Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Weil die Worte Wahrheit sind

Weil die Worte Wahrheit sind:
Daß man Nichts bei Gott gewinnt,
Nichts durch des Gesetzes Werke,
Nichts durch eig’ne Kraft und Stärke,
Nichts durch eigenen Verstand,
Nichts durch eine milde Hand;

Nichts durch eig’nes Heiligsein,
Wenn’s gleich mehr als Augenschein,
Wenn’s gleich Kraft und Wesen wäre;
Auch Nichts durch die reine Lehre:
Daß kein Tugendbild die Gnad‘
Näher, als ein Sünder, hat:

So ist’s billig, daß man auch
Jenen sonderbaren Brauch,
Der in heil’ger Schrift zu lesen,
Wohl bedenk‘ im tiefsten Wesen:
Niemand geht zum Himmel ein,
Als ein Kindlein, arm und klein!“

Es ist Einem wahrlich gut,
Wenn man Gottes Willen thut;
Und ein Leidens-Beispiel werden,
Das ist auch ein Glück auf Erden;
Wenn du aber müde bist,
Und dein Herz voll Wehmuth ist:

Dann ist ein ganz leichter Rath
Es bestärket ihn die That:
Man geht und fällt Ihm zu Füßen,
Und sagt Nichts von Thun noch Büßen,
Sondern spricht zum Menschensohn:
„Jesu! bin ich nicht Dein Lohn?

Hast Du etwa mich allein
Nicht erkauft, um Dein zu sein?
Da Dir Deine Müh‘ und Frohnen
Ein unzählbar Heer soll lohnen,
Würdest Du doch meiner froh,
Und ich Deiner ebenso!

Kommt mir etwa in den Sinn:
Ob ich auch in Gnaden bin?
So gedenk‘ ich an die Züge
Deines Vaters, seit der Wiege,
Und daneben denke ich:
Willst Du, Jesu! richte mich!“

Amen hat die Weise nicht, (Offb. 3,14.)
Daß Er sich so widerspricht;
Er, die Stirn voll Freudenöle,
Spricht: „Ich richte keine Seele!“.
Das muß, trotz dem Augenschein,
Eine ew’ge Wahrheit sein!

Aber wie kommt man dazu,
Daß man in der Gnade ruh‘?
Daß man nicht nur nicht verderbe,
Sondern auch den Segen erbe?
Das erfordert zweierlei:
Daß man arm und sündig sei.

Arm, das heißt: man siehet sich
Elend, blind und jämmerlich,
Und weiß nun an keiner Ecke,
Wie man seine Blöße decke;
Armuth stellt sich selber ein:
Doch man muß auch Sünder sein.

Liebe Seelen, sucht’s nicht weit!
Eure Kält‘ und Fremdigkeit
Gegen Jesum seit der Jugend
Macht den Strich durch eure Tugend!
Fühlt doch eure Dürftigkeit,
Und seht, daß ihr Sünder seid!

König Jesu! das ist wahr,
Alles das ist sonnenklar;
Eines fehlet Deiner Taube,
Nur das einzige Wörtlein: Glaube!
Ohne das kriegt Niemand Ruh,
Und wer theilt es aus, als Du?

Nun, ich weiß: mein arm Gebet
Wird vom Heiland nicht verschmäht.
Seine Armuth, seine Thränen
Helfen auch dem stillsten Sehnen.
Ich will kindlich weinen geh’n,
Bis mir ewig wohl gescheh’n.

(In Berlin 1738 seiner Mutter gedichtet.)

/aktualisiert am 20.3.2022/

Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von – Christi Blut und Gerechtigkeit

Christi Blut und Gerechtigkeit,
Das ist mein Schmuck und Ehrenkleid;
Damit will ich vor Gott bestehn,
Wenn ich zum Himmel werd‘ eingehn.

Denn tret‘ ich gleich mit vor’s Gericht,
Es kommt zu keiner Klage nicht;
Das macht, ich bin schon absolvirt,
Und meine Schuld ist abgeführt.

Die Rechnung hängt am Kreuzes holz,
Da siehet sie des Teufels Stolz;
Die Nägel, die das Lamm verwund’t,
Zerrissen ganz den alten Bund.

