Tersteegen, Gerhard – Ich bin im Kreuz, was soll ich tun

1.) Ich bin im Kreuz, was soll ich tun?
Nur wie ein stilles Schäflein ruhn
In Jesu Schoß und Willen.
Ich küsse meines Freundes Hand,
Der mir das Kreuz hat zugesandt,
Er will sein Werk erfüllen.

2.) Er fahre nur im Schmelzen fort,
Mitleiden ist ein süßes Wort,
Ich leide nicht alleine:
Sein Nahesein den Geist erquickt,
Sein Einfluss Kraft und Gnade schickt,
Auch wenn ich’s selbst nicht meine.

3.) Ich achte nicht des Kreuzes Pein,
Kann ich nur dir gefällig sein,
O Jesu, mein Verlangen:
Du bist und bleibst die Liebe doch,
Ich lieb‘ dich auch am Kreuze noch,
Mein Grund an mir bleibt hangen.

4.) Greif an, mein Herr, durch Kreuz und Leid,
Den tiefen Grund der Eigenheit.
Das Ende wird’s versüßen.
Die Leidenshitze, die mich brennt,
Verbrenne, Liebster, was uns trennt.
Bis wir in Eins zerfließen.

5.) Ich geb mich dir zum Opfer hin,
zu leiden in gelassnem Sinn,
Du weißt, ich bin der Deine.
Nur schenk mir deine Gnad‘ und Huld,
Dass ich mag leiden in Geduld,
Und dich nur lieb‘ und meine.

6.) Du funkelreine Gotteslieb,
Lass deine Kraft und sanften Trieb
Durch’s Kreuz in mir sich mehren.
Ich senke mich in dich hinein
Und will dich auch in Kreuz und Pein,
Durch’s Stillesein verehren.

Tersteegen, Gerhard – Das Kreuz ist dennoch gut

1.) Das Kreuz ist dennoch gut,
Ob es gleich wehe tut.
Der gute Gott es giebet,
Drum muss es sein geliebet.
Ei, fasse guten Mut!
Was bitter ist im Munde,
Ist innerlich gesunde,
Es ist so gut, so gut.

2.) Das Kreuz ist dennoch schön,
Kann’s gleich Vernunft nicht sehn.
Man wird im Kreuz geehret,
Mit Gottes Sohn verkläret,
Die Engel um dich stehn,
Sie schauen dich mit Freunden
Im stillen Geiste leiden.
Es ist so schön, so schön.

3.) Das Kreuz macht Gott gemein ,
Es treibt den Sinn hinein,
Der sonst gern ausspazieret
Und leicht das Herz verführet.
Nun sammelt er sich fein,
Er mag von Welt nicht hören,
Er muss in Gott sich kehren
Und wird mit Gott gemein.

4.) Wo Kreuz ist, das ist Licht.
Du kennst dich selber nicht,
Solang du nicht probieret.
Du hast, wie sich’s gebühret,
Von Gott auch kein Gesicht.
Kreuz lehrt dich alle Wahrheit,
Kreuz führt dich in die Klarheit.
Wo Kreuz ist, das ist Licht.

5.) Das Kreuz macht hell und rein,
Es fegt den falschen Schein,
Die heimelichsten Flecken
Im Kreuze sich entdecken,
Geschieht es gleich mit Pein.
Der Schaum der Eitelkeiten
Zerschmilzt in Kreuz und Leiden.
Es macht so rein, so rein.

6.) Das Kreuz macht dich gebeugt,
Geschmeidig und erweicht,
Der ungebrochne Wille
Wird kindlich, sanft und stille,
Der Geist vor Gott sich neigt,
Das Herz will gern zerfließen
In aller Menschen Füßen.
Es wird sogar gebeugt.

7.) Im Kreuze wird man klein.
Der eingebild’te Schein
Und alles hohe Dünken
Muss in dem Kreuze sinken,
Da lernt man Gott allein
Verehren und erheben,
In seinem Nichts zu leben.
Man wird so klein, so klein.

