Gellert, Christian Fürchtegott – Nach einer Prüfung kurzer Tage

Nach einer Prüfung kurzer Tage
Erwartet uns die Ewigkeit.
Dort, dort verwandelt sich die Klage
In göttliche Zufriedenheit.
Hier übt die Tugend ihren Fleiß;
Und jene Welt reicht ihr den Preis.

Wahr ist’s, der Fromme schmeckt auf Erden
Schon manchen selgen Augenblick;
Doch alle Freuden, die ihm werden,
Sind ihm ein unvollkommnes Glück.
Er bleibt ein Mensch, und seine Ruh
Nimmt in der Seele ab und zu.

Bald stören ihn des Körpers Schmerzen,
Bald das Geräusche dieser Welt;
Bald kämpft in seinem eignen Herzen
Ein Feind, der öfter siegt, als fällt;
Bald sinkt er durch des Nächsten Schuld
In Kummer und in Ungeduld.

Hier, wo die Tugend öfters leidet,
Das Laster öfters glücklich ist,
Wo man den Glücklichen beneidet,
Und des Bekümmerten vergißt;
Hier kann der Mensch nie frei von Pein,
Nie frei von eigner Schwachheit sein.

Hier such ich’s nur, dort werd ich’s finden;
Dort werd ich, heilig und verklärt,
Der Tugend ganzen Wert empfinden,
Den unaussprechlich großen Wert;
Den Gott der Liebe werd ich sehn,
Ihn lieben, ewig ihn erhöhn.

Da wird der Vorsicht heilger Wille
Mein Will und meine Wohlfahrt sein;
Und lieblich Wesen, Heil die Fülle
Am Throne Gottes mich erfreun.
Dann läßt Gewinn stets auf Gewinn
Mich fühlen, daß ich ewig bin.

Da werd ich das im Licht erkennen,
Was ich auf Erden dunkel sah;
Das wunderbar und heilig nennen,
Was unerforschlich hier geschah;
Da denkt mein Geist mit Preis und Dank
Die Schickung im Zusammenhang.

Da werd ich zu dem Throne dringen,
Wo Gott, mein Heil, sich offenbart;
Ein Heilig, Heilig, Heilig singen
Dem Lamme, das erwürget ward;
Und Cherubim und Seraphim
Und alle Himmel jauchzen ihm.

Da werd ich in der Engel Scharen
Mich ihnen gleich und heilig sehn,
Das nie gestörte Glück erfahren,
Mit Frommen stets fromm umzugehn.
Da wird durch jeden Augenblick
Ihr Heil mein Heil, mein Glück ihr Glück.

Da werd ich dem den Dank bezahlen,
Der Gottes Weg mich gehen hieß,
Und ihn zu millionen Malen
Noch segnen, daß er mir ihn wies;
Da find ich in des Höchsten Hand
Den Freund, den ich auf Erden fand.

Da ruft, o möchte Gott es geben!
Vielleicht auch mir ein Selger zu:
Heil sei dir! denn du hast mein Leben,
Die Seele mir gerettet; du!
O Gott, wie muß dies Glück erfreun,
Der Retter einer Seele sein!

Was seid ihr, Leiden dieser Erden,
Doch gegen jene Herrlichkeit,
Die offenbart an uns soll werden,
Von Ewigkeit zu Ewigkeit?
Wie nichts, wie gar nichts gegen sie,
Ist doch ein Augenblick voll Müh!

Gellert, Christian Fürchtegott – Wenn Christus seine Kirche schützt:

Wenn Christus seine Kirche schützt:
So mag die Hölle wüten.
Er, der zur Rechten Gottes sitzt,
Hat Macht, ihr zu gebieten.
Er ist mit Hülfe nah;
Wenn er gebeut, steht’s da.
Er schützet seinen Ruhm,
Und hält das Christentum:
Mag doch die Hölle wüten!

Gott sieht die Fürsten auf dem Thron
Sich wider ihn empören;
Denn den Gesalbten, seinen Sohn,
Den wollen sie nicht ehren.
Sie schämen sich des Worts,
Des Heilands, unsers Horts;
Sein Kreuz ist selbst ihr Spott;
Doch ihrer lachet Gott.
Sie mögen sich empören!

