, von wann er kommt her.

9. So geht’s auch zu mit der Geburt.
Er sprach: Das ist mir unerhört,
Wie mag doch solches nur zugehn?
Meister, ich kanns traun nicht verstehn.

10. Schau, bist du ein Meister der Schrift
In Israel, und weißt das nicht,
Das irdisch ist und sehr gering,
Wie wollst du verstehn himmlisch Ding?

11. Niemand geht durch des Himmels Thor,
Denn der vom Himmel kam zuvor,
Nämlich Christus, des Menschen Sohn,
Der Anfangs ist im Himmelsthron.

12. Gleichwie Moses ein Schlang aufricht,
Daß Alle, die wurden vergift,
Sie ansehen und würden gesund,
Die von Schlangen waren verwundt.

13. Also muß auch des Menschen Sohn
Erhöht werden mit Spott und Hohn,
Daß, wer seim Wort gläubt festiglich,
Durch seinen Tod leb ewiglich.