Juda, Leo – Der LXXII. Psalm

Dem künig unnd regenten din,
dem du zu gut
dinem volck verordnet hast
Dem gib, o Gott, verstand und sinn,
hertz, krafft und mut
sinem sun, den er verlaßt,
Das er erkenne dine recht
einfalt und schlecht
din volck allzyt verwalte,
Mit grechtigkeit unnd billicheit
dem trengten din, wie es sol sin
gericht und rechte halte.

2. Denn bringed frid die berg, die thal
gerechtigkeit
dem volck rüwig zewonen,
So es mag wandlenn überal
sicher on leid
sin niemen darff verschonen,
So din regent der armen klag,
die sich all tag
imm volck erhebt, verhöret,
Die trengten lößt, der land erößt,
der büben rott, jrn fräuel, spott,
trutz, gwalt und boch zerstöret.

3. Denn werdend dich vor augen han
wyb und ouch man,
o Gott, und dich vereeren,
So lang die Sonn am himmel sten
blybt sampt dem Mon,
in dinem lob verzeeren
Sins fürsten zukunfft gnadenrych
dem rägen glych
von oben hrab gerisen
Und alsder touw ein düne ouw
hüpschlich begößt, das groß dünn dann sprüßt
uff abgemäyter wisen.

4. Dann blüyt der fromm, frids wird denn vil
by siner zyt
so lang der Mon wirt glentzen,
Sind rychs gebiet, sinr herrschafft zil
vast breit und wyt
von Meer zu meer thut grentzen.
Der Mor sich vor jm niderstreckt,
sin fynde leckt
mit forcht vor jm die erden,
Die künig all mit rechtem schall
jm gaaben vyl bringen mit yl,
all Heiden dienen werdend.

5. Von unbill er den armen schnäll
entledigen,
so er hilfflos thut schryen,
Nit laßt er jn in ungesell
noch schedigen,
vom trang wirt er jn fryen.
Früntlich ouch dem zu aller zyt,
der armut lydt
erlößt jn von dem schaden,
Des wuchrers trang, des fräflers zwang
(dann er jr blut thur schetzt und gut)
wirt er sy schnäll entladen.

6. Glück zu dem küng vil guter zyt!
Arabisch gold
wirt man jm willig geben
Unnd jn daby anbätten wyt, die jm sind hold,
dann er wirdt ewig läben.
Der som gesäyt inn bergen hoch
ein handuel noch
wirdt vil der früchten bringen,
Glych wie das holtz und erben stoltz,
die imm Liban sind, bewegt vom wind,
wirt dann das korn erklingen.

7. Vil volcks wirdt in den stetten syn
wie loub unnd graß
werdend sich immer meeren.
Ewig wirt auch der Name syn,
von yetz fürbaß
wirt er gepflantzt mit eeren.
Glückhafft werdend alle Heiden sich
schetzen und rych
in jm, jn allweg brysen:
Globt sey der Velß, Gott Israels!
dann er allein on bystand gmein
groß wunder thut bewysen!

8. Sin Namm sy globt in ewigkeit!
sin maiestat
mag niemant gnüg volloben.
Sin rych, zierd, eer und herrlichheit,
die er yetz hat
bym vatter hoch da oben.
Das erdtrych ist voll siner eer,
ye mer und mer
gebrisen wirt sin Namen.
Die frommen all, den diß gefall
willig und fry on glychßnery,
die sagind frölich Amen!

Juda, Leo – GOtts gnad und sin barmhertzigkeit

GOtts gnad und sin barmhertzigkeit
ist dem bereit,
der rüwen siner sünden treyt
und hoffet recht zeläben;
Der selbig man faacht ylends an
flyssig zegon
und schnell zewandlen Gottes ban,
den lastren widersträben.
Und das im Gott hat geben,
das brucht er wol, thut was er sol
zu gfallen jm on underlaß,
den nächsten hebt er rechter maß
und wandlet stäts uff Gottes straß.

Sin fleisch das dempt er tag und nacht,
trybt keinen pracht,
mit bätten er ouch ernstlich wacht,
anfechtung zeuertryben.
Mit Christo ist er in sin tod
durch angst und not
vergraben und gestorben tod,
begert in jm zeblyben,
Dahin all ding zeschyben,
das er yetz sey on glychßnery
erstanden recht und warlich läb,
kein letzung fürhin andren geb,
ulln synden mannlich widerstreb.

Sin crütz treit er ouch Christo nach,
begärt kein raach,
erlydet frölich schand und schmach,
sim Herren zugefallen.
Sin hoffnung, die er hat zu Gott,
wirdt nie zespott
und ob er ouch glych sterben sott,
so wirt er nit abfallen,
Dann Gott liebt er ob allen:
uß solcher huld lydt er mit gdult
die rut, die jm der vatter sendt,
zu dem er sich gantz willig wendt,
verharrt styff biß an sin end.

Juda, Leo – Din, din soll syn das Herze min,

Din, din soll syn das Herze min,
Freundlicher Herre Gotte!
Du hast mich b’kleid’t und sicher b’leit1)
Im Weg deiner Geboten.
Mich soll von dir, so du’s gönnst mir,
Kein Kunst und G’walt abziehen,
Und ob denn schon das Fleisch tret von,
Soll doch das Herz nit fliehen!

Din, din soll syn das Herze min,
Du auserwählter Christe!
Du gibst recht Freud, vertybst alls Leid,
Du bist die wahre Friste 2)!
All min Begier steht hin zu dir
In Lust und Freund mins Herzens,
Du bist min Hort, din ewigs Wort
Vertreibt mir all min Schmerzen!

Din, din soll syn das Herze min,
Du Hilf und Trost der Armen!
Sieh an min Stryt, den ich erlyd,
Und thu dich min erbarmen!
Gebiet dem Find 3) und still die Sünd
Das g’scheh dir, Herr, zu Ehren!
Zieh mich nach dir und thu in mir
Allzyt den Glouben mehren!

Klaiber, Karl Friedrich – Evangelische Volksbibliothek

1) geleitet, geführt
2) Ruhe
3) Feind

Juda, Leo – Der IX. Psalm

Dir, o Herr, will ich singen
uß gantzem hertzen mein,
In fröuden mich erspringen
zu lob dem Namen dein.
Dein wunderthaten alle
wil ich mit fröud und schalle,
din Namen frey, wie hoch der sey
preysen von yetz in ewigkeit.

2. Mein feind vor dir verjaget,
zu ruck gefallen sind,
Din krafft hat sy verzaget,
ja gar erschlagen gschwind.
Mein sach hast du geschlichtet
unnd all mein span gerichtet,
ich mocht gar nit, do fast du zgricht
im stul diner gerechtigkeit.

3. Die Heiden thust du bschelten,
die ungottsförchtig rott,
In rechtem widergelten
bringst du jr eer zu spott,
Du tilckst ab jren nammen
und rütst uß jren stammen,
das jrn fürhin gedacht sol syn
zu keinen eeren nimmerme.

4. Du fyend, hör uf trotzen,
bin schleitzen hat ein end!
Din gspött und auch din satzen
ist yetzund uß behend!
Die stee hasst du zerbrochen
in dinem rum unnd bochen!
Die dächtönuß jr wirt nun hinfür
vergessen immer ewigklich.

5. Gott aber unbewegig
hat sinen stul bereit,
Di wält zerichten ewig
mit recht und billigkeit.
Ein schutz und schirm der trengten
in angst und not versenckten,
sin hand er büt mitten im stryt,
das stündlin trifft er sicherlich.

6. Darumb uff dich sölln harren
mit styffer hoffnung die
In nöten hand erfaren
din Namen ye unnd ye.
Die dinen magst nit hassen,
deren hast nie kein verlassen,
die dich in not suchtend, o Gott,
unnd dir zu fleißt zegfallen stond.

