Neander, Joachim – Zeuch mich

Zeuch mich, zeuch mich mit den Armen
Deiner großen Freundlichkeit,
Jesu Christe, dein Erbarmen
Helfe meiner Blödigkeit;
Wirst du mich nicht zu dir ziehen,
Ach so muß ich von dir fliehen.

O du Hirte meiner Seelen,
Suche dein verirrtes Schaf;
Wem soll ich mich sonst befehlen?
Weck mich aus dem Sündenschlaf.
Guter Meister, laß mich laufen
Nach dir und nach deinem Haufen.

Wie ein Wolf den Wald erfüllet
Mit Geheul bei finstrer Nacht:
Also auch der Satan brüllet,
Um mich wie ein Löwe wacht.
Herr, er will dein Kind verschlingen,
Hilf im Glauben ihn bezwingen.

Seelenmörder, alte Schlange,
Tausendkünstler, schäme dich,
Schäme dich, mir ist nicht bange,
Denn mein Jesus tröstet mich;
Weil er ziehet, muß ich laufen,
Er will mich ihm selbst erkaufen.

Zeuch mich in den Liebesseilen,
Zeuch mich kräftig, o mein Gott,
Ach wie lange, lange Weilen,
Machst du mir, Herr Zebaoth;
Doch ich hoff in allen Nöthen,
Wenn du mich gleich wolltest tödten.

Mutterherze will zerbrechen
Ueber ihres Kindes Schmerz:
Du wirst dich an mir nicht rächen,
O du mehr als Mutterherz.
Zeuch mich von dem bösen Haufen,
Nach dir, Jesu, will ich laufen.

Mützell – Geistliche Lieder der evangelischen Kirche aus dem sechszehnten Jahrhundert