Wenn er nun noch so hart und schwer
Mit meinem Blut geschrieben wär‘,
So ist’s nun völlig aus damit,
Und ich bin aller Ford’rung quitt.

Ich weiß, der Teufel glaubt’s zuvor,
Daß er uns so durch’s Recht verlor,
Und alle die gefangnen Leut‘
Mit der höchsten Gerechtigkeit.

Nun, das heilig – unschuld’ge Lamm,
Das an dem rauhen Kreuzesstamm
Für meine Seel‘ gestorben ist,
Erkenn‘ ich für den HErrn und Christ.

Ich glaube, daß Sein theures Blut
Das allerunschätzbarste Gut,
Und daß es Gottes Schätze füllt,
Und ewig in dem Himmel gilt.

Nun soll auch Alles Zeuge sein,
Wie ich will in den Himmel ein.
Ihr lieben Engel allzumal,
Hört’s auch mit an in’s Himmels Saal.

Und wär‘ ich durch des HErrn Verdienst
Auch noch so treu in Seinem Dienst,
Gewänn’s auch allem Bösen ab,
Sündigte nicht mehr bis zum Grab:

So will ich, wenn ich zu euch komm‘,
Nicht denken mehr an gut noch fromm,
Sondern: Da kommt ein Sünder her,
Der gern für’s Losgeld selig wär‘.

Da singt der Vater Abraham
Mit allen Heiligen dem Lamm;
Und sieht man in ihr Buch hinein,
So steht’s, daß sie auch Sünder sei’n.

Wird dann die Frage vorgebracht:
Was hast du in der Welt gemacht?
So sprech‘ ich: ich dank’s meinem HErrn,
Konnt ich was Gut’s thun, that ich’s gern.

Und weil ich wußte, daß Sein Blut
Die Sünd‘ wegschwemmt mit einer Flut,
Und daß man nicht muß will’gen ein,
Ließ ich mir’s eine Freude sein.

Wenn nun kam eine böse Lust,
So dankt‘ ich Gott, daß ich nicht mußt‘;
Ich sprach zur Lust, zum Stolz und Geiz:
„Dafür hing unser HErr am Kreuz!“

Da macht‘ ich keinen Disputat,
Sondern das war der kürz’ste Rath:
Ich klagt es meinem HErrn so bloß,
Dann wurd‘ ich’s immer wieder los.

Da werden alle Heil’gen sich
Mit mir erfreuen inniglich,
und preisen unsern Schmerzensmann;
Dann stimm‘ ich auch mit ihnen an:

„Dem Lamm gebühret Alles gar,
Weil es für uns geschlachtet war:
Es hat die Sünde weggebracht,
Hat uns Gott angenehm gemacht!“

Nun, weil ich noch im Leben bin,
So steht mein ganzes Herz dahin,
Daß ich dem Volk der Christenheit
Drauf helfen will zu aller Zeit,

Daß unser hochgeliebter Gott
Mit Seines Kindes Blut und Tod
Uns also hoch geliebet hat,
Daß es kein Mensch faßt in der That.

Gelobet seist Du, Jesus Christ,
Daß Du ein Mensch geboren bist.
Und hast für mich und alle Welt
Bezahlt ein ewig Lösegeld.

Ach, hilf’s uns nun auch predigen,
Und aus der Grub‘ erledigen, (Zach. 11,9.)
Was nur aus Deiner blut’gen Füll‘,
Als Sünder, Gnade nehmen will!

Du Ehrenkönig, Jesu Christ!
Gott Vaters ein’ger Sohn Du bist:
Erbarme Dich der ganzen Welt,
Und segne, was sich zu Dir hält!

Ich will nach meiner Gnadenwahl
Hier fleißig seh’n in’s Wundenmaal,
Und droben prangen in dem Kleid
Dein’s Blutes und Gerechtigkeit.