7. Singend dem Herren alle,
des wonung Zion ist,
Und kündend uß mit schalle
sin art mitt aller frist!
Der trengten plüt unnd schryen
erforscht er, wo die syen,
der armen bitt vergißt er nitt,
jrs klagens ist er yngedenck

8. Biß fürhin allweg günstig,
o Gott, dem diener din!
Dein fyend ist noch brünstig,
sich an das ellend min.
Züch mich uß todes schlunde,
das ich din lob mach kunde
der statt Zion mit fröud won
dein hewil ußkünde menigklich.

9. Sy sind gesteckt die büben
mit spott unnd grosser schand
Verfallen in die grüben,
dies mir gegraben hand.
Mir hands ein netz verborgen,
darinn söln sy erworgen:
Gott wirt bekannt und weyt benannt,
so er sein raach und urteil übt.

10. Der schalck aber muß fallen,
im werck sinr eignen hend!
Des wil ich singen allen,
das sy allweg on end
Sölichs mit fleiß betrachtind,
der wercken Gottes achtind,
uff jn allein und sunst uff kein
jr hoffnung setzen alle zeit.

11. Zur hellen werdend scheiden
verstossen schnäll unnd drat
Der schalck mit sampt den Heyden,
der Gotts vergessen hat,
Die nit wöllend ermessen,
das Gott nit mag vergessen
in angst und not der armen rott,
vergeben ist jr harren nit.

12. Der schwach mensch wil sich regen
stand uf, o Herr, stand uf!
Du wöllst jn niderlegen
das nitt der schälken huf
Thuy überhand yetz nemmen!
din arm der woll sy temmen,
setz jnen bald ein meister gwalt,
das sy sich kennind menschen syn!

W.M.

13. Dem vatter in seim throne
sey lob, breiß und eer
Und sim einigen Sone
ewig und yemermer,
Dem tröster auch zu eeren
eim eingen Gott und Herren,
inn des herrschafft ligt alle krafft,
er lößt allein vonn feyndes macht.

