Nikolaus Hermann – Am sechsundzwanzigsten Sonntag Trinitatis. Vom jüngsten Gericht. Matth. 25.

Weil in der argen bösen Welt:
Viel falsch Urteil werden gefällt,
Und Manchem viel zu kurz geschicht,
Der sein Recht kann bekommen nicht,
Und manche böse Bubenstück
Werden getragen überrück;

2. Drum will Gott halten ein Gericht,
Und Alles bringen an das Licht,
Davon jetzund Niemand mucken tar,
Wird er Alls machen offenbar,
Und wird kein Gwalt mehr gehn für Recht,
Wie jetzt klagt mancher arme Knecht.

3. Für diesem letzten, strengen Gricht,
Wird sich kein Mensch verbergen nicht,
Da wird Rechenschaft Jedermann
Von Allem, was er hat getan
Allhie in diesem zeitlich Leben,
Dem Richter Christo müssen geben.

4. Wenn Menschen Sohn nun kommen wird
Mit sein Engeln, der treue Hirt,
In seiner göttlichen Herrlichkeit,
Und in seiner wahren Menschheit,
Dann wird er die unflätigen Böck
Scheiden von den Schäfelein;

5. Die für sein Schäflein werdn erkannt,
Wird er stellen zur rechten Hand,
Und die Böck wird er heißen gehn
Beiseits, und zu der Linken stehn,
Und wird sagen zun Schäfelein:
Kommt her, ihr lieben Brüder mein.

6. Ihr Gsegneten, ererbt das Reich,
Das von Anfang der Welt ist euch
Bereitet von dem Vater mein,
Drin ihr sollt mein Miterben sein;
Ihr habt mich gespeiset und getränkt,
Da mich der Durst und Hunger kränkt.

7. Da ich ein Gast war und elend,
Reicht ihr mir eure milden Händ,
Und nahmt mich auf zur Herberig,
Da ich war nacket, kleidt ihr mich,
In meiner Krankheit ihr mir bracht
Labsal, das gab mir eine Kraft.

8. Da ich war ein Gefangner Mann,
Nahmt ihr euch mein gar treulich an,
Erzeigt euch gegen mir christlich,
Ihr kamt zu mir und tröstet mich,
Und teilt mir mit ein guten Rat,
Halft mir mit Worten und der Tat.

9. Alsdann werden antworten sie:
Herr, wann hab wir dich gsehen je
Hungrig, durstig, nacket und bloß,
Krank, gfangen und in Armut groß?
Wann hab wir dir die Treu beweist,
Die du jetzund rühmst und preist?

10. Dann wird der Köng antworten ihr:
Was ihr getan habet vorhin
Dem allergringsten Bruder mein,
Das hab ich also gemerket fein,
Und nehm mich des so treulich an,
Als ob ihr mirs hätt selbst getan.

11. Dann wird er auch sagen zu den,
Die ihm zu seiner Linken stehn:
Ihr Verfluchten, geht hin von mir,
Ins höllisch Feur gehöret ihr,
Welches dem Teufel ist bereit;
Und seinen Engeln der Bosheit.

12. Ich bin gewesen hungerig,
So habt ihr nicht gespeiset mich,
Desgleichen, da ich durstig war,
Reicht ihr mir kein Trunk Wasser bar;
Da ich war fremd, elend und bloß,
Sein Haus für mir jeder zuschloss.

13. Und da ich war ein gfangner Mann,
Keiner unter euch zu mir kam.
Dann werben sie entschuldigen sich:
Herr, wann han wir gesehen dich.
Durst leiden und in Hungersnot,
Und dir versagt Wein, Bier und Brot?

14. Wann bist du je gewest ein Gast?
Und um Herberg gebeten hast?
Von deiner Gfängnis und Krankheit,
Wann hab wir je gewusst Bescheid?
Wer hat uns der Ding eins bericht,
Und wir han dir gedienet nicht?

15. Darauf wird er ihn zeigen an:
Alles, was ihr nicht habt getan
Dem allergringsten Bruder mein,
Beim Leben in den Nöten sein,
Das habt ihr mir auch nicht getan,
Drum nehm ich kein Entschulding an.