(Auf St. Eustachius 1738.)
/aktualisiert 20.3.2022/

Gerhardt, Paul – Nun sei getrost und unbetrübt

  1. Nun sei getrost und unbetrübt,
    du mein Geist und Gemüte!
    Dein Jesus lebt, der dich geliebt
    eh, als dir dein Geblüte
    und Fleisch und Haut werd zugericht;
    Der wird dich auch gewißlich nicht
    an deinem Ende hassen.
  2. Erschrecke nicht vor deinem End,
    es ist nichts Böses drinnen;
    Dein lieber Herr streckt seine Händ
    und fordert dich von hinnen
    aus soviel tausend Angst und Qual,
    die du in diesem Jammertal
    bisher hast ausstanden.
  3. Zwar heißts ja Tod und Sterbensnot,
    doch ist da gar kein Sterben;
    Denn Jesus ist des Todes Tod
    und nimmt ihm das Verderben,
    daß alle seine Stärk und Kraft
    mir, wenn ich jetzt werd hingerafft,
    nicht auf ein Härlein schade.
  4. Des Todes Kraft steht in der Sünd
    und schnöden Missetaten,
    darin ich armes Adamskind
    so oft und viel geraten;
    Nun ist die Sünd in Jesu Blut
    ersäuft, erstickt, getilgt und tut
    fort gar nichts mehr zur Sachen.
  5. Die Sünd ist hin und ich bin rein;
    trotz dem, der mir das nehme!
    Hinfüro ist das Leben mein,
    darf nicht, daß ich mich gräme
    um einger Sündenlohn und -Sold;
    Wer ausgesöhnt, dem ist man hold
    und tut ihm nichts zuwider.
  6. Ei nun, so nehm ich Gottes Gnad
    und alle seine Freude
    mit mir auf meinen letzten Pfad
    und weiß von keinem Leide.
    Der wilde Feind muß nun ein Schaf,
    sein Ungestüm ein süßer Schlaf
    und sanfte Ruhe werden.
  7. Du, Jesu, allerliebster Freund,
    bist selbst mein Licht und Leben:
    Du hältst mich fest, und kann kein Feind,
    Dich, wo du stehest, heben.
    In dir steh ich, und du in mir;
    und wie wir stehn, so bleiben wir
    hier und dort ungeschieden.
  8. Mein Leib, der legt sich hin zur Ruh,
    als der fast müde worden;
    Die Seele fährt dem Himmel zu
    und mischt sich in den Orden
    der auserwählten Gottesschar
    und hält das ewige Jubeljahr
    mit allen heilgen Engeln.
  9. Kommt dann der Tag, o höchster Fürst
    der Kleinen und der Großen,
    da du zum allerletzuten wirst
    In die Posaunen stoßen,
    So soll denn Seel und Leid zugleich
    mit dir in deines Vaters Reich
    zu deiner Freud eingehen.
  10. Ists nun dein Will, so stell dich ein,
    mich selig zu versetzen.
    Ach, ewig bei und mit dir sein,
    wie hoch muß das ergetzen!
    Eröffn dich, du Todespfort,
    auf daß an solchen schönen Ort
    ich durch möge fahren!

Gerhardt, Paul – Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld

Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld
der Welt und ihrer Kinder,
es geht und träget in Geduld
die Sünden aller Sünder;
es geht dahin, wird matt und krank,
ergibt sich auf die Würgebank,
entsaget allen Freuden;
es nimmt auf sich Schmach, Hohn und Spott,
Angst, Wunden, Striemen, Kreuz und Tod,
und spricht: Ich wills gern leiden.

Das Lämmlein ist der große Freund
und Heiland meiner Seelen;
den, den hat Gott zum Sündenfeind
und Sühner wollen wählen.
„Geh hin, mein Kind, und nimm dich an
der Kinder, die von Anfang an
verdient des Zornes Ruten;
die Straf ist schwer, der Zorn ist groß,
du kannst und sollst sie machen los
durch Sterben und durch Bluten.“

„Ja, Vater, ja, von Herzensgrund,
leg auf, ich will dies tragen;
mein Wollen liegt an deinem Mund,
mein Wirken ist dein Sagen.“
O Wunderlieb, o Liebesmacht!
Du kannst, was nie ein Mensch gedacht,
Gott seinen Sohn abringen.
O Liebe, Liebe! Du bist stark,
du strecktest den in Grab und Sarg,
vor dem die Felsen springen.

Du marterst ihn am Kreuzesstamm
mit Nägeln und mit Spießen
du schlachtest ihn als wie ein Lamm,
machst Herz und Adern fließen:
das Herze mit der Seufzer Kraft,
die Adern mit dem edlen Saft
des purpurroten Blutes.
O süßes Lamm, was soll ich dir
erweisen dafür, daß du mir,
erweisest so viel Gutes?