Juda, Leo – Klage Jesu zu dem Menschen, der aus eigenem Muthwillen verdammt wird

1522

Sagt an, ihr Menschen allgemein,
Die ihr doch habt von mir allein,
Daß reichlich ausfließt alles Gut,
So Himmel und Erd einschließen thut:
Was blendt euch? was bethört euch so,
Daß ihr das suchet anderswo,
Und nit in mir, der ich der Bronn
Und Ursprung bin, der euch auch gönn‘,
Ja gegentrag‘ euch Solches frei,
Damit euch kein Entschulden sei:
Was habt ihr Arbeit, groß‘ Unruh‘,
Kein Fried‘ kein stete Freud‘ dazu?
Was ficht euch an? was Muthwills Lust?
Was B’gierd‘ habt ihr? hang an umsust
Dem Schatten und dem falschen Wahn,
Da euch kein Nutz mag draus entstahn,
So ich allein die Seligkeit,
Und wahres Heil euch hab‘ bereit?
——————————————
Ein freudenreicher Freund bin ich,
Und dazu stet, theil selber mich
Und, was ich hab‘, mit meinem Fründ.
Wie? daß man doch so Wenig‘ findt,
Die solcher Freundschaft stellen nach
So ich aus Gunst, vergebens doch
Mein’s Reichthums Schatz geb‘ jedermann
Und niemand unbegabet lan?
Ich bin die Straß‘ und Weg allein,
Der alle Menschen gleich gemein
zum Himmel Führ‘; warum geh’n dann
So wenig Leut‘ auf dieser Bahn?
Die ewig‘ Wahrheit ich selbst bin,
Die allen Falsch und Trug treibt hin;
Wie ist das Volk denn so verblendt,
Daß mich so gar jetzt niemand kennt;
Wie sind die Menschen so bethort,
Daß sie nit glauben Gottes Wort?
Mein‘ Zusag‘ ich gar treulich halt‘,
Und hab‘ deß Macht und volle G’walt;
Wie sind denn das so thöricht‘ Leut‘,
Die mir mißtrauen allezeit?
——————————————
——————————————
G’neigt bin ich mit Erbärmd’gen dir,
Wie? daß du doch nit fliehst zu mir,
Als zu einer sichern freien Statt,
Da Sünd‘ und Schuld Verzeihung hat?
——————————————
——————————————
Darum, o Mensch, verläßt du mich,
Und führt in Tod dein‘ Blindheit dich,
Gib mir nit Schuld, klag mich nit an!
Du hast’S dir selbst muthwillig g’than;
Durch mich ist gar ganz nichts versumt.
Wirst du verdammt, dasselb‘ das kumt
Von deiner Bosheit, Muthwill groß;
Die Schuld auf keinen Andern stoß.
Denn was ist noch vorhand, das ich
Nit hab‘ gethan? Bericht deß mich!
So nun dein Herz ist härter viel
Als Marmorstein, und dich nit will
Bewegen solch inbrünst’ge Lieb‘
Die ich so überfließend üb‘
Allzeit gen dir, und dir mein‘ Güt‘
Nit weichen mag dein hartes g’müth;
So dich nit reizt gewisser Lohn,
Den ich dir dort bereitet schon;
So dich kein‘ Furcht der Hölle schreckt,
So dich kein‘ Scham, kein‘ Ehr‘ erweckt,
Ja, so dies All’s dich härter nur
Und noch verstockter macht, wodur
Ein Stahel und ein harter Stein
In Stücke würd‘ zerspalten klein;
Was soll ich väterlicher Gunst
Gen dir erzeigen fürder meh,
So du dich in das ew’ge Weh
Ganz willig und mit Muthwill gibst,
In dem du immer und ewig blibst?
Denn daß ich dich zur Seligkeit,
Die ich euch Allen hab‘ bereit’t,
Woll‘ zwingen wider deinen Will,
Ist meiner G’rechtigkeit zu viel,
So leidet’s Billigkeit gar nicht,
Auch all‘ Vernunft dawider ficht.

Juda, Leo – All Morgen ist ganz frisch und neu

All Morgen ist ganz frisch und neu
Des Herren Gnad und große Treu.
Sie hat kein End den langen Tag,
Drauf sich jeder lassen 1) mag.

Doch sag du nicht:; Ei das ist gut,
So will ich haben Freud und Muth,
Und heut thun, was gelustet mich
Weil Gott so gut und gnadenreich.

Dann dieß zwar ein verkehrter Sinn,
Der billig gstraft mit großem Grimm,
Wolltst übel thun auf Gottes Güt,
Sein Geist dich allweg davor b’hüt.

Drum steht der Himmel Lichter voll,
Daß man zum Leben sehen soll,
Daß es mög schön und g’ordnet sein
Zu Ehren Gott, dem Schöpfer dein.

So hat der Leib der Augen G’sicht,
Daß er dadurch viel Guts ausricht,
Und seh auf Gott in allem Thain 2)
Und merk, wie ers so gnädig mein.

O Gott, du schöner Morgenstern,
Gib, was wir von deinr Lieb begehrn.
All deine Licht zünd in uns an,
Laß s’Herz an Gnad kein Mangel han.

Treib aus, o Licht, all Finsterniß,
Behüt uns, Herr, vor Aergerniß,
Vor Blindheit und vor aller Schand,
Und biet uns Tag und Nacht dein Hand.

Zu wandlen, als am lichten Tag,
Damit was sich immer zutrag,
Daß wir mögen im Glauben bston 3)
Und bleiben von dir unverlon 4).

—-

Klaiber, Karl Friedrich – Evangelische Volksbibliothek

1) verlassen
2) statt Tun
3) bestehen
4) unverlassen