16. Dann werden sie gehn in die Pein
Und ewiglich verdammet sein,
Den Grechten aber wird er geben
Im Himmelreich das ewige Leben.
Hilf uns, Herr Christ, du treuer Heiland,
Dass wir nicht stehen zur linken Hand.

Amen.

Nikolaus Hermann – Ein geistlich Lied von der Toten Auferstehung und dem ewigen Leben. Aus dem 15ten Capitel der ersten Epistel Pauli an die Corinther.

Sankt Paulus die Corinthier
Hat unterweist in rechter Lehr,
So bald er aber von ihn kam,
Da fingen sich viel Sekten an.

2. Es stunden auf, die predigten
Viel Irrtum zu Corinthien,
Darunter war ein falsche Lehr,
Dass nach dem Tod kein Leben wär.

3. Wir stürben hin gleich wie das Vieh,
Kein Auferstehung gleubten sie,
Solchs wurd St. Paulo kund getan;
Das jammert sehr den heilgen Mann.

4. Ein Brief er schrieb und strafet sehr
Darin die falschen Prediger,
Darnach zeigt er ihn hell und klar
Von der Urständ1Auferstehung die rechte Lahr,

5. Beweist durch Schrift, dass Jesus Christ
Der erst vom Tod erstanden ist;
Daraus er schleußt, dass wir dergleich
Erstehen solln zum ewigen Reich.

6. Es wär sonst falsch des Glaubens Lehr,
So Christus nicht erstanden wär;
Auch die entschlafen wärn zuvorn,
Die müssten alle sein verlorn.

7. Auch wär die Sünd noch unser Herr,
So er nicht wiedr erstanden wär;
Desgleichen auch der Tod sein Macht
Hätt über uns noch und sein Kraft.

8. Denn wie der Tod durch einen Mann
Sein Recht über als Fleisch bekam,
So sei das Leben durch die Macht
Der Urständ Christi wieder bracht.

9. Drum werden wir, wie Christus ist,
Erstehn vom Tod, das ist gewiss
In seiner Ordnung Jedermann,
Wie Christus hat gefangen an.

10. Denn so kein Auferstehung wär,
Was dürften wir in Kreuz und Gfähr
In Angst und Not uns hie begebn,
So nach dem wär kein ander Lebn?

11. Gleichwie ein Weizeskörnelein
Gesät wird in den Acker hnein,
Stirbt und vermodert ganz und gar,
Und grünt doch wiedr im selben Jahr:

12. So wird der irdisch Leib ins Grab
Verscharrt, und wird zu Asch und Staub,
Und wächst daraus ein Körper klar,
Der mit Gott lebet immerdar.

13. Denn (das natürlich ist gewest)
Im Grab nun alles ist verwest,
So wächst ein geistlich Bild daraus,
Das ewig wohnt in Gottes Haus.

14. Und was man sät in Sterblichkeit,
Das wird aufgehn in Herrlichkeit,
Und was begraben wird ohn Macht
Das wird erstehn in großer Kraft.

15. Han wir das Bild des Irdischen
Getragen und des Sterblichen,
So werden wir des Himmlischen
Auch tragen und des Ewigen.

16. Das Fleisch und Blut nicht erben kann
Gotts Reich, drum muss zu Boden gahn,
Und muss vermodern Haut und Haar,
Auf dass es werd spannen und klar.

17. Doch werden wir nicht sterben an,
Sondern zu der Posaunen Schall
Verwandelt in eim Augenblick,
Darauf sich nu ein jeder schick,

18. Auf dass er wart derselben Seit
In Gduld und aller Freudigkeit,
Auf dass, wenn kommet Gottes Sohn,
Erwarten mög mit Freud sein Lohn.

19. Und ob uns gleich die Welt macht bang,
So währt doch Kreuz und Angst nicht lang.
Drum tröst wir uns, das künftig ist;
Darzu hilf uns, Herr Jesu Christ.

20. Da wird die Zähr der Heiligen
Der Herr abwischen und ihr Trän,
Und sie alls Leids ergötzen zwar,
Dann wird das rechte Jubeljahr.