8.) Kreuz führt dich aus der Not
Ins Leben durch den Tod.
Kannst du dein eignes Leben
Dem Tod am Kreuz ergeben
Und ganz dich lassen Gott –
Bald steht der Geist im Frieden,
Vergnügt und abgeschieden
Von Jammer, Angst und Not.

9.) Ich lieb das liebe Kreuz
Und wollt aus heil’gem Geiz
Der ganzen Welt Vergnügen
Dafür wohl lassen liegen,
Ich küss es ja bereits.
Mein Kreuzesfürst, mein Leben
Sei völlig dir ergeben
Und deinem lieben Kreuz.

10.) Vom Kreuz ins Paradies,
Vom Leiden zum Genieß
Ist Jesus vorgegangen.
Willst du die Kron erlangen,
So halt das Kreuz gewiss!
O Jesu, mit mir leide,
Bis dass ich endlich scheide
Vom Kreuz ins Paradies!

Selneccer, Nikolaus – Hilf, Helfer, hilf in Angst und Not

1.) Hilf, Helfer, hilf in Angst und Not,
Erbarm dich mein, o treuer Gott!
Ich bin ja doch dein liebes Kind,
Trotz Teufel, Welt und aller Sünd‘.

2.) Ich trau auf dich, o Gott, mein Herr!
Wenn ich dich hab, was will ich mehr?
Ich hab ja dich, Herr Jesu Christ,
Der du mein Gott und Heiland bist.

3.) Des freu ich mich von Herzen fein,
Bin gutes Muts und harre dein,
Verlass mich gänzlich auf dein’n Nam’n,
Hilf, Helfer, hilf, drauf sprech‘ ich: Am’n.

Lörs, Johann Christian – Zuspruch

Ach Seele Still! Gott lebet noch,
Der Alles kräftig lenket,
Der alles Ungestüme doch,
Wies ihm gefällt, beschränket:
Er herrschet ewig, Niemand schlägt
Den güldnen Scepter, den er trägt,
Aus seinen starken Händen.

Er sitzt am Ruder, sein Compaß,
Der ewigen Rathschlüssen,
Zeigt überall doch Ziel und Maß:
Wann sich die Himmel rissen,
Wann Alles gar zu Trümmern fiel‘,
Er hat und hält die Hand im Spiel,
Es kann ihm nichts mißlingen.

Wirf eigne Kraft und Weisheit hin,
Ergiebe dich gelassen:
Weltschaden ist doch nur Gewinn
Für den, ders recht kann fassen.
Wann Alles rasselend zerfällt,
Wann Alles krachend sich zerschellt,
So halt dich blos am Herren!

Und sei versichert, keine Höh,
Kein Abgrund, keine Tiefe,
Kein Tod, kein Leben, keine See,
Wie gräßlich Alles liefe,
Kein‘ Seelenangst, kein Höllenstreit,
Kein Teufel, keine Ewigkeit
Wird dich von Jesu scheiden.

Klaiber, Karl Friedrich – Evangelische Volksbibliothek

Knaust, Henrich – Ein weiblein sagt mir freundtlich zu

Christlich und moraliter geendert.

Ich sprach meim Herrn Gott kindlich zu,
wie ich jn liebt im hertzen
Und er mir nit deßgleichen thu,
leget mir an viel schmertzen.
„Solchs ich mit fug thu, mennlin klug!
also ist mein sitt!
ju, ju, ju, ju, ju, ju!
liebs Mennlin murr nur nit!

Nimb auff zu gut mein gnad und wort,
thu dich dran fleissig keren.
Ich bin getrew wol hie und dort,
ich wil dich wol erneren.
Auff mich fest baw, ob ich gleich haw:
also ist mein sitt!
ju, ju, ju, ju, ju, ju!
liebs Mennlin murr nur nit!

Ir seit im glauben träg und faul,
bettet von Hertzen selten;
Offt bettet nur allein das maul,
bei mir müst jhrs entgelten.
Für ewer schuld geb ich mein huld,
also ist mein sitt!
ju, ju, ju, ju, ju, ju!
liebs Mennlin murr nur nit!