Mein Lebetage will ich dich
aus meinem Sinn nicht lassen,
dich will ich stets, gleich wie du mich,
mit Liebesarmen fassen;
du sollst sein meines Herzens Licht,
und wenn mein Herz in Stücke bricht,
sollst du mein Herze bleiben;
ich will mich dir, mein höchster Ruhm,
hiermit zu deinem Eigentum
beständiglich verschreiben.

Ich will von deiner Lieblichkeit
bei Nacht und Tage singen,
mich selbst auch dir zu aller Zeit
zum Freudenopfer bringen.
Mein Bach des Lebens soll sich dir
und deinem Namen für und für
in Dankbarkeit ergießen;
und was du mir zu gut getan,
das will ich stets, so tief ich kann,
in mein Gedächtnis schließen.

Erweitre dich, mein Herzensschrein,
du sollst ein Schatzhaus werden
der Schätze, die viel größer sein
als Himmel, Meer und Erden.
Weg mit dem Gold Arabia!
Weg Kalmus, Myrrhen, Kassia!
Ich hab ein Bessers funden:
Mein großer Schatz, Herr Jesu Christ,
ist dieses, was geflossen ist
aus deines Leibes Wunden.

Das soll und will ich mir zu nutz
zu allen Zeiten machen;
im Streite soll es sein mein Schutz,
in Traurigkeit mein Lachen,
in Fröhlichkeit mein Saitenspiel,
und wenn mir nichts mehr schmecken will,
soll mich dies Manna speisen.
Im Durst solls sein mein Wasserquell,
in Einsamkeit mein Sprachgesell,
zu Haus und auch auf Reisen.

Was schadet mir des Todes Gift?
Dein Blut, das ist mein Leben.
Wenn mich der Sonnen Hitze trifft,
so kann mirs Schatten geben.
Setzt mir der Wehmut Schmerzen zu,
so findt ich bei dir meine Ruh
als auf dem Bett ein Kranker.
Und wenn des Kreuzes Ungestüm
mein Schifflein treibet üm und üm,
so bist du dann mein Anker.

Wann endlich ich soll treten ein
in deines Reiches Freuden,
so soll dein Blut mein Purpur sein,
ich will mich darin kleiden;
es soll sein meines Hauptes Kron,
in welcher ich will vor den Thron
des höchsten Vaters gehen
und dir, dem er mich anvertraut
als eine wohlgeschmückte Braut
an deiner Seite stehen.

Martin Möller – Nimm von uns, Herr, du treuer Gott

1) Nimm von uns, Herr, du treuer Gott,
Die schwere Straf und große Not,
Die wir mit Sünden ohne Zahl
Verdienet haben allzumal.
Behüt vor Krieg und teurer Zeit,
Vor Seuchen, Feur und großem Leid.

2) Erbarm dich deiner bösen Knecht.
Wir bitten Gnad und nicht das Recht;
Denn so du, Herr, den rechten Lohn
Uns geben wolltst nach unserm Tun,
So müßt die ganze Welt vergehn
Und könnt kein Mensch vor dir bestehn.

3) Ach Herr Gott, durch die Treue dein
Mit Trost und Rettung uns erschein,
Beweis an uns dein große Gnad,
Und straf uns nicht auf frischer Tat,
Wohn uns mit deiner Güte bei,
Dein Zorn und Grimm fern von uns sei.

4) Warum willst du noch zornig sein
Über uns arme Würmelein?
Weißt du doch wohl, du großer Gott,
Daß wir nichts sind als Erd und Kot;
Es ist ja vor deim Angesicht
Unser Schwachheit verborgen nicht.

5) Die Sünd hat uns verderbet sehr,
Der Teufel plagt uns noch viel mehr,
Die Welt und unser Fleisch und Blut
Uns allezeit verführen tut.
Solch Elend kennst du, Herr, allein,
Ach laß es dir befohlen sein.

6) Gedenk an deins Sohns bittern Tod,
Sieh an sein heilig Wunden rot,
Die sind ja für die ganze Welt
Die Zahlung und das Lösegeld,
Des trösten wir uns allezeit
Und hoffen auf Barmherzigkeit.