21. Hilf unser Schwachheit, lieber Gott,
Dass wir durchs Kreuz, durch Angst und Tod
Gehn mögen durch die enge Pfort,
Auf dass wir mit dir leben dort

22. In deinem Reich in Ewigkeit,
Anschauen die Dreifaltigkeit,
Samt dem ganzen himmlischen Heer
Dir singen stets Lob, Preis und Ehr.

Amen.

Nikolaus Hermann – Vom jüngsten Gericht. Aus dem Evangelio des 2. Sonntags im Advent Luk. 21.

Christus wird kommen zu Gericht,
Ehe sich die rohe Welt versicht,
Plötzlich, wie uns die Schrift zeigt an,
Darnach richt sich ein Jedermann.

2. Man predigt das göttliche Wort
zu breitem Blick an allem Ort.
Das Zeichen soll und sein gewiss.
Das End der Welt nicht fern mehr ist.

3. Himmel und Erd in einen Klos
Zerschmettern wird ein Wetter groß.
Balds Feur die ganz Welt verzehrt,
Wird Gott schaffen neu Himmel und Erd.

4. Denn werden zur Posaunenschau
Die Toten aufstehn allzumal.
Auch die noch leben hie auf Erdn,
Im Augenblick verwandelt werdn.

5. Da wird in einer Wolken klar.
Christ kommen mit der Engel Schar,
Und wir werd ihm entgegen gehn,
Und für seim Richtstuhl alle stehn.

6. Alsdenn sein Lämmer scheiden wird
Von den Böcken der treue Hirt,
Und wird sein Auserwählten gebn
Im Himmelreich das ewige Lebn.

7. Und wird ein schreckliche Urteil fälln
Über die Teufel und ihre Gselln;
Und die zu seiner Linken stehn.
Werden ins höllisch Feur gehn.

8. Drum Jedermann fein wacker sei,
Hüt sich mit Fleiß für Füllerei1Völlerei;
Denn der Tag wird wie ein Fallstrick
Übr uns kommen im Augenblick.

9. Auf dein Zukunft, Herr, warten wir,
Seufzen und tragen groß Begier.
O Herr, komm bald und uns erlös,
Denn die Welt ist gottlos und bös.

Amen.

Nikolaus Hermann – Vom jüngsten Tage.

Freut euch, ihr Christen, alle gleich,
Sich naht herbei das Himmelreich,
Der jüngste Tag ist für der Tür,
Kein frommer Christ erschreckt dafür.

2. Nicht länger will Gott sehen zu,
Er will sein Heilgen schaffen Ruh;
Der gottlos Hauf nimmt überhand,
Von Tag mehret sich Sünd und Schand.

3. Ist doch kein Glaub auf Erden mehr,
All Creaturen seufzen sehr;
Die Sonn verleurt oft ihren Schein,
Sehr viel Zeichen am Himmel sein.

4. Für Angst die Erd erschüttet sich
Und zittert oft erbärmiglich.
Es kracht und knacket Alls zugleich,
Wenig Fried ist im heilign Reich.

5. Es wüten grausam und geschwind
Und brausen in der Luft die Wind,
Als wollten sie Alls reißen ein,
Das End wird gwiss nicht fern mehr sein.

6. Viel Missgeburt, grässlich Gestalt
Der Menschen und Tier mannigfalt
Begeben sich zu dieser Zeit,
Drum ist der jüngste Tag nicht weit.

7. Auch alle Künft jetzt betteln gehn,
Wiewohl im höchsten Grad sie stehn.
Die Wohlfeil sie verächtig macht,
Gotts Wort man spott, verhöhnt und lacht.

8. Der Glehrten Zank und args Gebeiß
Macht, dass der gmeine Mann nit weiß:
Wo sei die reine, rechte Lehr.
Ihr Viel suchen nur Ruhm und Ehr.

9. Drum ist den Menschen bang und weh.
Und wird der Angst je länger, je mehr.
Krieg, Hunger, Sterben, alle Plag,
Die häufen sich von Tag zu Tag.

10. Es wild ein jeder haben Recht,
Und wär viel lieber Herr, denn Knecht.
Niemand will schier sein untertan,
Die Ehr keiner dem Andern gan.

11. Die Läng kanns also stehen nicht,
Drum wird Christ kommen zu Gericht,
Sonst würd er keinen Glauben mehr
Finden, so lang er außen wär.

