Bengel, Johann Albrecht – Gottes Fürsorge

Gott lebet! sein Name gibt Leben und Stärke,
Er bleibet der Seinigen Sonne und Schild;
So bald ich, so oft ich sein Dasein vermerke,
So find ich mich innig mit Kräften erfüllt.
Sein bin ich ganz eigen,
Das muß sich wohl zeigen;
Laß Alles, was widrig und trotzig ist, kommen,
Mir wird doch mein Ruhm und mein Gott nicht genommen.

O Seelen, vernehmet den göttlichen Willen!
Das Höchste, das Beste, das gibt er so gern;
Eröffnet den Mund nur, so wird er ihn füllen,
Versucht es, erkennet und lobet den Herrn.
Seid ihr noch entfernet,
So sehet und lernet,
Was Manche an seinen so herrlichen Gaben,
Ja, selber an ihm, dem Lebendigen, haben.

In leichten und seichten, erträglichen Tagen
Vermeinet ein Jeder gefasset zu sein;
Sind aber nun ernstliche Kämpfe zu wahren,
So stellet sich furchtsame Blödigkeit ein.
Nur Gottes Bekannte
Und Schirmesverwandte
Sind tüchtig in allerlei Fällen zu stehen,
Und allem, was feindlich, entgegen zu gehen.

Wer glaubet, der fleucht nicht: es muß ihm wohl gehen,
Gott schirmt ihn selber in Noth und Gefahr,
Und ehe die Trägen den Gegner ersehen,
So wird er des Siegs und des Preises gewahr;
Er sieht sich berufen
Zu himmlischen Stufen,
Und weil er auf Gottes Verheißung sich lehnet,
So wird er mit Preis und mit Ehre gekrönet.

Weitere Texte des Autors in der „Glaubensstimme“

Bengel, Johann Albrecht – Der sterbende Christ

Mittler, alle Kraft der Worte,
Die du in der hohen Pein
Vor der offnen Todespforte
Lassen deine Losung seyn,
Bleibt, indem ich auch abscheide
Meiner Seelen Füll und Weide,
Nun ich so gerüstet bin,
Sehnt michs dir nach, zu dir hin.

Wenig Wort‘ in langen Stunden
Redtest du vom Kreuze dar,
Bis du Alles überwunden,
Was dir in dem Wege war,
Zu dem Vater durchzudringen
Und auch uns zu ihm zu bringen,
Weil du die Versöhnungsmacht
Meist in stillem Kampf vollbracht.

Doch was deine Lippen sagen,
Macht zu Gott gewisse Bahn;
Aller, die dich lieben, Plagen,
Flehen nehmest du dich an.
Dies geschiehet, mich zu lehren,
Wo ich auch mich hin soll kehren,
Wenn der heimgerufne Geist
Alles richtig machen heißt.

Vater! sagtest du, laß Diesen
Ihren blinden Frevel nach!
Edle LAngmuth, sey gepriesen!
Nun, wie sollt ich eigne Rach‘
Wider meinen Nächsten hegen,
Und mir selbst den WEg verlegen?
Jesu, deine Fürbitthuld
Tilge mein‘ und seine Schuld.

Deine Mutter, deinen Jünger,
Welchen du, er dich geliebt,
Hast du, Eintrachts-Wiederbringer,
Gleich versorgt und gleich geübt.
Gieb, daß die, so ich verlasse,
Rechter Sinn zusammenfasse,
Und in deiner Lieb‘ und Treu‘
Eins des Andren Zuflucht sey.

Heute (unvergleichlichs Heute!)
Heute sollest du gewiß
(Glaube, rede, bete, streite!)
Seyn mit mir im Paradies.
Dieses lasse, wie dem Schächer,
So auch mir, o Todesrächer,
Wenn der Augen matter Schein
Bricht, den letzten Leitstern seyn.

Ach! warum bin ich verlassen,
O mein Gott, mein Gott, von dir?
Jesu, wie ist dieß zu fassen?
Klagst du so: wie gehts denn mir?
Ja, durch dieses scharfe Ringen
Wirst du deinen Flüchtling bringen,
Trotz der Sünden Scheidewand
Zum geheimen Priesterstand.

Aber welch bedenklich Dürsten
Klagt der ausgedörrte Mund,
Dein, des reichen Lebensfürsten,
In der Schrift Erfüllungsstund‘?
Für die lechzensvolle Kehle,
Ja die ächzendmatte Seele,
Bleibt, wenn Nichts den Stich mehr hält,
Mir zum Labsal dieß bestellt.

Nun, nun ist das Heil erworben,
Denn du sagst: Es ist vollbracht!
Jesu, eh‘ du noch gestorben,
Blicket schon die Siegesmacht.
Laß nun immerhin ergehen,
Was den Gliedern auszustehen:
Mein Vollender! du in mir,
Und ich, jetzt vollend’t in dir.

Vater, dir will ich befehlen
Meinen dir geweihten Geist!
Schreyest du mit ganzer Seelen
So vertritt mich allermeist
Wenn der letzte Zug vorhanden;
Lös mich aus des Todes Banden,
Nimme deines Pilgrims wahr,
Stelle mich dem Vater dar.