7) Leit uns mit deiner rechten Hand,
Und segne unser Stadt und Land,
Gib uns allzeit dein heilges Wort,
Behüt vors Teufels List und Mord,
Verleih ein selges Stündelein,
Auf daß wir ewig bei dir sein.

Quelle: Hymns of the 1912 Lutheran Hymnal for Church, School and Home Evangelical Lutheran Synod of Wisconsin and other States

Klepper, Jochen – Sieh nicht an, was du selber bist

1. Sieh nicht an, was du selber bist
in deiner Schuld und Schwäche.
Sieh den an, der gekommen ist,
damit er für dich spreche.
Sieh an, was dir heut widerfährt,
heut, da dein Heiland eingekehrt,
dich wieder heimzubringen
auf adlerstarken Schwingen.

2. Sieh nicht, wie arm du Sünder bist,
der du dich selbst beraubtest.
Sieh auf den Helfer Jesus Christ!
Und wenn du ihm nur glaubtest,
daß nichts als sein Erbarmen frommt
und daß er dich zu retten kommt,
darfst du der Schuld vergessen,
sei sie auch unermessen.

3. Glaubst du auch nicht, bleibt er doch treu,
Er hält, was er verkündet.
Er wird Geschöpf – und schafft dich neu,
den er in Unheil findet.
Weil er sich nicht verleugnen kann,
sieh ihn, nicht deine Schuld mehr an.
Er hat sich selbst gebunden.
Er sucht: du wirst gefunden!

4. Sieh nicht mehr an, was du auch seist.
Du bist dir schon entnommen.
Nichts fehlt dir jetzt, als daß du weißt:
Gott selber ist gekommen!
Und er heißt Wunderbar, Rat, Kraft,
ein Fürst, der ewigen Frieden schafft.
Dem Anblick deiner Sünden
will er dich selbst entwinden.

5. Wie schlecht auch deine Windeln sind,
sei dennoch unverdrossen.
Der Gottessohn, das Menschenkind
liegt doch darin umschlossen.
Hier harrt er, daß er dich befreit.
Welch‘ Schuld ihm auch entgegenschreit –
er hat sie aufgehoben.
Nicht klagen sollst du: loben!

Johannes Heermann – Wenn dein herzliebster Sohn

Im Ton: Allein Gott in der Höh sei Ehr.

Wenn dein herzliebster Sohn, o Gott,
nicht wär auf Erden kommen,
Und hätt, da ich in Sünden todt,
mein Fleisch nicht angenommen,
So müßt ich armes Würmelein
zur Hölle wandern in die Pein
um meiner Sünde willen.

Jetzt aber hab ich Ruh und Rast,
darf nimmermehr verzagen,
Weil Er die schwere Sündenlast
für mich hat selbst getragen:
Er hat mit dir versöhnet mich,
da er am Kreuz ließ tödten sich,
auf daß ich selig würde.

Drum ist getrost mein Herz und Muth
mit kindlichem Vertrauen:
Auf diß sein rosenfarbes Blut
will ich mein Hoffnung bauen,
Das er für mich vergoßen hat,
gewaschen ab die Missethat,
und mir das Heil erworben.

An seinem Blut erquick ich mich
und komm zu dir mit Freuden,
Ich suche Gnad demüthiglich:
von dir soll mich nichts scheiden:
Was mir erworben hat dein Sohn
durch seinen Tod und Marterkron,
kann mir kein Teufel rauben.

Nichts hilft mich die Gerechtigkeit,
die vom Gesetz herrühret:
Wer sich in eignem Werk erfreut,
wird jämmerlich verführet:
Des Herren Jesu Werk allein
das machts, daß ich kann selig sein,
der ichs mit Glauben faße.

Philipp Wackernackel – Johann Heermanns Geistliche Lieder

David Hollaz – Wir glauben, daß wir Sünder sind

wie Eines auf das Andere folgt.

Mel. Herr Jesu Christ, dich zu uns wend rc.

 Wir glauben, daß wir Sünder sind,
wir wollen uns nicht länger wehren!
Sünd, Welt, des Frommseins Ruhm und Ehren,
das werf’n wir dir zu Füßen g’schwind.

Wir nehmen Gnad, weil du’s gern gibst;
wir wollen uns nicht länger wehren;
wir danken dir mit Freudenzähren.
Nun glauben wir, daß du uns liebst.