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer

Knaust, Henrich – Nu hab ich all mein tage gehört, rc.

Christlich und moraliter geendert, D. H. K.

NU hab ich all mein tag gehört,
wie leiden sei ein schwere pein,
So hat mir doch noch nie gebürt,
daß ichs möcht jnnen worden sein,
Dann jetzt allein, so ich groß pein
und hertzlich leid auff diser Erdt
muß schwerlich han und nemen an
zu widern, was mein Hertz begert.

Mein Hertz begert nicht anders mehr,
denn was zu Gottes ehr gezimpt;
Zu seinem dienst steht all mein bger,
sein trost mein leiden gar hinnimpt;
Wers noch so schwer, dennoch mein Herr
muß globet sein on ende,
denn ich bin sein und er der mein:
mein Gott, nicht von mir wende!

Mit freuden wil ich loben Gott
in allen meinen tagen fein,
Denn er mir hilffet auß der not,
darinn ich müst verdorben sein.
Mein hertz on schmertz jn loben sol,
und wann er mich gar tödten wolt,
wie sichs anstellt, dennoch nicht fehlt,
sein gnade mich erhalten solt.

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer

Gustav Adolph – Verzage nicht, du Häuflein klein

Verzage nicht, du Häuflein klein,
Obschon die Feinde willens sein,
Dich gänzlich zu verstören,
Und suchen deinen Untergang,
Davon dir wird ganz angst und bang:
Es wird nicht lange währen.

Tröste dich deß, daß deine Sach‘
Ist Gottes: Dem befiehl die Rach‘,
Und laß es ihn nur1) walten.
Er wird durch einen Gideon,
Den Er wohl kennt, Dir helfen schon,
Dich und Sein Wort erhalten.

So wahr Gott Gott ist, und sein Wort,
Muß Teufel, Welt2) und Höllenpfort‘,
Und was dem thut anhangen,
Endlich werden zu Hohn und Spott;
Gott ist mit uns und wir mit Gott:
Den Sieg woll’n wir erlangen!

1) Ursprünglich: schlecht, d.h. schlechthin, lediglich
2) ursprünglich: Papst

Schaff – Deutsches Gesangbuch

Witzstat von Wertheim, Hans – Ein Geistlich lied aus dem Eilfften Capitel Matthei.

KUmpt her zu mir, spricht Gottes sun,
al die jr seyt beschwäret nun,
mit sünden fast beladen,
Ir jungen, alten, fraw und man!
ich will euch geben, was ich han,
und heylen ewern schaden.

Meinn joch ist süß, mein bürd ist ring,
wers nach mir tregt inn dem geding,
dz er der hell entweyche,
Ich will jms trewlich helffen tragn,
mit meiner hilff würt er erjagn
das ewig himmelreiche.

Was ich hab thon und glitten hie
inn meinem leben, spat und frü,
dz solt ir auch erfüllenn.
Ja, was der mensch denckt, redt unnd thut,
das kumpt jm alles zrecht unnd zgut,
wens gschicht nach Gottes willen.

Gern wolt die welt auch sälig sein,
wenn nur nit wer die schmach und peyn,
die alle Christen leiden:
So kan unnd mags nit anders sein,
darumb ergib dich willig drein,
wer ewig peyn wil meiden!

All Creatur bezeüget das,
wwas lebt im wasser, lufft und graß,
durch lyden muß sich enden.
Wer dann inn Gottes nam nit wil,
der muß zu letst ins Teüffels zyl
mit schwerem gwissen lenden.

Heut ist der mensch schön, jung und lanck,
morgen so ist er tödtlich krank,
alsbald so muß er sterben:
Gleich wie ein blumen auff dem feld,
also würdt pracht unnd breng der welt
inn einem huy verderben.

Die welt erzittert ob dem tod:
wann einer ligt inn letster not,
da wil er erst frumm werden:
Einer schafft diß, der ander das,
und er sein selber stätz vergaß,
die weyl er lebt auff erden.

Und wenn er nymmer leben mag,
so hebt er an ein grosse klag,
wil sich erst Gott ergeben:
Ich förcht fürwar, die göttlich gnad,
die er allzeit verspottet hat,
werd schwerlich ob jm schweben.

