Gottfried Arnold – Das innere Weihnachtsfest.

Bisher hab‘ ich geglaubt, Maria sei allein
Die Mutter meines Herrn, und ich dürft Ihm vereinet
Durch Liebe wie ein Freund etwa dem andern sein,
Bis mir das größeste Geheimnis nun erscheinet:
Dass Christus ist in uns mit seiner Menschheit Kraft,
Der Fleisch in uns annimmt, gewinnt Gestalt mit Schmerzen,
Ein Lebenswort, das uns ein neues Wesen schafft;
So wohnt der neue Mensch in Gottes Tempelherzen;
Der gilt in Christo nur, den sieht und fühlt der Geist,
Macht’s Andern kundbar groß, als aller Wunder fülle,
Weil Gott im neuen Leib selbst offenbaret heißt,
So wächst dies Gotteskind an Alter in der Stille,
Bis es zum Jüngling wird, und zum vollkommnen Mann.-
Gib mir, o Herr, dass ich das ganz erleben kann!

Johann Baptist von Albertini – Ehre sei

„Ehre sei
Ehre sei Gott in der Höh,
an den Menschen Wohlgefallen,
Fried‘ im Erdental voll Weh!“
Menschenkinder, hört ihr’s schallen?
strahlet euch der Engel Heeresmacht
durch die Nacht?

„Mach‘ dich auf!
werde Licht!“ – ruft Gott vom Thron –
„Erd‘ in Finsternis begraben!
sieh, Ich sende Meinen Sohn,
reich gesalbt mit Geist und Gaben:
schau ihm froh in’s lichte Angesicht
werde Licht!“

Hirten, eilt
Hirten, eilt nach Bethlehem –
betet an den Himmelsknaben!
an der Botschaft angenehm
lasset Alles Anteil haben!
gehet hin, verkündigt’s unverweilt —
Hirten, eilt!

Ehr ist nun
Ehr ist nun Gott in der Höh,
an den Menschen Wohlgefallen,
Fried‘ im Erdental voll Weh!
Menschen, lasst uns niederfallen!
lasst uns um das Friedenskindelein
selig sein!

Johann Baptist von Albertini – Leuchte hell im finstern Stalle

Leuchte hell im finstern Stalle,
Gottespracht!
Seht, sie macht
ihn zum Himmelssaale!
klingt hernieder, Friedenstöne!
jauchzet Ihm,
Cherubim!
betet, Erdensöhne!

Euch ist’s Wunderkind geboren:
Gottes Sohn
kommt vom Thron
retten, was verloren.
Königszeptern, Hirtenstäben
gilt Er gleich:
Himmelreich
will Er Allen geben,

Nimm uns hin, Du Wunderbarer,
groß von Rat,
stark von Tat,
neuen Bund’s Bewahrer!
Ewigvater, Held im Kriegen,
Friedefürst!
Du, Du wirst
unsern Tod besiegen.

Johann Anastasius Freylinghausen – So ist denn nun die Hütte aufgebauet.

Johannes 1,14.

Eigene Weise.

1. So ist denn nun die Hütte aufgebauet,
Die Hütte, die der Cherubinen Heer
Und was sich sonst von Engeln findet mehr
Mit wundervoller Freud und Luft beschauet,
Weil ihres Gleichen diese weite Welt
An Herrlichkeit und Schmuck nicht in sich hält.

2. Zwar das Vernunftsaug weiß hier nichts zu preisen,
Der Schein ist schlecht, der sich von außen zeigt;
Das macht, dass der Vernunft ihr Urteil treugt,
Sie richtet nur nach den gewohnten Weisen.
Die Trefflichkeit ist hier gar sehr versteckt,
Ohn Gottes Licht bleibt sie unaufgedeckt.

3. Die Gottheit selbst hat schöners nichts gesehen,
So lange diese Erd und Himmel steht.
Seht, wie die Lust zu diesem Bau nur geht,
Vor ihm muss jene Hütte untergehen,
Weil, was dort nur in dunkeln Schatten war,
Sich hier im Wesen zeiget offenbar.

4. Die Menschheit ist die Hütte, die ich meine,
Die sich das Wort in Gnaden auserkiest,
(Das Wort, davon man schon im Mose liest)
Dass es mit ihr persönlich sich vereine,
Und seiner Gottheit Pracht und Majestät
An ihr ein Zelt, ein Haus und Tempel hätt.

5. Nicht Menschenhand, Gott selbst hat sie erbauet,
Die Werkstatt war der keuschen Jungfraun Leib;
Maria ist das benedeite Weib,
Der sich der Geist in reiner Zucht vertrauet.
Des Wortes keusche Überschattung macht,
Dass dieser Bau wird an das Licht gebracht.

6. O großes Werk, Geheimnis sonder Gleichen!
Wer hat doch, frag ich, jemals dies gehört,
Dass Gott bei Menschen also eingekehrt?
Vernunft, sei still, du wirst es nicht erreichen;
Verehre nur die unumschränkte Kraft,
Die Allmacht, die dies große Wunder schafft.

7. Gesegnet seist du, allerschönste Hütte!
Die ganze Füll der Gottheit wohnet hier,
Sie weichet nun und nimmermehr von dir,
Des Vaters Wort bleibt stets in deiner Mitte;
Und ob dich gleich der Tod in Stücken bricht,
So weicht nach solchem Bruch das Wort doch nicht.