Der Frevler mag die Wahrheit schmähn;
Uns kann er sie nicht rauben.
Der Unchrist mag ihr widerstehn;
Wir halten fest am Glauben.
Gelobt sei Jesus Christ!
Wer hier sein Jünger ist,
Sein Wort von Herzen hält,
Dem kann die ganze Welt
Die Seligkeit nicht rauben.

Auf, Christen! die ihr ihm vertraut,
Laßt euch kein Drohn erschrecken!
Der Gott, der von dem Himmel schaut,
Wird uns gewiß bedecken.
Der Herr Herr Zebaoth
Hält über sein Gebot,
Gibt uns Geduld in Not,
Und Kraft und Mut im Tod;
Was will uns denn erschrecken?

Gellert, Christian Fürchtegott – Er ruft der Sonn und schafft den Mond,

Er ruft der Sonn und schafft den Mond,
Das Jahr darnach zu teilen;
Er schafft es, daß man sicher wohnt,
Und heißt die Zeiten eilen;
Er ordnet Jahre, Tag und Nacht;
Auf! laßt uns ihm, dem Gott der Macht,
Ruhm, Preis und Dank erteilen.

Herr, der da ist, und der da war!
Von dankerfüllten Zungen
Sei dir für das verfloßne Jahr
Ein heilig Lied gesungen;
Für Leben, Wohlfahrt, Trost und Rat,
Für Fried und Ruh, für jede Tat,
Die uns durch dich gelungen.

Laß auch dies Jahr gesegnet sein,
Das du uns neu gegeben.
Verleih uns Kraft, die Kraft ist dein,
In deiner Furcht zu leben.
Du schützest uns, und du vermehrst
Der Menschen Glück, wenn sie zuerst
Nach deinem Reiche streben.

Gib mir, wofern es dir gefällt,
Des Lebens Ruh und Freuden.
Doch schadet mir das Glück der Welt:
So gib mir Kreuz und Leiden.
Nur stärke mit Geduld mein Herz,
Und laß mich nicht in Not und Schmerz
Die Glücklichern beneiden.

Hilf deinem Volke väterlich
In diesem Jahre wieder.
Erbarme der Verlaßnen dich,
Und der bedrängten Glieder.
Gib Glück zu jeder guten Tat,
Und laß dich, Gott, mit Heil und Rat
Auf unsern Fürsten nieder;

Daß Weisheit und Gerechtigkeit
Auf seinem Stuhle throne;
Daß Tugend und Zufriedenheit
In unserm Lande wohne;
Daß Treu und Liebe bei uns sei;
Dies, lieber Vater, dies verleih
In Christo, deinem Sohne!

Gellert, Christian Fürchtegott – Wie sicher lebt der Mensch, der Staub!

Wie sicher lebt der Mensch, der Staub!
Sein Leben ist ein fallend Laub;
Und dennoch schmeichelt er sich gern,
Der Tag des Todes sei noch fern.

Der Jüngling hofft des Greises Ziel,
Der Mann noch seiner Jahre viel,
Der Greis zu vielen noch ein Jahr,
Und keiner nimmt den Irrtum wahr.

Sprich nicht: Ich denk in Glück und Not
Im Herzen oft an meinen Tod.
Der, den der Tod nicht weiser macht,
Hat nie mit Ernst an ihn gedacht.

Wir leben hier zur Ewigkeit,
Zu tun, was uns der Herr gebeut,
Und unsers Lebens kleinster Teil
Ist eine Frist zu unserm Heil.

Der Tod rückt Seelen vor Gericht;
Da bringt Gott alles an das Licht,
Und macht, was hier verborgen war,
Den Rat der Herzen offenbar.

Drum da dein Tod dir täglich dräut,
So sei doch wacker und bereit;
Prüf deinen Glauben, als ein Christ,
Ob er durch Liebe tätig ist.

Ein Seufzer in der letzten Not,
Ein Wunsch, durch des Erlösers Tod
Vor Gottes Thron gerecht zu sein,
Dies macht dich nicht von Sünden rein.

Ein Herz, das Gottes Stimme hört,
Ihr folgt, und sich vom Bösen kehrt;
Ein gläubig Herz, von Lieb erfüllt,
Dies ist es, was in Christo gilt.

