Michael Weisse – Aue Hierachia

MEnschen kind, merck eben,
was da sey dein leben!
warumb Gott seinen Son
gesandt vom höchsten thron,
hat lassen mensch werden
hie auff dieser Erden.

Nemlich, das er leret,
dich zu sich bekeret,
für deine schuld stürbe,
dir genad erwürbe,
dich vor Gott vertrette
vnd stetz für dich bete.

Vnd das er durch sein geyst,
den er einn tröster heyst,
vnd durch sein wort, kommmen
dir zu trost vnd frommen,
möcht in deinem hertzen
wonen one schmertzen.

Ey, gib stat diesem geyst,
vnd thu was dich Gott heyst,
öffne des hertzens pfort,
das Christus durch sein wort
in dich möge kommen
vnd stets in dir wonen.

Alß dann sich gar eben,
das du dich ergeben
in gottselig leben,
jnt nicht wider streben,
sonder seinen willen
allzeyt wirst erfüllen;

Seine lieb beweysen,
mit der that jn preysen,
stetz in allen sachen
munter sein vnd wachen,
das du jm in allem
möchtest wolgefallen.

Wirst du dich recht halten,
so wird er dein walten,
dich lassen geniessen
fridsamer gewissen,
dir auch zeugnüß geben
zum ewigen leben.

Yetzt must du vil leyden,
deinen willen meyden,
vnd auff allen seyten
mit dem Sathan streyten,
doch es wirdt dir wolgehn,
so du diß wirst außstehn.

Denn der Herre wird dir
durch den Tod kommen schier,
deine seel abscheyden
zur ewigen freuden,
biß die posaun angeht
vnd alles fleysch auffsteht.

Denn wird er leybhefftig,
sehr herrlich vnd krefftig
von dem Himel steygen,
reden vnd nicht schweygen,
Dir vnd allen sagen
die jetzt sein joch tragen:

Kompt, ir benedeyten,
zu der rechten seyten!
kompt, jr außerkornen,
in mir newgebornen,
in meines Vatern reich,
langest fertig für euch!

Als denn wirstu fro sein
vnd ledig aller pein,
im verklertem leben
mit dem Herren schweben,
voller freud vnd wonne,
leuchten wie die Sonne.

Wol nun dem, den Gott zeucht
vnd durch seinn geyst erleucht,
das er Christum annimbt,
wenn er durch sein wort kömbt,
vnd bey jm sein fleyß thut,
denn seine sach ist gut.

Wer aber nichts achtet,
nach Christo nicht trachtet,
sein hie zu geniessen,
der sol diß mal wissen,
das ers dort wird müssen
in der Hellen büssen.

O komm, Herre Jhesu,
schick dein armes volck zu,
dz es deinn willen thu,
darnach in deiner rhu
lobe deinen Namen
in ewigkeyt, Amen!

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer