Baumann, Christoph – Klagelied der Täufer

Wo soll ich mich hinkehren,
ich dummes Brüderlein?
Allein zu Gott, meinem Herren,
Der wird mein Helfer sein.
In aller meiner Noth,
Vertrau ich dir, mein Gott:
Du wirst mich nicht verlassen,
Mir beistehn bis in Tod.

Ich hab mir auserkoren,
Mein Gott, dein theures Wort:
Darum hab ich verloren
Der Welt Huld an allem Ort.
Gotts Huld liebt mich fürbaß,
Drum ich die Welt verlaß:
Hab Urlaub, arge Welt,
Ich bleib auf Christi Straß.

Durch dich bin ich gezogen,
Du ungetreues Meer,
Hast mich lang gnug betrogen,
Aufg’halten mit deim Heer.
Ich war der Sünden Knecht
That wider Gott Unrecht,
Ward blieb und werth gehalten,
Jetzt bin ich gar verschmäht.

Ein Schauspiel in der Welte
Jetzund an allem Ort,
Thun mich ein‘ Ketzer schelten,
Daß ich lieb Gottes Wort.
Kein‘ bessern Schatz ich hab,
Laß mich nicht wenden ab
Von meinem Gott und Herren:
Darum bin ich schabab (verachtet).

Kein‘ Platz hab ich auf Erden:
Wo ich doch nur hinkomm,
Muß ich gepeinigt werden;
Armuth ist mein Reichthum,
Kreuz und Trübsal mein‘ Freud
Band und Gefängniß mein Kleid:
Solche Hoffart thut geben
Der König in Ewigkeit.

Mit Ruh mag ich nicht bleiben
Bei den Thieren im Wald,
Herfür thut man mich treiben,
Wo ich mich aufenthalt.
Darf nirgend in kein Haus,
Sonst jagt man mich doch draus;
Muß mich ducken und schweigen,
Unmerkbar wie ein‘ Maus.

Ich bin auch gar verlassen
Von allen Freunden mein,
Verlegt sind mir all‘ Straßen,
Ihr G’fangner muß ich sein:
Wo sie nur finden mich,
Da muß herhalten ich,
Thun mich raufen und schlagen,
Hassen unschuldiglich.

Sie thun mir nicht vergunnen
Vom Tisch die Brosamlein,
Das Wasser aus dem Brunnen,
Noch auch der Sonnen Schein:
Vor ihn‘ hab ich kein‘ Fried,
Ins Haus lan sie mich nit,
Sie thun sich mein auch schämen,
Daß ich Christo nachtritt.

Ich bin verkauft, verraten,
Von denen allermeist,
Den ich meine Wohlthaten
Mit Lob allzeit geleist‘,
Gelaufen Tag und NAcht,
Treulich für sie gewacht,
Darum thun sie mich führen
Wie ein Lämmlein zur Schlacht.

Ihr Heil, das thät ich suchen,
Sie habens nit erkannt,
Thun mich darum verfluchen,
Verjagen ins Elend.
Im Haus, Feld, Holz und Wald,
Wo ich mich aufenthalt,
Thun sie mich herführziehen,
Treiben mit mir Gewalt.

Gleichwie man pflegt zu hetzen
Ein Hirschlein in dem Wald
Also ist mir das Netze
Gestellt, suchen mich bald.
Wo mich dann Einer findt,
Darauf schlägt, sticht und bindt;
Muß alle Winkel ausschleifen
Im Regen und im Wind.

Es thun mich auf verdammen,
Die Christen wollen sein,
Von wegen Gottes Namen,
Schließen mich aus ihrer G’mein.
Die scheinheilige Rott‘
Treiben aus mir den Spott,
Sprechen: ich sei des Teufels
Und hab hie keinen Gott.

Darum, daß ich ihn hassen
Ihr Sekt und Gleißnerei,
Und flieh der Sünden Straßen,
Geht über mich dieß groß Geschrei:
Ketzer, hinweg mit dir!
Mein Sünd mir werfen für,
Sprechen: Es soll der Henker
Disputiren mit mir.

Thun mich necken und plagen,
Reißen die Glieder mein.
Mein Gott, ich thus dir klagen,
Du wirst sehen darein.
Wie man so härtiglich
Allhie peinigt mich.
Ich thu mich dir befehlen,
Verlaß mich ganz auf dich!

Mein Gott, ich bitt von Herzen,
Vergib ihn‘ ihre Sünd,
Die mir zufügen Schmerzen;
Und erhalt deine Kind‘,
Wo sie sind überall
In diesem Jammerthal,
Verzagt, geplagt, gefangen,
Leiden großen Trübsal.

Herzallerliebster Vater,
Führ uns ins gelobte Land,
Aus aller Pein und Marter,
Schmerzen, Ketten und Band,
Zu deiner heilgen Gemein,
Da du wirst preist allein
Durch deine lieben Kindlein,
Die dir gehorsam sein.