Die Heiligung erfordert Müh;
Du wirkst sie nicht, Gott wirket sie.
Du aber ringe stets nach ihr,
Als wäre sie ein Werk von dir.

Der Ruf des Lebens, das du lebst,
Dein höchstes Ziel, nach dem du strebst,
Und deiner Tage Rechenschaft
Ist Tugend in des Glaubens Kraft.

Ihr alle seine Tage weihn,
Heißt eingedenk des Todes sein:
Und wachsen in der Heiligung,
Ist wahre Todserinnerung.

Wie oft vergeß ich diese Pflicht!
Herr, geh mit mir nicht ins Gericht;
Drück selbst des Todes Bild in mich,
Daß ich dir wandle würdiglich;

Daß ich mein Herz mit jedem Tag
Vor dir, o Gott! erforschen mag,
Ob Liebe, Demut, Fried und Treu,
Die Frucht des Geistes, in ihm sei;

Daß ich zu dir um Gnade fleh,
Stets meiner Schwachheit widersteh,
Und einstens in des Glaubens Macht
Mit Freuden ruf: Es ist vollbracht!

Um Ergebung in den göttlichen Willen
O Herr, mein Gott! durch den ich bin und lebe,
Gib, daß ich mich in deinen Rat ergebe;
Laß ewig deinen Willen mein,
Und was du tust, mir teuer sein!

Du, du regierst, bist Weisheit, Lieb und Stärke.
Du, Herr, erbarmst dich aller deiner Werke.
Was zag ich einen Augenblick?
Du bist mein Gott, und willst mein Glück.

Von Ewigkeit hast du mein Los entschieden.
Was du bestimmt, das dient zu meinem Frieden.
Du wogst mein Glück, du wogst mein Leid,
Und was du schickst, ist Seligkeit.

Gefällt es dir: so müsse keine Plage
Sich zu mir nahn; gib mir zufriedne Tage.
Allein verwehrt’s mein ewig Heil:
So bleibe nur dein Trost mein Teil.

Du gibst aus Huld uns dieser Erde Freuden;
Aus gleicher Huld verhängst du unsre Leiden.
Ist nur mein Weh nicht meine Schuld:
So zag ich nicht. Du gibst Geduld.

Soll ich ein Glück, das du mir gabst, verlieren,
Und willst du, Gott! mich rauhe Wege führen:
So wirst du, denn du hörst mein Flehn,
Mir dennoch eine Hülf ersehn.

Vielleicht muß ich nach wenig Tagen sterben.
Herr, wie du willst! Soll ich den Himmel erben,
Und dieser ist im Glauben mein,
Wie kann der Tod mir schrecklich sein?

Gellert, Christian Fürchtegott – Du klagst, o Christ! in schweren Leiden,

Du klagst, o Christ! in schweren Leiden,
Und seufzest, daß der Geist der Freuden
Von dir gewichen ist.
Du klagst und rufst: Herr, wie so lange?
Und Gott verzeiht, und dir wird bange,
Daß du von Gott verlassen bist.

Sind meine Sünden mir vergeben;
Hat Gott mir Sünder Heil und Leben
In seinem Sohn verliehn:
Wo sind denn seines Geistes Triebe?
Warum empfind ich nicht die Liebe,
Und hoffe nicht getrost auf ihn?

Mühselig, sprichst du, und beladen
Hör ich den Trost vom Wort der Gnaden,
Und ich empfind ihn nicht;
Bin abgeneigt, vor Gott zu treten;
Ich bet, und kann nicht gläubig beten;
Ich denke Gott, doch ohne Licht.

Sonst war mir’s Freude, seinen Willen
Von ganzem Herzen zu erfüllen;
Sein Wort war mir gewiß.
Itzt kann ich’s nicht zu Herzen fassen,
Und meine Kraft hat mich verlassen,
Und meinen Geist deckt Finsternis.

Oft fühl ich Zweifel, die mich quälen,
Heul oft vor Unruh meiner Seelen;
Und meine Hülf ist fern.
Ich suche Ruh, die ich nicht finde;
In meinem Herzen wohnt nur Sünde,
Nur Unmut, keine Furcht des Herrn.