12. Drum lieben Christen, seid getrost,
Ich hoff, wir werden schier erlöst;
Die Zeichen werden lügen nicht,
Es wird angehn das jüngst Gericht.

13. Christus wird heimführen sein Braut,
Die in der Tauf ihm ist vertraut,
Für welche er sein Leben lies,
Die nun sein Reich und Erbgut ist.

14. Rimmel und Erb posaunen auf
Ihr Christen merkt nur eben drauf,
Das Läutn hats sich gefangen an,
Gar bald wird man zusammenschlan.

15. Es wird fürhanden sein, die Zeit,
Dass der Herr seine Christenheit
Wird führen aus dem Jammertal,
Erfüllt wird sein der Heilgen Zahl.

16. Die Welt ist nun gar worden alt,
Ihr Wärm ist hin, sie ist verkalt.
Sie hat verloren Saft und Kraft,
Das End gwiss herbei sich macht.

17. Sein Zukunft, Herr, wir warten all,
Horchen auf der Posaunen Schall.
Komm lieber Herr Christ, mache nicht lang,
Hilf deiner Kirch, denn ihr ist bang;

18. Und führ sie in die ewige Ruh,
Die du ihr hast bereitet zu
Dort oben in deine Vaters Reich,
Da sie wird sein dein Engeln gleich.

19. Und weil du denn wirst kommen schier,
Hilf, dass wir gehn entgegen dir,
Mit unsern Lampen wohl geschürt,
Alls voller Öl, wie siche gebührt;

20. Dass wir sein rechte Hochzeits Gäst,
Rein in der Lieb, im Glauben fest;
Und steif in starker Hoffnung stehn,
Mit dir also zur Hochzeit gehn,

21. Die dir dein Vater hat bereit,
Mit deiner Braut, der Christenheit.
Da wird aufhören Angst und Not,
Hilf uns bald hin, Christ, lieber Gott!

Amen.

Nikolaus Hermann – Wie Elias im feurigen Wagen gen Himmel fähret.

Da nun Elias seinen Lauf
Und Wunder hat vollendet,
Holet ihn Gott in Himmel hnauf,
Ein Wagen er ihm sendet.
Wagen und Ross waren wie Feur,
Darauf fuhr der Prophet gar teur
Im Wetter hnauf gen Himmel.

2. Mit Leib und Seel er dahin fuhr
Mit Feuerflammen umgeben;
Uns zum Beispiel, Trost und Figur,
Dass wir nach diesem Leben
Zu Gott auffahren solln dergleich,
Mit Leib und Seel ins Himmelreich
Wenn Christ, der Herr, wird kommen.

3. Eliam auf dem Berg Tabor
Die Jünger Christi sahen,
Der viel Jahr hat gelebt zuvor,
Drum kein Christ soll verzagen.
Ein ewigs Leben ist gewiss
Dass jetzt Elias lebt und ist,
Dahin solln wir auch kommen.

4. Elias vor dem jüngsten Tag
Soll wieder kommen auf Erden,
Dass er der bösen Welt ansag,
Dass der Herr kommen werde;
Aber der teure Gottesmann
Hat sich schon sehn und hören lan,
Drum ist das End nicht ferne.

5. Der uns das Lied gesungen hat,
Was alt und wohl betaget.
Dies mal konnt er nicht von der Statt,
Das Podagra ihn plaget.
Oft seufzt er und bat in seim Sinn:
Herr, hol den kranken Herman hin,
Da jetzt Elias wohnet. Amen.

Anno 1559.

Herman, Nikolaus – Der Gottesacker.

Gottsacker heißt der weite Platz.
Darein Gott sät sein höchsten Schatz,
Viel tausend Weizenkörnelein
Die Leib der lieben Christen sein;
Die sollen all: zu seiner Zeit
Grünen in aller Herrlichkeit;
Ihr Asch und Staub, Bein, Haut und Haar
Soll Alls spanneu werden und klar.
Ihr Körper wie Kristall so rein
Werden aufstehn und solln sein
Gleichwie der Sonnenschein und Glanz,
Unsterblich und vollkommen ganz.

