Grünwald, Georg – KUmpt her zu mir, spricht Gottes sun,

KUmpt her zu mir, spricht Gottes sun,
al die jr seyt beschwäret nun,
mit sünden fast beladen,
Ir jungen, alten, fraw und man!
ich will euch geben, was ich han,
und heylen ewern schaden.

Meinn joch ist süß, mein bürd ist ring,
wers nach mir tregt inn dem geding,
dz er der hell entweyche,
Ich will jms trewlich helffen tragn,
mit meiner hilff würt er erjagn
das ewig himmelreiche.

Was ich hab thon und glitten hie
inn meinem leben, spat und frü,
dz solt ir auch erfüllenn.
Ja, was der mensch denckt, redt unnd thut,
das kumpt jm alles zrecht unnd zgut,
wens gschicht nach Gottes willen.

Gern wolt die welt auch sälig sein,
wenn nur nit wer die schmach und peyn,
die alle Christen leiden:
So kan unnd mags nit anders sein,
darumb ergib dich willig drein,
wer ewig peyn wil meiden!

All Creatur bezeüget das,
wwas lebt im wasser, lufft und graß,
durch lyden muß sich enden.
Wer dann inn Gottes nam nit wil,
der muß zu letst ins Teüffels zyl
mit schwerem gwissen lenden.

Heut ist der mensch schön, jung und lanck,
morgen so ist er tödtlich krank,
alsbald so muß er sterben:
Gleich wie ein blumen auff dem feld,
also würdt pracht unnd breng der welt
inn einem huy verderben.

Die welt erzittert ob dem tod:
wann einer ligt inn letster not,
da wil er erst frumm werden:
Einer schafft diß, der ander das,
und er sein selber stätz vergaß,
die weyl er lebt auff erden.

Und wenn er nymmer leben mag,
so hebt er an ein grosse klag,
wil sich erst Gott ergeben:
Ich förcht fürwar, die göttlich gnad,
die er allzeit verspottet hat,
werd schwerlich ob jm schweben.

Was hilfft den reychen sein grosses gut?
was hilfft den jungen sein stoltzer mutt?
er muß auß disen meyen:
Wenn einer geb die gantzen welt,
silber und gold unnd alles gelt,
noch muß er an den reyen!

Was hilfft den glerten seinn grosse kunst?
der weltlich pracht ist gar umb sunst,
wir müssen alle sterben!
Wer sich in Christum nit ergeyt,
dieweil er noch in gnaden zeyt,
ewig muß er verderben!

Darumb so merckt, jr lieben kind,
die yetzund Gott ergeben sind,
laßt euch die müh nit rewen:
Halt stätz am heylgen Gottes wort,
dz ist der seelen höchster hort,
Gott wirts euch schon betrewen.

Schawt, dz jr guts umb übels gebt,
schawt, das jr hie unschuldig lebt,
laßt euch die welt nit äffen:
Gebt Gott den rach und alle ehr,
den engen steyg geht ymmer her,
Gott würt die welt fein straffen.

Wenn es euch gyng nach fleysches mut,
mit gunst und gsund und grossem gut,
gar bald würdt jr erkalten:
Darumb schickt Gott euch trübsal her,
damit das fleysch gezüchtigt werd,
zweiger freüd erhalten.

Ist euch das creütz so bitter schwer,
gedenckt, wies hellisch feüre wer,
darin die welt muß rinnen,
Mit leib und seel das leyden sein
on underlaß die ewig pein
und kan doch nit verbrinnen!

Drumb werden wir nach diser zeyt
mit Christo haben ewig freüd,
daran soll wir gedencken.
Kein zungen dz außsprechen kan,
die glori und den ewig lon,
den uns der Herr wirt schenken!

Und was der ewig gwaltig Gott
inn seinem geyst versprochen hat,
geschworen bey seim namen,
Des helt und gibt er gwiß fürwar:
der helff uns an der Engel schar
durch Jesum Christum, Amen!

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer

Schreibe einen Kommentar