Zag nicht, o Christ! denn deine Schmerzen,
Sind sichre Zeugen beßrer Herzen,
Als dir das deine scheint.
Wie könntest du dich so betrüben,
Daß dir die Kraft fehlt, Gott zu lieben,
Wär nicht dein Herz mit ihm vereint?

Kein Mensch vermag Gott zu erkennen,
Noch Jesum einen Herrn zu nennen,
Als durch den heilgen Geist.
Hast du nicht diesen Geist empfangen?
Er ist’s, der dich nach Gott verlangen,
Und sein Erbarmen suchen heißt.

Vertrau auf Gott. Er wohnt bei denen,
Die sich nach seiner Hülfe sehnen;
Er kennt und will dein Glück.
Er höret deines Weinens Stimme;
Verbirgt er gleich in seinem Grimme
Sich einen kleinen Augenblick.

Gott ließ so manchen seiner Frommen
In dies Gefühl des Elends kommen,
Und stund ihm mächtig bei.
Du sollst dein Nichts erkennen lernen,
Sollst das Vertraun auf dich entfernen,
Und sehn, was Gottes Gnade sei.

Vor Sicherheit dich zu bewahren,
Läßt er dich seine Streng erfahren,
Und schickt dir diese Last.
Er reinigt dich wie Gold im Feuer,
Macht dir das Heil der Seele teuer,
Damit du haltest, was du hast.

So wie ein Vater über Kinder,
Erbarmet Gott sich über Sünder,
Die seinen Namen scheun.
Dein Seufzen ist ihm nicht verborgen.
So fern der Abend ist vom Morgen,
Läßt er von dir die Sünde sein.

Zwar ist um Trost dir itzo bange;
Denn alle Züchtigung, so lange
Sie da ist, scheint uns hart.
Doch nachmals wird sie friedsam geben
Frucht der Gerechtigkeit und Leben
Dem, der durch sie geübet ward.

Fahr fort zu beten und zu wachen.
Gott ist noch mächtig in den Schwachen,
Ist Güte für und für.
Laß dir an seiner Gnade gnügen.
Sein Wort ist wahr, und kann nicht trügen:
Ich stärke dich, ich helfe dir!

Auf, fasse dich in deinen Nöten!
Sprich: Wollte mich der Herr auch töten:
So harr ich dennoch sein.
Mir bleibt das Erbteil der Erlösten;
Und will mich Gott nicht eher trösten,
Wird er mich doch im Tod erfreun.

Gellert, Christian Fürchtegott – Ich komme vor dein Angesicht,

Ich komme vor dein Angesicht,
Verwirf, o Gott, mein Flehen nicht;
Vergib mir alle meine Schuld,
Du Gott der Gnaden und Geduld.

Schaff du ein reines Herz in mir,
Ein Herz voll Lieb und Furcht zu dir,
Ein Herz voll Demut, Preis und Dank,
Ein ruhig Herz mein Lebenlang.

Sei mein Beschützer in Gefahr;
Ich harre deiner immerdar.
Ist wohl ein Übel, das mich schreckt,
Wenn deine Rechte mich bedeckt?

Ich bin ja, Herr, in deiner Hand.
Von dir empfing ich den Verstand;
Erhalt ihn mir, o Herr! mein Hort,
Und stärk ihn durch dein göttlich Wort.

Laß, deines Namens mich zu freun,
Ihn stets vor meinen Augen sein.
Laß, meines Glaubens mich zu freun,
Ihn stets durch Liebe tätig sein.

Das ist mein Glück, was du mich lehrst.
Das sei mein Glück, daß ich zuerst
Nach deinem Reiche tracht, und treu
In allen meinen Pflichten sei!

Ich bin zu schwach aus eigner Kraft
Zum Siege meiner Leidenschaft;
Du aber ziehst mit Kraft mich an,
Daß ich den Sieg erlangen kann.

Gib von den Gütern dieser Welt
Mir, Herr, so viel, als dir gefällt;
Gib deinem Knecht ein mäßig Teil,
Zu seinem Fleiße Glück und Heil.

Schenkt deine Hand mir Überfluß:
So laß mich mäßig im Genuß,
Und, dürftge Brüder zu erfreun,
Mich einen frohen Geber sein.