8. Man riecht an dir die edlen Spezereien,
Des Geistes übertrefflichs Balsamöl,
Mit welchem dich dein Gott nach Leib und Seel
Zu seiner Hütte hat gewollt einweihen.
Dir ist kein Maß der Gaben angesetzt,
Was dir geschenkt, ist ohne Maß geschätzt.

9. Hier findet man den rechten Altar stehen
Zusamt dem Opfer, das uns Gott versöhnt,
Der von uns Sündern schändlich ist verhöhnt;
Das Opfervieh muss nun bei Seite gehen.
Hier ist der Born, draus Lebenswasser springt,
Das unsern Geist zur Reinigung durchdringt.

10. Hier siehet man ohn Unterlass aufsteigen
Vom Räuchaltar das priesterlich Gebet;
Man findet Brot an dieser heilgen Stätt;
Der güldne Leuchter ist nicht zu verschweigen,
Der hier mit seinen sieben Lampen brennt
Und aller Welt die lichten Strahlen gönnt.

11. Hier ist der Thron der Heiligkeit und Gnaden,
Den Engel auch gelüstet anzuschaun;
Der Glaube tritt hinzu ohn Furcht und Graun,
Empfänget Heil und Stärk für Adams Schaden.
Was Gottes Wohlgefallen an uns sei,
Wird hier durchs Licht und Recht entdecket frei.

12. Mit einem Wort: das Wort, das Fleisch geworden,
Des höchsten Vaters eingeborner Sohn,
Der in der Ewigkeit hat seinen Thron
Und huldreich sich vermählt mit unserm Orden,
Hat, was ehmals in Bildern eingehüllt
Verborgen war, in und durch sich erfüllt.

13. Gelobet sei, Jehovah, deine Treue,
Die Gnad und Wahrheit nunmehr hergestellt,
Wodurch, was Satan vormals hat gefällt,
Gerettet wird; o Seele, dich des freue!
Stimm mit der Engel Chor ein Danklied an,
Erhebe ihn um das, was er getan!

14. Du aber, der du vormals angenommen
Dies Fleisch, die arme menschliche Natur,
(O nie verspürte Heils- und Liebesspur!)
Und aus der Höh zu uns herab gekommen,
Lass auch, bitt ich, bewegen deinen Sinn
Und nimm mein Herz zu deiner Hütte hin.

Johann Baptist von Albertini – Holdseliger Knabe,

Holdseliger Knabe,
den Menschen vom Thron
zur köstlichsten Gabe
geschenketer Sohn –
0 Brudergebärde,
die Himmel und Erbe
vereinigt, und Edens verschlossenes Tor
neu öffnet! dich preist der Erlöseten Chor.

Uns bist Du gegeben,
so viel unser sind,
zum ewigen Leben,
Du heiliges Kind!
der Ewigkeit Vater,
der Menschheit Berater,
Du Herzog des Friedens, Du mächtiger Held!
Dir, Wunderkind! jauchzt die gerettete Welt,

Uns bist Du geboren,
Du göttlicher Sohn!
zum Himmel erkoren,
dem Abgrund entflohn,
lobsingen wir fröhlich:
ja heilig und selig
ertönen die Lieder, die Liebe Dir zollt!
Sie brachten dir Weihrauch und Myrrhen und Gold:

Wir bringen Dir Herzen,
kostbarer als Gold
Dir glühn ihre Kerzen;
empfange sie hold!
hör‘ unser Verlangen:
behalt sie gefangen!
entsündige, füll sie mit Klarheit und Mut!
ernähre, verew’ge‘ die heilige Glut!

Johann Baptist von Albertini – Blickt auf und seht den Wunderstern!

Blickt auf und seht den Wunderstern
es ist der Stern der Liebe:
ihr folget seinem Zug von fern –
ach, dass er stehen bliebe!
er steht und senket sich,
und funkelt wonniglich!
er leuchtet euch gen Bethlehem hin –
am Stall, am Stall erreicht ihr ihn.

Geht ein, seht’s Wunderkindelein!
es ist der Sohn der Liebe:
ihr öffnet ihm der Herzen Schrein:
ach, dass Er drinnen bliebe!
weiht nur dem Knäblein hold
statt Weihrauch, Myrrhen, Gold
das ganze Herz zum Himmelreich!
bleibt ihr in Ihm, bleibt er in euch.

Johann Baptist von Albertini – O herzliche Barmherzigkeit

O herzliche Barmherzigkeit
des Vaters in der Höhe!
der heilge Klang uralter Zeit,
der Seherruf „ich sehe!
aus Jakob steigt ein Stern empor!
der König kommt – macht hoch das Tor!“
wird wunderbar erfüllet.
Er kommt, der Held aus Juda’s Stamm,
der Überwinder, Löw‘ und Lamm:
Das Rätsel ist enthüllet.

Hernieder schwebt in lichter Pracht
ein Chor der Seraphinen:
ihr Lobgesang durchschaut die Nacht!
Gott ist im Fleisch erschienen!
Weit offen steht das Himmelreich:
so jauchzt ihr Menschen allzugleich
groß sei der Rettung Wonne!
für euch im Fleisch ward offenbar
das Wort, das Gott von Anfang war:
euch scheint die ew’ge Sonne!