Maler, Martin – Auß herzlichen muot und eufer

„Ein tröstlich lied von unsern lieben und getreuen bruoder Martin Maler, welcher selb sübender zuo Gminden im Schwabenland umb der göttlichen warheit wilen mit dem schwert hingericht worden im 1531 jar.“

„Im ton: Ich stuond an einem morgen etc.“

1
Auß herzlichen muot und eufer
kan ich nit underlon,
– die liebe tuot mich treiben –
daß ich fang singen an,
Gottes wundertat zuo bringen her,
zuo einem neuen muote,
zuo pflanzen Gottes er,

2
nachdem nun Gott der herre
sein macht bewisen hat,
in nahent und in fere
offenbart sein getlichen rat
durch frome zeugen Jesu Christ
umb der menschen hail wegen,
wie oft geschehen ist

3
von anfang dieser welte,
von alen zeiten her,
allen menschen firgstelet
sein große macht und ler,
den weg zuor ewigen säligkeit,
ire selen vom verderben
bringen zuor ewigen freid;

4
wirt aber nit angenomen,
wie guot es maint der herr;
niemand wil zuor hochzeit komen,
verachten rat und ler;
seine boten sie erwirgen ton,
durch feuer, waßer und schwerte
gibt in die welt den lon.

5
Wie solches auch geschehen,
als man gezelet hat
ain tausent und fünf hundert
ain und dreißig, ich sag,
daß man hat gfangen gnumen
süben rechte steife helten
umb göttlich warhait schon.

6
Ein getreuer lerer grechte,
diener des worts Gottes schon,
bezeugt die warhait rechte,
Martin Maller mit nam,
tet man in gfenknus legen balt
sambt seinen lieben bruedern
ganz tieranischer gstalt.

7
Vil tet man in handieren
mit betrug und argen list,
ob sie ’s mechten verfieren,
wie Eva gschehen ist
mit der vergüften, falschen schlang;
mit vil lesterung und lugen
treibens vast ein jar lang.

8
Aber die christlichen helten
waren steif und herzhaft,
in Gott gar wol gesterket;
der gab in geistes kraft,
auch mund und weisheit also frei,
daß ir glaub sei zuom leben
und die rechte warheit sei.

9
Dargegen ir glaub und leben
gottlos und heidnisch ist,
der warheit ganz entgegen,
beweist die ler Jesu Christ;
sollen nur selbis bei zeit absten
von iren gottlosen leben,
wolten sie in geraten han.

10
Aber die gottlos rotte
hielten streng und häftig an:
solen absten on spote,
iren glauben verlaugnen ton;
demnoch sollen züehen hin
zuo irem weib und kinde,
wolten sie laßen gan.

11
„Das wel Gott nimermere!“
antworten sie wol getröst,
„wolen lieber erlich sterben,
ist uns das allerbest;
bevelhen unser weib und kind
unserm lieben Gott und herren,
dem sie vertrauet sind.“

12
Als sie nun bständig waren
in iren steifen muot,
auf iren glauben zuo beharren,
setzten dran leib und bluot,
waren die gottlosen balt bedacht,
durch das schwert hinzuorichten,
hat man das urtl brach.

13
Dan hieltens nit lange stille,
stelten es ins werk gar bald,
nach Satans rat und wilen
fuoren sie fort dergstalt,
namens von der gefenknus herauß
und fierten sie von dannen
biß zuo iren rathaus,

14
da vil volk versamlet waren,
zuo sehen, was werden wolt;
da hat die gottlos schare
ir urtl verlesen balt
mit falschen, verkerten worten vil,
die brueder teten heren,
schwigen darzuo nit still.

15
Ser manlich antwort gaben,
ganz unerschrockner gstalt,
daß falsch wer ir anklagen,
es sei ein lauter gwalt:
„Ir miest vor Gottes angesicht
darumben antwort geben
wol an dem jüngsten gricht!“

16
Weil aber die unschuld zware
gilt bei den wolfen nicht,
ir tichten und trachten gare
ist nur zuom wirgen gricht,
dahin stet all ir sünn und muot,
die warhait außzuoreiten,
zuo vergießen unschuldigs bluot.

17
Also ist’s auch ergangen,
fierten die brueder balt
mit schwerter, spieß und stangen
all süben mit gwalt
hinauß zuor richtstatt zuo dem tod,
vil volks zuogegen waren
in irer letsten not.

18
Der diener dazuomale
red zuo sein bruedern schon
und tet sie Got bevelen
in seinem himelstron,
und baten Gott von herzengrund,
daß er in wel beistane
in irer letsten stund.

19
Der diener red noch mere
im außfieren zuomal;
ein bruckelen war nit fere,
darüber sie giengen all,
sprach er gar laut vor meniglich:
„Das tuo ich euch allen sagen,
wil euchs vorhalden nit:

20
„Ir fiert uns über d’brucken
zuom tod umb unschuld wil;
welt euer sünd nit schmucken!
wirt euch nit helfen vil;
ir werd kein fromen nimermer
fieren über diese brucken,
sag ich so frei daher.“

21
Das gschah auch balt, un lange,
daß es geschehen ist:
ein schrecklichs weter kame,
wind, waßer zuo diser frist;
das rüß die brucken auß dem grund
und tet gar nichts dran bleiben,
daß man etwas mer fund.

22
Auf die richtstatt ist man komen,
do stuond das volk herumb
und machten ein umrüngen;
das sahen die brueder fromb;
der jüngst auß inen, ein milnerknab
bei sechzehen jaren alte,
der fieng nun an und sprach

23
mit lauter stim on zagen
zuom volk und meiniglich:
„Secht, stehet von sünden abe,
ein ieder bekere sich
zuo dem glauben in Jesum Christ!
er ist allein der wege,
den er selber vorgangen ist.“

24
Ein edler herr, wie ich sage,
rit in den ring hinein,
wol zuo dem milnerknabe,
sprach: „Lieber sone mein,
ich bit dich, volge mir dißmal,
ste ab von deinem glauben;
ich wil dich versorgen wol.