Jetzt han sie hie ihr Rast und Huh.
Warten, bis geht die Zeit herzu,
Da sie Christus, der treue Hirt
Vom Tod wiedr auferwecken wird,
Ihr Leib und Seel, beide zugleich
Mit sich führen ins Himmelreich;
Denn solchs er ihn erworben hat
Am frohnen1heiligen Kreuz mit seinem Tod.
Der Acker ists Ruhbettelein,
Das Christus hat gewärmet fein,
Da er drin bis an dritten Tag
Im Grab für unser Sünden lag.

Hie verleußt 2verliert all sein Recht der Tod,
Im Grab verscharrt wird Angst und Not,
Jammer, Elend man hieher trägt,
Und als Unglück in d‘ Erden legt.
Aber zu der Posaunen Schall
Sollen vom Tod erstehen all,
Herrlich und verneut werden die,
So jetzt in Christo schlafen hie.

Den Gottsacker in Ehren halt,
Wer darauf geht, jung oder alt;
Denn er Gotts treuer Zehntner ist,
Was ihm vertraut der Herre Christ,
Das wird er als bei Carols Gwicht
Am jüngsten Tag bringen ans Licht.

Wer nun sein Brüdern hergibt sGleit,
Mach sich gerüst, und sei bereit;
Denn er weiß weder Stund noch Tag,
Wenn man ihn auf den Acker trag.
Ob er gleich jetzt ist frisch und gsund,
Doch kann der Tod kommen die Stund
Und ihn fordern von dieser Welt.
Dafür hilft kein Gwalt, Kunst noch Geld,
Drum Jedermann sich zeitlich schick,
Und wart des Tods all Augenblick.

Weil wir denn kein Stund haben Frist,
So sprech ein Jeder, der das liest:
Schlaft in Fried, lieben Brüder mein,
Gott helf mir schier zu euch herein,
Dass ich neben euch wart der Zeit
Unser Urständ3Auferstehung und Seligkeit.
Denn wollen wir das helle Licht
Mit Freuden sehn Gotts Angesicht
Mit Leib und Seel das Himmelreich
Erben mit allen Engeln zugleich.
Herz Christ, hilf, dass es bald geh an,
Das wünscht der alt Niclas Herman.

Herman, Nikolaus – Am sechszehnten Sonntag nach Trinitatis.

Lucä 17.

Ein Wittfrau hat ein eingen Sohn,
Der war ihr Trost, ihr Freud und Wonn,
Der starb in seiner besten Blüt,
Sein Mutter wird herzlich betrübt.

2. Mit Jammer, weh und Herzenleid
Gab sie zum Grab ihm das Geleit;
Wie man zum Tor austrug die Bahr,
Kam Christus mit sein Jüngern dar.

3. Da er das Weib so weinen sah,
Jammerts ihn sehr, und zu ihr sprach:
Hör auf zu weinen und schweig still,
Dein Sohn ich dir aufwecken will.

4. Die Träger hieß er stille stahn,
Ging hin zur Bahr und rührt sie an,
Von Stund an wurd der Tod gewahr,
Dass sein Herr da vorhanden war.

5. Es erhub sich ein groß Gedräng,
Das Tor wollt werden gar zu eng,
Der Tod wollt raus, das Leben h’nein,
Ein Jeder wollt der stärkste sein.

6. Da aber Christ sprach nur ein Wort,
Da wich der Tod, und musst bald fort,
Den Jüngling hieß der Herr aufstehn,
Bald musst der Tod ihn lassen gehn.

7. Es war ein Starker vor der Hand,
Derselb zerreißt des Todes Band,
Der Jüngling sich bald auf der Bahr
Aufricht und wieder lebend war.

8. Zu reden auch fing an der Knab,
Christ der Mutter ihn wieder gab,
Da wurd ihr Weinen und Herzleid
Verkehrt in eitel Wonn und Freud.

9. Des entsetzt sich die ganze Schaar,
Die nachgefolget hat der Bahr,
Und preisten Gott in Ewigkeit,
Und rühmten sein Barmherzigkeit.

10. Am jüngsten Tag werdn wir dergleich
Vom Tod erweckt zum ewign Reich,
Das ist der Christen Freud und Trost,
Dass sie vom Tod Christ hat erlöst,

Gebet.

Herr Christ, lass dir‘ befohlen sein
All Witwen und auch Waiselein;
Wenn sie oft leiden Gwalt und Not,
So schütz du sie, o gütiger Gott.

