Piscator, Johannes – Ein Christliche Klag, Trost und Gebet

Ach, lieber Got,
Was Jamr und Not
Ist in der Welt an allen Orten!
Doch schirmstu fein
Die Gläub’gen dein
Wider List und Gewalt der Hölle Pforten.

Drumb will ich mich
Ganz sicherlich
Verlassen thun auf dein Zusage,
Seyn wolgemut
Und alles gut
Von dir erwarten ohn Zagen.

Doch ist’s dein Will,
Dass ich halt still
Und etwas leid in diesem Leben:
So gieb Gedult
Durch deine Hult,
Dass ich dir ja nicht widerstrebe.

Die Welt ist schnöd,
Das Fleisch ist blöd,
Der Teufel auch umbher thut schleichen.
Drumb mich bewahr
In aller G’fahr
Und nim mich endlich in dein Reiche.

Piscator, Johannes – INN deim Namen, O Hoher GOT

INN deim Namen, O Hoher GOT
geb ich mich auf die Strasen:
Ich wag es auf dein Güt und Gnod,
du wirst mich nun nicht lasen.
Dan du bist je auch vnser GOT,
der vnserm ein vnd ausgang rhot,
du thatst es so bestellen,
Auf das, so wir Raisen allhie,
denken, das wir sint Pilger ie
vnd dorthin müsen stellen.

Zu Raisend Leuten hastu lust
vnd fräud zuhelfen jnen,
Dan auch dein liber Son je mußt
raisend sein Amt beginnen,
Als er floh inn Egipten gschwind,
da Herodes nachtracht dem Kind,
das er es pring zu falle.
So raißten auch die Väter all
vnd das Volk Israel zumal
vnd die Aposteln alle.

Wie nun denselben gholfen hast,
das sie jr thun erraichten,
Also wöll auch dein Gnaden glast
meim fürnemen vorleuchten:
Wie forgingst dem Volk Israel
Nacht vnd tags inn der Wolken hell,
also dein Gnad mir scheine;
Las vber mich aufgehn dein Güt,
wie die schön Morgenröt herplüht,
dein trost mich stäts anscheine.

Kom vns heut vor mit deiner Gnad,
frü vns dein Güt erwecke,
Behüt vns auch den Abend spat,
das vns nicht args erschrecke,
Das vnser Gaist auch wach zu Nacht
zu dir, der du hältst die Schiltwacht
durch ganze Engelshaufen,
Welche sich vm vns lägern her
wie ain stark Wagenburg zur Wehr
widers Teufels anlaufen.

Dein Engel gib mir allzeit zu,
die mich auf meim Weg laiten
Vnd pringen mich gsund haim zu Rhu,
vnd mein geschäft beraiten,
Gleichwie der Jung Tobias het
den Raphael zum Gfärten stät,
vnd jm glücklich erginge:
Dan wa du nicht zur seiten bist,
da praucht der Teufel gleich sein list,
das er inn Not vns pringe.

O HERR, bewar für Wassersnot,
für Lebensgfärlichkaiten,
Für des Schwerds schärf vnd gähen Tod,
für Gift vnd schnell Krankhaiten,
Für Vngewitter, Hagel, Feur,
für Thirn vnd Menschen vngeheur,
für Vnnützen Gefärten,
Für vnverschamten Herzen auch,
rochlosen Leuten, argem prauch
vnd anderen beschwerden.

Erhalt mich Nüchtern auf der fart,
dan Fülle pringt mutwillen.
Schaff, das mein Herz sei rain verwart,
nichts arges zu erfüllen.
Bewar mein Zung vor falscher Red,
trug, schandparkait vnd Afterred,
das ich kainn ärger, schmähe;
Verleih mir auch gnad, Rhat vnd Kräft,
das ich nuzlich ausricht mein gschäft
vnd allain auf dich sehe.

Beweis dich mir, wie dich beweist
dort Jacob, dem Erzvater,
Als er weit zu dem Laban raißt
vor seines Pruders hader;
Halt mir, was jm dein Güt verhaißt,
als er weit inn Egipten Raißt,
da du jm thätst zusagen:
«Ich will zihen hinab mit dir,
vnd will dich herauf füren mir»:
wer wolt zu dem Wort zagen?

Konstu die Kinder Jsrael
durch vngbant Wüsten füren,
Ja durch das Mör on allen fäl,
was solt mir dan nicht gbüren?
Dieweil ich je auch binn dein Kind,
der dir durch dein Son binn Versünt
vnd durch sein Lib dir Libe:
So führ mich nun durch deinen Sun
auf diser Rais in meinem thun,
das mich nichts args betrübe.

Zu dir mein Gsicht heb ich allain,
daher all hülf entspriset.
Vom HERREN scheint mir hülf herein,
von GOT mein Trost herfliset.
Dan Er die Sünd verzeihen kan
vnd nimmt mich gern vm Christum an,
der dis Elend versuchte,
Damit er aus dem Jamertal
vns prächt inn seines Vaters Sal
vnd das Verloren suchte.

O Christe, frü stärk mich dein Gnad
wie ain Tauwolk des Morgens;
Erquick mich wie der Regen spat,
so darf ich nicht vil sorgens.
Mir soll nicht grausen vberal,
ob ich wandert im finstern thal,
weil mich tröstet dein Stecken,
Dein Stab mich vor dem Fall wol stüzt,
dein ausgestreckter Schilt mich schützt,
wer wolt drunter erschrecken?

Vm solche deine Güt, O GOT,
wollen wir dir Lobsingen,
So bald die libe Sonn aufgoht,
mit den Feldvöglin klingen
Vnd abends, wann die Nacht einpricht,
dir dancken für dein Ewigs Licht,
welchs inn vns pflanzt dein Gaiste.
O GOT, schlis inn dein Hand mein Sel,
mich vnd das mein ich dir befel,
dein Hülf zur Rais mir leiste.