Nun brennet unser ganzer Sinn,
mit Herzens-Lust und Freud zu wallen,
in deinen Liebeswegen allen:
nun ist’s nicht schwer mehr, wie vorhin.

Bei aller Gnade sind wir klein
und bleiben gern des Heiland’s Sünder,
gehören auch zur Zahl der Kinder,
und gehn im Glauben aus und ein.

So stehn wir fest bei Jesu Blut,
bei Seinem Kreuz! Wir kämpfen, siegen,
Sünd, Teufel, Welt muß unterliegen:
so steh’n wir fest und wohlgemuth.

So gehn wir unter Jesu Fahn
mit so viel tausend tausend Frommen,
wir werden ewig aufgenommen.
Seid treu, es geht gen Himmel an!

Zwick, Johannes – Der von dem G’setz gefreiet war

1.) Der von dem G’setz gefreiet war
Und ledig aller Sünden,
Hat sich doch unterworfen gar
Mit allen Adams Kindern.

2.) Daher auch wir jetzt frei vom G’setz
Und dem nicht unterworfen,
Denn Christus, der ist unser Schatz,
Auf den wir sicher hoffen.

3.) Das Gotteskind hat auch sein Blut
Vergossen zwar gar junge,
Damit uns solches käm zu gut
Und uns das G’setz nicht zwinge.

4.) Wen nun der Sohn ledig erkannt,
Der ist vom G’setz entronnen,
Darum wird Christus Jesus g’nannt,
Der’s Himmelreich hat g’wonnen.

5.) Doch sind wir drum nicht also frei,
Dass d‘ Sünd frei sollte bleiben
Und Sünde nicht mehr Unrecht sei,
Auch allen Mutwillen treiben.

6.) Der Herr spricht ja: Dein Gott ich bin,
Doch sollt aufrichtig wandeln.
Dein‘ volle G’nüge will ich sein,
Doch sollst du redlich handeln.

7.) Ach Gott, das lehr uns recht verstahn,
Dein Geist woll’s Herz beschneiden,
Dass wir vom Bösen mögen lan
Und d‘ Sünd‘ selbst willig meiden.

8.) Und werfen hin der Vorhaut Lüst‘
Zum Opfer dir ergeben,
Auch seien durch dein‘ Gnad‘ gerüst’t,
Nach deinem Will’n zu leben.

Tersteegen, Gerhard – Zwei Dinge sind mir immer klar

1.) Zwei Dinge sind mir immer klar
Prüf ich mein Tun und mein Gemüte
Und will gerecht ich sein und wahr:
Ich bin ein Sünder, Gott ist Güte.
Nur ihm, nicht mir gebühret Ruhm.
Das fühlen, das ist Christentum.

2.) Von eigenem Verdienste bloß
Und fern von eignem Licht und Leben,
Sag ich: Gott, deine Huld ist groß,
Du kannst und willst mir alles geben.
Mein Ruhm verschwinde ganz und gar,
Sei du in mir nur offenbar.

3.) Weg, weg mit aller Frömmigkeit,
Wobei man nur sich sieht und liebet.
Das ist der Tugend Lauterkeit,
Wenn man nur Gott die Ehre gibet.
Du führst die Demut wohl im Mund.
Doch wohnt sie auch im Herzensgrund?

4.) Man nennet sich oft arm und schwach,
Wer glaubt es aber wohl von Herzen?
Und glaubst du es, hält’s dich nicht wach
Vor Unruh und vor großen Schmerzen?
Der Demut bringt es keine Pein.
In Gott ist sie mit Frieden klein.

5.) Ein Tugendbild will ich wohl sein.
Doch nur, dass ich dir Gott, gefalle.
Vor Menschen such ich keinen Schein.
Willst du’s, vergessen mein nur alle!
Sei du nur, Gott, nur du geehrt:
Dann ist der Demut Wunsch gewährt.

6.) Führ‘ mich zu deiner Heiligkeit.
Doch soll’s die Eitelkeit nicht wissen.
Gib mir des Himmels Herrlichkeit,
Ich lege sie zu deinen Füßen.
Getrost, mein Gott, entsterb‘ ich mir.
Entzückt geb‘ ich, Gott, alles dir!