Diese sieben feste Siegel
Drück‘, o Lamm, auf meine Brust,
Daß ich zu dem Zionshügel,
Dessen Spur mir nun bewußt,
Unverweilt gezogen steige,
Und sonst alles Andre schweige,
Außer deiner Worte Chor;
Dieser hebet mich empor.

Wahrheit! prüfe; Licht! durchscheine
Noch einmal, was in mir ist,
Ob ich alles lauter meyne,
Daß dein Sinn, o Jesu Christ,
Mich enthalt‘ in Tod und Leben,
Laß den Geist das Zeugniß geben,
Daß ich Gnad- und Glaubensgab‘
Und sofort das Leben hab.

Nun so darf ich mit dir rufen,
Nun so werd‘ ich auch erhört.
Nun so folg‘ ich durch die Stufen,
Wo der Eingang unverwehrt
Zu dir führet und zu Allen,
Die dir Hallelujah schallen,
Weil durch dich der Feind gedämpft,
Und es ewig ausgekämpft.

Rambach – Anthologie christlicher Gesänge aus der neueren Zeit
Weitere Texte des Autors in der „Glaubensstimme“

Bengel, Johann Albrecht – Auf das Fest der Verklärung Mariä

Du Wort des Vaters, rede du,
Und stille meine Sinnen.
Sag an, ich höre willig zu;
Ja, lehre frei von Innen;
So schweigt Vernunft mit ihrem Tand
Und du bekommst die Oberhand
Nach deinem Recht und Willen.
Dir geb ich all mein Innres ein,
Das wollest du, ja du allein
Mit deinem Geist erfüllen.

Um eins, mein Jesu, bitt ich dich,
Um das laß dich erbitten:
Dein Herz, dein Herz, das gib in mich,
Ein Herz von guten Sitten;
Ein Herz, das, wie ein kleines Kind
Einfältig, gütig, rein, gelind,
Unschuldig, niederträchtig,
Ein Herz, das heimlich Leide trägt
Und sich in Staub und Asche legt,
Ein Herz in Liebe mächtig.

Ein Herz, das Gott in Lauterkeit
Und Gottes Kinder liebe,
Ein Herz, das sanfte Folgsamkeit
Und wahre Demuth übe,
Ein Herz, das mäßig, wachsam, klug,
Das ohne Murren und Betrug,
Mit dem wohl auszukommen,
Ein Herz, das allenthalben frei
Und ganz von nichts gefangen sei,
Die Liebe ausgenommen.

Nur dies bitt ich, o Herr, von dir,
Allein um deinetwegen.
Ach siehe, diese Bitt‘ ist mir
Vor allem angelegen.
Du bist mein Schöpfer, steh mir bei!
Du bist mein Heiland voller Treu,
Auf dich bin ich getaufet.
Du hast mich dir, o höchster Ruhm,
Zu deinem Erb und Eigenthum
Mit eignem Blut erkaufet.

Du bist mein Bürg und Bräutigam.
Zu deinem Mitgenossen
Bin ich gezählt aus deinem Stamm,
Aus dir bin ich entsprossen.
Ich bin zu deinem Bild gemacht
Und als ein Kind bei dir geacht‘,
Ein Werk, das ewig bleibet;
An dem du Wohlgefallen trägst,
Zu dem du zarte Neigung hegst,
Das sich vom Himmel schreibet.

Du bist, mein Jesu, mir zu gut
Vom Vater ausgegangen,
Und, wie man sonst den Mördern thut,
Für mich am Holz gehangen.
Nun dann, so überwind in mir
Des Satans Werk, der Welt Begier
Und meines Fleisches Pochen.
Vollführe deine Wunderschlacht
In mir durch deines Geistes Macht,
Du hast mirs ja versprochen.

O Leben, Arbeit, Leiden, Noth,
Des Heilands meiner Seelen!
O meines Jesu Angst und Tod!
Euch will ich mich befehlen.
Geht in mich ein, und laßt mich sehn
Das Leben aus dem Tod aufgehn
In allen meinen Kräften.
Hilf mir, o du erwürgtes Lamm,
An deines süßen Kreuzes Stamm
Den Leib des Todes heften.

Ach, präge deinen Tod in mich,
Der all mein böses Wesen
In mir ertödte kräftiglich,
So werd ich recht genesen.
Gieß aus dir selber in mich ein
Dein Leben, das so heilig, rein,
Holdselig, ohne Tadel:
Mach mich von aller Heuchelei,
Ja, allen Missethaten frei
Und schenk mir deinen Adel.

Alsdann wird deine Majestät
Mich ganz zum Tempel haben.
Darin sie ihren Ruhm erhöht
Durch ihre hohen Gaben.
Es wird an solchem stillen Ort
Die Weisheit ihr geheimes Wort
Nach ihrem Willen führen,
Und ihren Sitz je mehr und mehr
Mit ihren Wundern, Pracht und Ehr
Und großen Thaten zieren.

Wohlan, so lebe Gott in mir!
Ich leb und web in ihme;
Damit mein Ich ihn für und für
Nach allen Würden rühme,
Und meine Liebe ganz allein
In Lieb und Leid, in Lust und Pein
An seiner Liebe hange,
Bis ich nach ausgestandner Prob
In vollem Licht, zu Gottes Lob,
Die Gottesschau erlange.

Weitere Texte des Autors in der „Glaubensstimme“