Amen.

Herman, Nikolaus – An das Bild des Todes.

Das Totenbild spricht:

O Mensch, mit Fleiß anschaue mich,
Wie du jetzt bist, gleich so war ich,
Jung, schön und stark, aufs hübschst geziert,
Gleich wie ein Bild artig formiert.

2. Jetzund bin ich nur Asch und Staub,
Mein Fleisch die Würm han zu eim Raub;
Adel, Kunst, Ehr, Geld, Gut und Pracht,
Der Tod hat uns zu nicht gemacht.

3. Wer ist, der mich jetzt kennen kann,
Ob ich sei gwest ein Edelmann,
Ein Fürst, ein Graf, Herr oder Knecht,
Ein Bürger oder Bauer schlecht.

4. Nach dem Tod werden arm und reich,
Fürsten und Bauern alle gleich.
Man kennt ein für dem andern nicht;
Denn da ist gar kein Unterscheid.

5. Drum lass sich Niemand auf sein Gwalt,
Ehr, Jugend, Stärk und schöne Gstalt;
Solche All‘ ist gleich, wies grüne Gras,
Heut grünts, morgen verwelket das.

6. Bist du heut frisch, gsund, stolz und reich,
Morgen bist du ein arme Leich.
Hält man dich heut schön, lieb und wert,
Morgen legt man dich in die Erd.

7. So ist dein Pracht und Zier denn hin,
Und wirst gestalt, wie ich jetzt bin.
Drum weil du noch jung und stark bist,
Bedenk das End und trau auf Christ.

8. Der wird dich durch den zeitlich Tod
Retten von der Angst und Not,
Und dir ein neuen Körper geben,
Der ewig wird mit ihm leben.

9. Des tröst dich, wenn du anschaust mich,
Und jetzt der Tod will holen dich,
So kannst du fröhlich fahren hin,
Und ist der Tod nur dein Gewinn.

Herman, Nikolaus – Ein geistliches Lied von Dürftigkeit menschlichen Geschlechts und vom Tode, wie ihn Christus überwunden, derwegen auch nicht soll gefürchtet werden rc.

In Sterbenszeiten tröstlich zu singen.

Der Mensch wird von eim Weib geborn,
Mit Weh und Schmerzen in Gotts Zorn,
Und lebt alhie ein kleine Zeit
In Jammer, Not und Dürftigkeit.

2. Jetzt blüht er, wie ein Blümlin schon,
Bald fleucht er wie Schatten darvon.
Sein Tun und Werk hat kein Bestand,
Im Augenblick ists Alls gewandt.

3. Sein Leben ist nichts, denn Unruh,
Welchs er mit Angst und Not bringt zu,
Bis kommt der Sünden Sold, der Tod,
Und erlöst ihn aus aller Not.

4. Derselbige kommt uns Allen gleich,
Wir sind jung, alt, arm oder reich;
Denn über uns das Recht er hat
Durch Adams Schuld und Missetat.

5. Da er aber griff Christum an
Und würget ihn wie sonst ein Mann,
Der doch ohn Sünd was und gerecht,
Verlor sein Recht der Höllenknecht,

6. Und blieb ihm nichts, denn Todesg’stalt,
Ihm wurd geschwächet all sein Gwalt;
Die währt nur bis an jüngsten Tag,
Darnach er Nichts mehr würgen mag.

7. Denn wird der Tod vertilget gar,
Kein Leich wird mehr sein noch kein Bahr.
Denn werd wir all vom Tod aufstehn,
Und lebend aus den Gräbern gehn.

8. In solcher Form und gleicher Gstalt,
Wie Christ erstund durch eigne Gwalt,
So werden wir auch durch sein Kraft
Auch wiederum zum Leben bracht.

9. Was hilft sein Würgen denn den Tod?
Er wird doch Jedermann ein Spott
Sein an demselben großen Tag.
Keim Christen er nicht schaden mag.

10. Er sei so gräßlich als er woll,
Doch länger er nicht herrschen soll,
Denn bis kommen wird Christ der Herr;-
Der wird ihm nehmen Harnisch und Wehr.

11. Denn kommt ein Stärkrer über ihn,
Der wird sein Raub ihm nehmen hin,
Sein Stachel, Spieß, sein Bogen und Seng.
Gelt, ob ihn der wird helfen eing.

12. Drum lasst uns, o ihr Christenleut,
Solchs wohl bedenken allezeit,
Auf dass wir sein beherzt und keck,
Damit der Tod uns nicht erschreck,

13. Gleichwie er allen Heiden tut;
Denn er nimmt all ihr Freud und Mut,
Drum dass sie gar kein Hoffnung han,
Dass sie vom Tod solln wiedr aufstan.

14. Lasst uns nicht werden ihnen gleich,
Und so bekümmern um ein Leich,
Dass, wenn Eins stirbt aus unsrem Haus,
Wir denken: nu ists mit ihm aus.

15. Wir wolln dort sehen unser Freund,
Die in dem Herrn entschlafen sind,
Herrlich in aller Freud und Wonn
Leuchten gleichwie die helle Sonn.

16. Dort werden alle Kinderlein,
Die auf Christum getaufet sein,
Ihr Eltern sehen in Gottes Reich,
Und sein den lieben Engeln gleich.

17. Auch wird ein Vater seine Kind,
So in Gotts Furcht erzogen sind,
Mit Freuden sehen immerdar.
Bei Christo und der Engel Schaar.

18. Drum bitt wir dich, Herr Jesu Christ,
Wenn unser Stündlin kommen ist,
Lass uns in deiner Zuversicht
Hinfahren, und verzagen nicht

19. Für Höllenangst, für Sünd und Tod.
Dein Osterbild in letzter Not
Uns scheinen lass ins Herz und Sinn,
Auf dass wir fröhlich fahrn von hinn.

20. Denn du doch überwunden hast
Tod, Teufel, Höll und Sündenlast.
Dass uns der keines schaden wird.
Du bist ja unser treuer Hirt,

21. Der für sein Schaf das Leben gab;
Darum du Tod bist, gar schabab1aus, weg;
Denn sterben wir, so sterben wir ihm,
Und bist du, Tod, nur unser Gwinn.

22. Ein bessers Leben ist uns bereit,
Darein Herr Christe uns geleit,
Auf dass wir durch ein seligs End
Zu dir kommen aus dem Elend.

Amen.

Herman, Nikolaus – Eine Betrachtung des Todes

Mit Todesg’danken gehe ich um,
Denn er sich stets dreht um mich hrum
Und tritt mir nach gar auf dem Fuß,
All Stund ich seiner warten muss.

2. Den Bogen hat er schon gespannt
Und hat den Pfeil in seiner Hand.
Er nimmt des Siegers eben wahr,
Wenn er ist ausgeloffen gar.

3. Denn wird er mir lassen kein Frist,
Ich sei wohl oder üb’l gerüst;
Bald er beginnt zu klopfen an,
Ist ihm die Tür schon aufgetan.

4. Kein Bürgen er mir setzen will,
Steckt mir auch kein gewisses Ziel.
Wenn er kommt und spricht nur ein Wort,
So muss ich auf und mit ihm fort.

5. Drum, o mein liebe Seel, dich rüst,
Ob du vom Leib heut scheiden müsst.
Mach dich gerüst und sei bereit;
Lass dir den Tod nicht machen Leid.

6. Leg ab, mein Leib, die schwere Last,
Drin du jetzt bist nur wie ein Gast;
Du musst doch aus dem alten Haus
Ziehen, da wird nicht anders aus.

7. Doch aus dem armen Madensack
Wird dir Christus am jüngsten Tag
Ein Haus bauen, spannen und klar,
Drin wirst du wohnen immerdar.

8. Denn wollen wir beide zugleich
Einwohner sein im Himmelreich,
Und ewig sehen Gottes Sohn,
Mit Lust alls nach seim Willen tun.

9. Wie wir erstlich geschaffen sein
Von aller Sünd pur, lautr und rein,
Werd‘ wir sein fromm, grecht, klug und weis,
Wie Adam war im Paradeis.

10. Mein liebe Seel, drum sei getrost,
Christ unser Herr hat uns erlost.
Scheid nur willig von diesem Leben,
Gott wird uns viel ein bessers geben.

Amen.