25
„Ein pfriend wil ich dir geben,
solt al zeit bei mir sein,
erhalt dein junges leben,
widerruef den irtumb dein!
so soltu haben guote tag
alle zeit deines lebens;
bedenk eben, was ich sag.“

26
Der knab antwortet mere
und redt gar inüglich:
„Das wolt Gott nimermere!
er tuo behieten mich,
ein solche torheit zuo begen,
das zeitlich guot zuo lieben
und vom glauben absten.

27
„Meinen Gott zuo verlaßen,
das stuend mir übel an,
mich zeitlichs guot anmaßen,
das mir nit helfen mag,
das sei von mir gar weit und fer!
eines beßern tuo ich warten,
das verhaist mir Gott der herr.

28
„Darumb will ich lieber sterben,
steif bleiben biß ans end;
das wirt mir gnad erwerben
bei Gott und seinen kind,
damit das leiden Jesu Christ
an mir auch werd erfunden,
der fier mich gstorben ist.“

29
Der knab war jung an jaren,
aber im glauben alt;
das sein recht graue hare,
macht dem fromen schene gstalt,
ein kron der ewigen säligkeit,
wen grau ist der verstande,
gegründt in der warhait.

30
Also haben sie alle süben
die warhait steif bekent
und aufrecht bständig bliben,
namen ein säligs end;
durch das schwert hingerichtet sein,
enthauptet, wie ich sage,
als schäflein Gottes rain.

31
Ir bluot habens vergoßen
mit unserm herren Jesum Christ
und ir leben gelaßen,
wie er uns vorgangen ist,
und haben erlangt der marterer cron,
die er i wird aufsezen
in seinem reich so schon.

32
Noch mer wirt hie erzelet,
was sich begeben hat,
wie Gott wunder firgstellet
zuo Gminden bei der stat,
da die brueder gerichtet warn,
meinten, es wer am orte
und sei nun also gar:

33
Do keret das volk umbe
und gieng iederman haim
und kam daher der abent
und auch schon spat tet sein,
da zoch ein wandersman die straß,
wist nit, was da gschehen ware
und was firgangen was.

34
Als er nun dahin kame
von der richtstat nit weit,
heret er so ser schön singen,
loset mit großer freid,
als er ei engl von himmelstron
mi ganz lieblicher stime
holtselig zuo heren an.

35
Stuond also gleich da stille,
sinnet dem wunder nach
und was da werden wolle,
auch was da sei die sach;
ab es gewiß und warhaftig wer,
das tat er recht erkennen
und hat kein zweifel mer.

36
Tet auch mit augen sehen
süben helle liechtlein klar;
des wundert er sich sere,
wist nit, was geschehen war;
ward im ser lieblich zuo der stund,
ward im tröstlich von herzen,
sagt er auß seinem mund.

37
Das kund er nit verschweigen,
was er gehert und gsehen hat,
verkundigt es den leiten
wol in derselben stat.
Das ward lautprecht zuor selben stund,
es kam auch fir den rate,
die forscheten auch den grund.

38
Weil es nun verdächtig ware,
ganz einer mordat gleich,
war inen ein schlechte ere,
kundens vernemen leicht,
beruefen balt den wandersman,
teten mit im handieren,
daß er solt schweigen ton.

39
Also tuot der gottlos haufen;
wo ein liecht wolt aufgan,
tuon balt zuosamen laufen,
solches zuo verhündern schon,
gleich wie die auferstehung Jesu Christ,
die pfaffen also eilten,
stileten zuor selben frist.

40
Nun aber Gott der herre
wirt es machen offenbar,
man wirt ims nit erweren,
wirt komen ans liecht so klar,
wie sie verstockt gewesen sind
in irer großen boshaite,
wie sie waren so blind.

41
Wie es zuom tail schon gschehen,
wie angezeiget ist,
hat sich noch mer begeben,
das merk ein ieder christ:
die selbigen urtlsprecher all
ein schwäres end genomen,
wie man solches weiß gar wol.

42
Vorlengest und iezunder
erzaigt sich Gott der herr
mit zeichen und mit wunder
von anfang der welt biß her
mit großer kraft und wundertat –
hilft aber ales nichte
biß an den heutigen tag!

43
Christus troet gar schwere,
die seine boten verachtet han
und sie nit wolten heren,
denen wirt es gar übl gan,
erger als Sodoma, Gomora gleich,
die mießen geworfen werden,
gar in den feurigen tei.

44
Das hab ich welen berichten
die lieben brueder mein
und schwestern auch desgleichen,
welche noch eufrig sein,
daß sie nit ablaßen in iren muot
sonder steif und standhaft bleiben,
biß sie erlangen das ewige guot.

45
Ir alerliebsten meine,
merkent zuo tausentmal,
was das fir helten seine,
die solche prob zuomal
ja als das guote, reine golt
in der hechsten not beweret,
es kost nun, was es wolt.

46
Sein sieben guldene leichter
und süben klare stern;
die süben guldenen amplen
leichten im haus des herren
und auch am jenen tag zuogleich
werden ire angesicht leichten
wie die sonne ins vattern reich.

47
Wir büten Gott den herren
umb sein hilf und beistand,
daß er uns gnad vermere
und hilft uns allen samen,
daß wir auch manlich streiten gleich
durch Jesum Christum. Amen.
D helf uns in sein reich!