Gib mir Gesundheit, und verleih,
Daß ich sie nütz, und dankbar sei,
Und nie, aus Liebe gegen sie,
Mich zaghaft einer Pflicht entzieh.

Erwecke mir stets einen Freund,
Der’s treu mit meiner Wohlfahrt meint,
Mit mir in deiner Furcht sich übt,
Mir Rat und Trost und Beispiel gibt.

Bestimmst du mir ein längres Ziel,
Und werden meiner Tage viel:
So laß, Gott, meine Zuversicht,
Verlaß mich auch im Alter nicht.

Und wird sich einst mein Ende nahn:
So nimm dich meiner herzlich an,
Und sei durch Christum, deinen Sohn,
Mein Schirm, mein Schild und großer Lohn!

Gellert, Christian Fürchtegott – Wohl dem, der beßre Schätze liebt,

Wohl dem, der beßre Schätze liebt,
Als Schätze dieser Erden!
Wohl dem, der sich mit Eifer übt,
An Tugend reich zu werden;
Und in dem Glauben, des er lebt,
Sich über diese Welt erhebt!

Wahr ist es, Gott verwehrt uns nicht,
Hier Güter zu besitzen.
Er gab sie uns, und auch die Pflicht,
Mit Weisheit sie zu nützen.
Sie dürfen unser Herz erfreun,
Und unsers Fleißes Antrieb sein.

Doch nach den Gütern dieser Zeit
Mit ganzer Seele schmachten,
Nicht erst nach der Gerechtigkeit
Und Gottes Reiche trachten;
Ist dieses eines Menschen Ruf,
Den Gott zur Ewigkeit erschuf?

Der Geiz erniedrigt unser Herz,
Erstickt die edlern Triebe.
Die Liebe für ein schimmernd Erz
Verdrängt der Tugend Liebe,
Und machet, der Vernunft zum Spott,
Ein elend Gold zu deinem Gott.

Der Geiz, so viel er an sich reißt,
Läßt dich kein Gut genießen;
Er quält durch Habsucht deinen Geist,
Und tötet dein Gewissen,
Und reißt durch schmeichelnden Gewinn
Dich blind zu jedem Frevel hin.

Um wenig Vorteil wird er schon
Aus dir mit Meineid sprechen;
Dich zwingen, der Arbeiter Lohn
Unmenschlich abzubrechen;
Er wird in dir der Witwen Flehn,
Der Waisen Tränen widerstehn.

Wie könnt ein Herz, vom Geize hart,
Der Wohltat Freuden schmecken,
Und in des Unglücks Gegenwart
Den Ruf zur Hülf entdecken?
Und wo ist eines Standes Pflicht,
Die nicht der Geiz entehrt und bricht?

Du bist ein Vater; und aus Geiz
Entziehst du dich den Kindern,
Und lässest dich des Goldes Reiz,
Ihr Herz zu bilden, hindern;
Und glaubst, du habst sie wohl bedacht,
Wenn du sie reich, wie dich, gemacht.

Du hast ein richterliches Amt;
Und du wirst dich erfrechen,
Die Sache, die das Recht verdammt,
Aus Habsucht recht zu sprechen;
Und selbst der Tugend größter Feind
Erkauft an dir sich einen Freund.

Gewinnsucht raubt dir Mut und Geist,
Die Wahrheit frei zu lehren;
Du schweigst, wenn sie dich reden heißt,
Ehrst, wo du nicht sollst ehren,
Und wirst um ein verächtlich Geld
Ein Schmeichler, und die Pest der Welt.

Erhalte mich, o Gott! dabei,
Daß ich mir gnügen lasse,
Geiz ewig als Abgötterei
Von mir entfern und hasse.
Ein weises Herz und guter Mut
Sei meines Lebens größtes Gut!

Gellert, Christian Fürchtegott – Freiwillig hab ich’s dargebracht,

»Freiwillig hab ich’s dargebracht,
Und niemand nimmt mein Leben.
Es selbst zu lassen, hab ich Macht,
Macht, wieder mir’s zu geben.
Und darum liebt mein Vater mich,
Daß ich mein Leben laß, und ich
Für meine Feind es lasse.