Was hilfft den reychen sein grosses gut?
was hilfft den jungen sein stoltzer mutt?
er muß auß disen meyen:
Wenn einer geb die gantzen welt,
silber und gold unnd alles gelt,
noch muß er an den reyen!

Was hilfft den glerten seinn grosse kunst?
der weltlich pracht ist gar umb sunst,
wir müssen alle sterben!
Wer sich in Christum nit ergeyt,
dieweil er noch in gnaden zeyt,
ewig muß er verderben!

Darumb so merckt, jr lieben kind,
die yetzund Gott ergeben sind,
laßt euch die müh nit rewen:
Halt stätz am heylgen Gottes wort,
dz ist der seelen höchster hort,
Gott wirts euch schon betrewen.

Schawt, dz jr guts umb übels gebt,
schawt, das jr hie unschuldig lebt,
laßt euch die welt nit äffen:
Gebt Gott den rach und alle ehr,
den engen steyg geht ymmer her,
Gott würt die welt fein straffen.

Wenn es euch gyng nach fleysches mut,
mit gunst und gsund und grossem gut,
gar bald würdt jr erkalten:
Darumb schickt Gott euch trübsal her,
damit das fleysch gezüchtigt werd,
zweiger freüd erhalten.

Ist euch das creütz so bitter schwer,
gedenckt, wies hellisch feüre wer,
darin die welt muß rinnen,
Mit leib und seel das leyden sein
on underlaß die ewig pein
und kan doch nit verbrinnen!

Drumb werden wir nach diser zeyt
mit Christo haben ewig freüd,
daran soll wir gedencken.
Kein zungen dz außsprechen kan,
die glori und den ewig lon,
den uns der Herr wirt schenken!

Und was der ewig gwaltig Gott
inn seinem geyst versprochen hat,
geschworen bey seim namen,
Des helt und gibt er gwiß fürwar:
der helff uns an der Engel schar
durch Jesum Christum, Amen!

Tauler, Johannes – MEin got hat mich getrostet wol,

Noch ein liedtlein von ein ledig entsincken inn der gotheyt

MEin got hat mich getrostet wol,
bin ich ledich als ich sol,
er wil mich weder machen:
Kunt ich zumal ledig steen
und mit Christo vorwartz geen,
das wer eyn riche sache.

Nochant muß ich ferrer mee
dringen in der gotheit see,
Dar in geforcht ich nummermer,
ein stimme kan da nit klaffen:

Ach ryches wesen, wie ist dem so wol,
der in der gotheit schwimmen sol!
Sein hertz dz ist freüden vol,
Got der ist seyn sache.

Got hat mir gegeben zill,
sicher er mir geben wil,
wan ich das geschaffen,
Das eynn und eyn vereinicht wirt,
die gotheit ist jr aneblick,
das thun der lieben kreffte.

O riches wesen, wie ist dem so wol,
der in der gotheit schwimmen sol!
Seyn hertz dz ist freuden vol,
wan got der ist seynn sache.

Waldenserlied – Halte fein stille in deiner Bedrängnis

Halte fein stille in deiner Bedrängnis,
blicke nach oben aus deinem Gefängnis,
laß dich dein Elend nicht drücken
– stille, Gott will dich beglücken!

Freilich tuts wehe im Herzen zutiefest,
weil er die Hilfe, um die du ihn riefest,
wollte noch immer nicht schicken
– stille, Gott will dich beglücken!

Nächtliche Tränen, nagender Jammer,
Satansbesuche in finsterer Kammer:
Laß dich von ihm nicht bedrücken
– stille, Gott will dich beglücken!

Gott, der Allvater, der die Millionen
vor dir geführt durch all die Äonen,
wendet dir nimmer den Rücken
– stille, Gott will dich beglücken!

Schäme dich, tritt zu Boden das Zagen,
Gott will dich heben, mit Freundlichkeit tragen,
will dich im Leiden beglücken
– will mit der Krone dich schmücken!