Angelus, Johannes – Tritt her, o Seele, dank dem HErrn

1. Tritt her, o Seele, dank dem HErrn
Für seine tausend Gaben,
Mit denen Er dich frei und gern
Geziert hat und erhaben!

2. Er hat mit unerforschter Macht
Und ewig reicher Milde
Dich aus dem Nichts hervorgebracht
Zu seinem Ebenbilde.

3. Für dich auch hat Er diese Welt
Erschaffen und erbauet;
Für dich ist sie so wohl bestellt,
Und was man drinnen schauet.

4. Dir dienet alle Kreatur,
Vor dir muss sie sich neigen;
Die ganze herrliche Natur
Muss Dienste dir erzeigen.

5. Dir trägt die Erde Brot und Wein,
Und Arzenei für Schmerzen;
Dir hegt sie Tiere groß und klein,
Und Gold in ihrem Herzen.

6. Dort braust und strömt das Wasser dir,
Dort steht es für dich stille,
Trägt Perlen und Korallenzier
Und Fische dir in Fülle.

7. Die Luft erquickt dich weit und breit
Von außen und von innen;
Der bunten Vogel Munterkeit
Ergötzet deine Sinnen.

8. Dir fährt die Sonn‘ am Tag herein
Auf ihrem gold’nen Wagen,
Dir macht des Mondes Silberschein
Die Nächte gleich den Tagen.

9. Zu deinem Dienste sind bereit
Die selgen Engelscharen,
Sie wachen ob dir allezeit,
Dich treulich zu bewahren.

10. Der Himmel ist für dich gemacht
Mit allen seinen Schätzen;
Er harrt mit seiner Lust und Pracht,
Dich ewig zu ergötzen.

11. Welch‘ unnennbare Huld ist dies,
Welch‘ unverdiente Güte,
Die dir erweist und stets erwies
Das göttliche Gemüte!

12. Und was noch mehr: Er sieht nicht an,
Wenn du willst Gnade finden,
Die Schmach, die du Ihm angetan
Mit tausendfachen Sünden.

13. Er hat durch seines Sohnes Blut,
Das auch für dich vergossen,
Dich von den Banden und der Glut
Der Hölle losgeschlossen.

14. Dann hat Er dich zum Kind und Sohn
Als Vater angenommen,
Und will, dass du vor seinen Thron
Als Erbe sollest kommen.

15. Er opfert all‘ sein Gut für dich,
Er liebt dich wie sein Leben,
Und will sich endlich ewiglich
Dir schenken und ergeben.

16. Drum dank, o Seele, deinem Herrn
In diesen Erdenzeiten,
Und noch in Ewigkeiten fern
Mit tausend Innigkeiten!

Anglicus, Johannes – Das lobgesang Simeonis Nunc dimittis etc. Luce. II.

1. In friden dein, o Herre mein,
wolst mich nun rugen lassen!
Als mir ward bscheyd von dir geseyt,
so hast mich yetzt begossen,
Das mein gesicht mit freuden spricht,
den heyland habs gesehen!

2. Eyn werden gast beretet hast,
vor allen völckern große.
Der heyden gesicht im liecht bericht,
macht sie glaubens gnossen,
Eyn lob und ehr groß durch dich, o herr,
würt Israhel deim volcke!

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer

Anglicus, Johannes – Das lobgesang Benedictus Zacharie Luce. 1

1. Gebenedeit sey Gott der Herr
des Israhels der höchste!
Der hat besucht und gschicket her,
das er sein volck erlößte,
Hat uff gericht, wie man yetz sicht,
von Davids hauß das horen
Der seligkeyt, den sündern bhreyt,
die darzu sind erkoren.

2. Vor langer zeit hats zu geseyt
durch den mund der Propheten,
Zu retten sie ist er bereyt
von den feinden auß nöten,
Vons hassers hand, sie alle samt,
wie er dann hat verheyssen,
Barmhertzigkeyt weit außgespreyt,
den vättern ists geleystet.

3. Er hat gedacht an seinen bund,
dem Abraham geschworen,
Dadurch denn auch ein yeder kunt,
von Gott auß forcht erkoren
Vons feindes krafft, an Gott behafft,
mit heylgter forchte streben
In grechtem sin gantz frey dahyn,
dieweil er hat das leben.

4. Unnd du vil seligs kindelin,
würst Gotts Prophet genennet,
Dann sein vorgenger soltu sein,
auff das er werd erkennet,
Zur seligkeyt auch werd bereyt,
sein volck da hyn die stroße,
Wenn er hyn lath ihr missethat,
macht sy so quit und loße.

5. Durch sein barmhertzigkeyt dß gschicht,
die oben rhab sich leytet,
Darinn gar bald den trost erficht,
der jämerlich lag gespreytet
In finsterniß unnd todes biß,
darinn so gar on mute,
Drumb unser süß nimm schlipffen muß
auß frydens strassen gute.

Wackernagel – Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Herman und Ambrosius Blaurer