Ich bin in meiner Niedrigkeit
Ein Ärgernis auf Erden;
Verschmäht, gegeißelt und verspeit,
Gekreuzigt werd ich werden.
Wenn alles dies vollendet ist:
So wird des Menschen Sohn, der Christ,
Nicht die Verwesung sehen.

Weil er sich selbst erniedrigt hat:
So wird ihn Gott erhöhen.
Ich leid und sterb an eurer Statt,
Dann werd ich auferstehen.
Am dritten Tag geh ich heraus,
Lösch alle Schmach des Kreuzes aus.
Als Gottes Sohn bewiesen.

Ich will euch sehn, erfreuet euch,
Euch siegreich wiedersehen;
Euch lehren, meines Vaters Reich
Und hohen Rat verstehen;
Euch den verheißnen Geist verleihn;
Und ihr sollt meine Zeugen sein,
Daß ich vom Tod erstanden.

Geht hin und lehret alle Welt;
Ich bin des Weibes Samen,
Der Samen Abrahams, der Held;
Und tauft in meinem Namen.
Wer an Gott gläubt, gläubt auch an mich.
Tut Wunder, und beweist, daß ich
Zur Rechten Gottes sitze.

Kämpft für mein Evangelium,
Und freuet euch der Leiden.
Kein Engel und kein Fürstentum,
Nichts soll euch von mir scheiden.
Man wird euch hassen, und euch schmähn,
Euch töten; dennoch soll’s geschehn,
Daß eure Lehre sieget.«

Herr, unser Heil! sie hat gesiegt,
Und siegt in allen Landen,
Und zeuget, daß dein Wort nicht trügt,
Und zeugt, du bist erstanden.
Dein Kreuz, an das man dich erhöht,
Verwandelt sich in Majestät;
Du gehst aus deinem Grabe.

Gehaßt in deiner Niedrigkeit,
Warst du ein Ziel des Spottes,
Und zeigtest doch zu gleicher Zeit
An dir die Hoheit Gottes.
Dein Kreuz schien zwar der Welt ein Greul;
Doch sterben für der Feinde Heil,
Dies ist die höchste Tugend.

Dein Reich war nicht von dieser Welt,
Dein Ruhm nicht Menschenehre.
An Demut groß, an Lieb ein Held.
Und göttlich in der Lehre;
Geduldig, und von Sünden rein,
Gehorsam, bis zum Kreuze, sein;
Dies war des Heilands Größe.

Du starbst am Kreuz. Doch war dir nicht
Die Kraft des Herrn gegeben?
Wer gab den Blinden das Gesicht?
Den Toten selbst das Leben?
Und wem gehorchte Wind und Meer?
Und wem der bösen Geister Heer?
Du warst von Gott gekommen.

Nun irren mich nicht Schmach und Spott,
Noch deines Kreuzes Schanden.
Du bist mein Herr, du bist mein Gott;
Denn du bist auferstanden.
Du bist mein Heil, mein Fels, mein Hort,
Der Herr, durch dessen mächtig Wort
Auch ich einst ewig lebe.

Wir sind nun göttlichen Geschlechts,
Durch dich des Himmels Erben.
Dies ist die Hoffnung deines Knechts,
In dieser will ich sterben.
Wie du vom Tod erstanden bist;
So werd auch ich, Herr Jesu Christ,
Am jüngsten Tag erstehen.

Gellert, Christian Fürchtegott – Ich hab in guten Stunden

Ich hab in guten Stunden
Des Lebens Glück empfunden;
Und Freuden ohne Zahl:
So will ich denn gelassen
Mich auch in Leiden fassen;
Welch Leben hat nicht seine Qual?

Ja, Herr, ich bin ein Sünder,
Und stets strafst du gelinder,
Als es der Mensch verdient.
Will ich, beschwert mit Schulden,
Kein zeitlich Weh erdulden,
Was doch zu meinem Besten dient?

Dir will ich mich ergeben,
Nicht meine Ruh, mein Leben,
Mehr lieben, als den Herrn.
Dir, Gott, will ich vertrauen,
Und nicht auf Menschen bauen;
Du hilfst, und du errettest gern.

