Wilhelm von Keysel – Köln am Rhein

„Ein ander Marterlied von Jörg Ladenmacher und Wilhelm von Keysel. Im Thon, Ich such den Herren von Falckenstein, Oder, Es gieng ein Fräulein mit dem krug.“

Zu singen wil ich heben an
deß Herren wunderthaten,
Der Herr geb, daß es jederman
zum besten mög gerathen.

2. Herr, thu mir auff die Lefftzen mein,
daß mein mund mög verkünden
Das lob und preiß in deiner gmein
jetzt und zu allen stunden.

3. Nun merckt: Zu Cöllen an dem Rein
thet man mich kürtzlich greiffen
Wol umb die rechte Warheit rein,
davon wolt ich nicht weichen.

4. Als man schrieb zwey und sechtzig jar,
ward ich allso gefangen,
Ist manchem kundt‘ und offenbar,
bin willig mit gegangen.

5. Sie führten mich auff einen Thorn,
thet doch nit lang drauff bleiben,
Da merckt ich erst deß Drachen zorn,
den er thet mit mir treiben.

6. Man thet mich bald am hellen tag
ins Grafen Keller führen,
Da auch noch ein gefangner lag,
mein Bruder in dem Herren.

7. Da ward manch netz und strick gelagt,
zu fangen unser leben:
Dem Herren sey der preiß gesagt,
er hat sie lassen fehlen.

8. Vom Kindertauff war ihr geschrey,
den solten wir recht preisen,
Ohn Gottes wort mit Sopghisterey
wolten sie jn beweisen.

9. Eins mals theten sie schmeylen thun,
eins mals gar schärplich drewen
Mit pein und todt: aber davon
theten wir uns erfrewen.

10. Sie sungen süß, sie sungen sawr,
es mogt uns nicht bewegen,
Dann unser Hertz stund wie ein mawr,
der Herr thet unser pflegen.

11. Der Graff verhieß auch Jörgen gelt,
sein magd zu einem weibe,
So fern er nur abweichen wölt:
bey der warheit wolt er bleiben.

12. Er sprach: Dein magd, dein gut und gelt
mag mich zu Gott nit bringen,
Ein bessers hab ich mir erwelt,
darnach hoff ich zu ringen!

13. Es war ein kluger geist an mir,
wolt mich in England führen,
Der hett mich auch gestürtzet schier,
Gott aber thet es wehren.

14. Als nun hertrang die letzte zeit,
darnach uns thet verlangen,
Daß wir zum Opffer würden breit,
dem Herren wir lob sangen.

15. Da theten sie uns beyd herauß
vons Grafen Keller führen
Zu einem Saal in seinem hauß
deß nachts zu einer uhren.

16. Da trieb man mit uns manche red,
man thet uns satzen eben:
Jörgen darzu stillschweigen thet,
kein antwort thet ich geben.

17. Das wehrt die halbe nacht durchauß,
biß es anfieng zu tagen,
Da thet man auß des Grafen hauß
zum Rein still mit uns jagen.

18. Da man nun also mit uns lief
heimlich zum Rein so schnelle,
Allda Jörgen zum Grafen rieff
mit lauter stim so helle:

19. Herr Graf, wo ist ewre zusag,
die ihr uns habt gegeben,
Da ihr sagt, daß ihr uns bey tag
wolt bringen von dem leben?

20. Niemand kehrt sich an solche wort,
man thet mit uns fortbringen,
Biß daß man uns bracht an den ort,
da man uns wolt umbringen.

21. Hie sind auch fein erfüllt die wort,
die David spricht, merck eben:
Unschuldig leut heimlich ermort,
der Herr wols jnn vergeben.

22. Ja, Herr, ich bitt von hertzen grund,
thus jnn zur sünd nit rechen,
Die doch nit wissen, was sie thund,
drumb thus an jnn nit rechen.

23. Sie meynen dir zu dienen dran
und dich damit zu ehren:
Herr, gib dus jnn recht zu verstahn,
daß sie sich zu dir kehren!

24. Da man uns nun auffs wasser bracht,
hab ich mich außgezogen,
Mein händ auffs gfüß glegt und gedacht,
ich wolt bald kommen oben.

25. Da dacht ich nun selber bey mir,
ich solt recht Priester werden
Und bringen das recht opffer dir
und kommen von der Erden.

26. Diß ward mir aber abgeschlagn,
mocht mir nicht widerfahren,
Mann hieß mich ziegn die Kleyder an
und hieß mich länger harren.

27. Allda thet Jörgen vorhin gan,
daß er opffert sein leben;
Deß fridens kuß bot er mir an,
den hab ich jm auch geben.

28. Drauff legt er seinen Hut gleich ab
und ist also gestorben;
Der Rein ward seinem fleisch ein grab,
die Kron hat er erworben.

29. Da sprach der Hencker zu mir schnell:
thu dein kleyder anlegen!
Zum landt ich dich nun führen wil
und dir den Kopf absegen.

30. Da war ich willig und bereyt,
der preyß der sey deß Herren!
Ich sprach: Was Gott zulest alzeit,
mögt ir mit mir verkehren.

31. Als wir nun kamen an das landt,
hond sie mich frey gelassen,
Der Hencker sprach zu mir zuhandt:
geh nun hin deine strassen!

32. Ach lieber Gott und Vatter mein,
wie sol ich dir doch dancken,
Daß du mich hast erhalten sein,
auff daß ich nit thet wancken!

33. Also ward nur ein Schäflein gschlacht,
das ander länger beydet,
Biß das es feister würd gemacht,
mit Gottes wort geweydet.

34. Also hand wir mit Lewen wilt
und mit Wölffen gerungen,
Der Herr war unser schutz und schild,
darumb ist uns gelungen.

35. Drumb, liebe Brüder und Schwester mein,
thut euch mit fleiß bereyten,
Damit ihr auch geschickt mögt seyn,
mit solchem feind zu streiten!

36. Bittet auch Gott vor mich mit fleiß,
daß er mich woll erhalten,
Biß an das end zu seinem preiß
von jm bleib ungespalten.

37. Nun börgen sie fast gern die that,
thuns mit lügen außstreichen,
Sie sprechen, in der letzten not
hab Jörgen wollen weichen.

38. Sie sagen auch, daß ich am endt
die warheit hab auffgeben,
Hab mich von Gottes wort gewendt,
drumb sey ich noch im leben.

39. Die laß man immer liegen hin,
sie habens keinen frommen!
Laßt uns dem Herren dancken drinn,
sein wort ist zu uns kommen.

40. Die Phariseer, das ist war,
wollten mit lügen demmen
Die aufferstendtnuß Christi klar,
deß mußten sie sich schemen.

41. O Cöllen, Cöllen an dem Rein!
wann wiltu eins satt werden
Des bluts der Heilgen Gottes fein,
die du tödest auff erden?

42. Ihr thut noch zieren immerdar
die Gräber der Propheten,
Die gräber auch der Grechten klar,
wie ewre Eltern theten.

43. Ihr sprecht: Hetten wir do gelebt,
da man sie thet ermorden,
Wir wolten haben widerstrebt,
ihrs bluts nit theilhafft worden.

44. Damit gebt ihr je zeugnuß klar,
daß jr seid Mörder kinder,
Darumb brewt Christus weh, weh gar,
wo jr nit laßt von Sünden.

45. Drumb laß von deinem wüten ab
und thu dein Sund bekennen,
Sonst wirt die Hell werden dein grab,
ewig fewr wirt dich brennen!

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer