Otto Frommel – An Jesus

Nun steige von dem Himmelsthron,
von starken Engeln dicht umstellt,
und schreite als ein Menschensohn
noch einmal durch die dürre Welt!

Und sprich wie einst am Seegestad
noch einmal dein belebend Wort,
und sei mit milder Heilandstat
noch einmal der Elenden Hort.

Aus trüben Augen – fühlst du’s nicht? –
schaut heißes Heimweh nach dir aus,
und Sehnsuchtsruf – vernimmst du’s nicht? –
seufzt auf aus manch zerfallnem Haus.

Komm, lege deine kühle Hand
der Menschheit auf das heiße Herz,
träuf Balsam in der Wunden Brand,
und stille jeden echten Schmerz.

Doch spare auch die Peitsche nicht!
Und – tut es not – zum Schwerte greif,
es ist gar vieles zu Gericht
und Axthieb reif und überreif.

Und steht aufs neu für die der Pfahl
hoch aufgereckt auf Golgatha,
es sind der Treuen diesesmal
mit dir zu bluten manche da.

O steige eilend von dem Thron
und schreite machtvoll durch die Welt:
Wir hören deine Schritte schon
und neigen unsre Stirn, o Held!

Der Weg zum Glück
Ein Hausbuch für die christliche Familie
von Pfarrer Gustav Hofelich
C. Rieger’sche Verlagsanstalt. Stuttgart – München

Otto Frommel – Ohne Gott

Otto Frommel – Ohne Gott

Blüten ohne Feuchte,
Augen ohne Licht,
sind wir, höchste Liebe,
leuchtest du uns nicht.

Welke Arme recken
wir vergebens aus,
rettest aus der Dürre
du uns nicht heraus.

Müde Worte lallet
unser stumpfer Mund;
wie zerfetzte Krieger
bluten wir am Grund.

Überm Brachfeld brütet
graue Finsternis;
keine Sonne lächelt
durch den Wolkenriß.

Blitze nur wie Flüche
rauschen erdenwärts,
jeder Blitz zerspaltet
flammend unser Herz.

Wir vergeh’n, verschmachten,
leuchtest du uns nicht.
Blüten ohne Feuchte,
Augen ohne Licht!

Der Weg zum Glück
Ein Hausbuch für die christliche Familie
von Pfarrer Gustav Hofelich
C. Rieger’sche Verlagsanstalt. Stuttgart – München