Laß du mich Gnade finden,
Mich alle meine Sünden
Erkennen und bereun.
Itzt hat mein Geist noch Kräfte;
Sein Heil laß mein Geschäfte,
Dein Wort mir Trost und Leben sein.

Wenn ich in Christo sterbe:
Bin ich des Himmels Erbe.
Was schreckt mich Grab und Tod?
Auch auf des Todes Pfade
Vertrau ich deiner Gnade;
Du, Herr, bist bei mir in der Not.

Ich will dem Kummer wehren,
Gott durch Geduld verehren,
Im Glauben zu ihm flehn.
Ich will den Tod bedenken.
Der Herr wird alles lenken;
Und was mir gut ist, wird geschehn.

Gellert, Christian Fürchtegott – Soll dein verderbtes Herz zur Heiligung genesen,

Soll dein verderbtes Herz zur Heiligung genesen,
Christ, so versäume nicht, das Wort des Herrn zu lesen;
Bedenke, daß dies Wort das Heil der ganzen Welt,
Den Rat der Seligkeit, den Geist aus Gott enthält.

Merk auf, als ob dir Gott, dein Gott, gerufen hätte;
Merk auf, als ob er selbst zu dir vom Himmel redte!
So lies; mit Ehrfurcht lies, mit Lust und mit Vertraun,
Und mit dem frommen Ernst, in Gott dich zu erbaun.

Sprich fromm: O Gott! vor dem ich meine Hände falte,
Gib, daß ich dein Gebot für dein Wort ewig halte;
Und laß mich deinen Rat empfindungsvoll verstehn,
Die Wunder am Gesetz, am Wort vom Kreuze sehn!

Er, aller Wahrheit Gott, kann dich nicht irren lassen.
Lies, Christ, sein heilig Buch, lies oft; du wirst es fassen,
So viel dein Heil verlangt. Gott ist’s, der Weisheit gibt,
Wenn man sie redlich sucht und aus Gewissen liebt.

Lies, frei von Leidenschaft und ledig von Geschäften,
Und sammle deinen Geist mit allen seinen Kräften.
Der beste Teil des Tags, des Morgens Heiterkeit,
Und dann der Tag des Herrn, der sei der Schrift geweiht.

Rührt dich ein starker Spruch: so ruf ihn, dir zum Glücke,
Des Tags oft in dein Herz, im stillen oft, zurücke;
Empfinde seinen Geist, und stärke dich durch ihn
Zum wahren Edelmut, das Gute zu vollziehn.

Um tugendhaft zu sein, dazu sind wir auf Erden.
Tu, was die Schrift gebeut; dann wirst du inne werden,
Die Lehre sei von Gott, die dir verkündigt ist,
Und dann das Wort verstehn, dem du gehorsam bist.

Spricht sie geheimnisvoll: so laß dich dies nicht schrecken.
Ein endlicher Verstand kann Gott nie ganz entdecken;
Gott bleibt unendlich hoch. Wenn er sich dir erklärt:
So glaube, was er spricht, nicht was dein Witz begehrt.

Sich seines schwachen Lichts bei Gottes Licht nicht schämen,
Ist Ruhm; und die Vernunft alsdann gefangen nehmen,
Wenn Gott sich offenbart, ist der Geschöpfe Pflicht;
Und weise Demut ist’s, das glauben, was Gott spricht.

Drum laß dich, frommer Christ, durch keine Zweifel kränken.
Hier bist du Kind; doch dort wird Gott mehr Licht dir schenken.
Dort wächst mit deinem Glück dein Licht in Ewigkeit;
Dort ist die Zeit des Schauns, und hier des Glaubens Zeit.

Verehre stets die Schrift; und siehst du Dunkelheiten:
So laß dich deinen Freund, der mehr als du sieht, leiten.
Ein forschernder Verstand, der sich der Schrift geweiht,
Ein angefochtnes Herz, hebt manche Dunkelheit.

Halt fest an Gottes Wort; es ist dein Glück auf Erden,
Und wird, so wahr Gott ist, dein Glück im Himmel werden.
Verachte christlich groß des Bibelfeindes Spott;
Die Lehre, die er schmäht, bleibt doch das Wort aus Gott.