Joachim Neander – Vor dem H. Abendmahl.

O Menschenfreund! O JEsu lebens Quell!
O Brünnlein voller Gnad, O mein erretter!
Erbarme dich, o kräfftiger vertretter!
Gedenck am mich! O mein Immanuel!
Ich stehe hier mit Furcht und Angst belegt,
Ich klag es dir, du Prüfer meiner Nieren.
Du bist ein Artzt, der Krancke Seelen trägt,
Du bist ein Hirt, der sein Schaaf selbst will führen.

Ich bin betrübt, ich fühle was mich plagt,
Mein Auge darff ich kaum zu dir auffheben,
Von ferne steh und seh‘ ich nach den Leben,
Nach dir, o Seligmacher ich nur tracht.
Aus Demuth schlag‘ ich auf die harte Brust,
Hie ligt die Sund, so mich von dir geschieden;
Ich schäme mich auch der verborg’nen Lust,
In welcher offt die Hertzen heimlich sieden.

Wo soll ich hin? Ich will zum Lebens-GOtt,
Es soll mich nichts von meinem Fels abtreiben.
Trotz Teuffel! JEsu will ich mich verschreiben,
Tod, Höll, dein Sieg und Stachel ist ein Spott!
Ich bin ein Glied an dem sieghafften Haupt,
Das Teuffel, Tod und Hölle hat bezwungen,
Ich bin durch Ihn, der Sünden-Rach entraub’t,
Es ist dem Held aus Davids Stamm gelungen.

Zu dir allen, O Heil Brun, ich nun komm,
Ich dürste sehr nach frischen Wasserquellen,
An deiner Tafel will ich mich einstellen,
Verstoss mich nicht, du bist geneigt und fromm.
Verborg’nes Manna, speise meine Seel,
Du offner Strohm kanst meinen Durst bald stillen,
Du treuer Hirt, dir ich mich gantz befehl,
Lass Hertz und Zung stäts seyn nach deinem Willen.

Des Seligen Herren
Joachim Neanders
Berühmten Reformirten Predigers zu Bremen,
Geistreiche
Glaub- Liebes
und
Bundes-Lieder.

Gedruckt in Amsterdam, zu finden
Bey Samuel Schoonwald,
Buch-händler in der Kalberstrasse. 1725